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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy
Autoren: Jordan Sonnenblick
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ist?«
    Â»Sobald es nicht mehr wehtut, wenn du in den Spiegel schaust. Dann weißt du Bescheid.«
    Â»Und wie schaffe ich das?«
    Â»Zunächst wischst du den Boden fertig, damit eine alte Frau ihre Füße hochlegen kann. Dann überlegst du dir, wen du verletzt hast, und versuchst, das wiedergutzumachen.«
    Â»Was, wenn sie nichts davon wissen wollen?«
    Â»Unwichtig. Wichtig dagegen ist, dass ich dich dazu gebracht habe, für mich den Fußboden zu wischen.«
    Â»Nein, im Ernst. Was, wenn sie wirklich nichts davon wissen wollen?«
    Â»Du musst tun, was richtig ist, weil es richtig ist, nicht weil dir jemand am Ende einen goldenen Stern verleiht.«
    In dem Moment hörte ich ein Auto hupen und sah durch das nachlassende Schneegestöber, dass meine Mutter draußen vorgefahren war.
    Â»Ã„h, Schwester, ich muss jetzt gehen. Danke. Dass sie mit mir geredet haben, meine ich.«
    Â»Ich seh dich nächste Woche, San.«
    Â»Echt? Wollen Sie mich immer noch hier haben, obwohl ich Sie alle angelogen habe?«
    Â»Ist das Geschirr sauber geworden? Dann wollen wir dich immer noch. Du bist vielleicht ein falscher Zen-Meister …« Sie kicherte. »… aber ein echter Tellerwäscher.«
    Meine Mutter war nicht so freundlich. Sie stauchte mich zusammen bis nach Hause, die Treppe hoch und bis zu meinem Zimmer. Dann stand sie vor der geschlossenen Tür und stauchte mich noch mehr zusammen.
    Die gute Nachricht war, dass sie Woody mochte.
    Die schlechte Nachricht war, dass sie mich im Augenblick nicht so gernhatte.
    Schließlich stampfte Mom den Flur entlang und ich starrte gequält an die Wand. Wen hatte ich verletzt? Woody mit Sicherheit. Meine Mutter auf jeden Fall. Peter. Oh, Mann, Peter. Monatelang hatte ich bewusst versucht, ihn so blöd wie möglich aussehen zu lassen, nur damit ich gut dastand. Aber er war der Gute. Er hatte Recht gehabt. Ich hatte seine Schwester verletzt. Okay, seine Stiefschwester, aber trotzdem. Er hatte sogar immer wieder versucht, mich zu zwingen, alles zu beichten. Und jetzt hatte er wegen meines gewaltigen, lächerlich sinnlosen Betrugs einen Knochenbruch und war sauer auf mich.
    Dann gab es noch einen Menschen, über den ich nachdenken musste. Meinen Vater. Ich glaubte eigentlich nicht, dass ich ihm sehr wehgetan hatte. Er war dermaßen selbstbezogen, dass ihn wahrscheinlich keiner verletzen konnte, weil ihm niemand genug bedeutete. Aber ich war mit dieser ganzen Knast-Angelegenheit nicht besonders gut umgegangen. Wenn richtiges Handeln immer richtig war, egal, ob man am Ende einen Stern dafür bekam oder nicht, dann spielte es auch keine Rolle, ob mein Vater ein Mistkerl war oder nicht. Eine Rolle spielte dagegen, dass ich als Reaktion auf seine Mistkerligkeit selber kein Mistkerl sein durfte.
    Mistkerlheit? Mistkerligung?
    Jedenfalls beschloss ich – da ich ja ohnehin in meinem Zimmer festsaß –, meinem Vater nicht mehr aus dem Weg zu gehen und stattdessen den Tatsachen ins Auge zu sehen. Also schrieb ich ihm einen Brief.
    Lieber Dad,
    (Nicht schlecht, oder? Ich schrieb weiter, weil’s so gut lief.)
    ich bin nicht sicher, ob Du es weißt, weil ich nicht sicher bin, was Mom Dir erzählt hat, aber ich habe das ganze Jahr lang vermieden, ans Telefon zu gehen, wenn Du angerufen hast. Ich bin immer noch nicht bereit, mit Dir zu reden, und ich weiß nicht, ob ich es jemals kann. Du hast mich verletzt und mich angelogen und mich und Mom in eine schwierige Lage gebracht. Aber ich finde, Du verdienst eine Erklärung. Und ich verdiene es erst recht, die Chance zu bekommen, Dir alles zu erklären.
    Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, ist mir klar geworden (eigentlich wird es mir erst in dieser Minute so richtig klar), dass ich sehr, sehr wütend auf Dich bin. Und anstatt meine Wut an dem Menschen auszulassen, der sie verdient, habe ich gelogen und alle Leute um mich herum verletzt. Deshalb schreibe ich Dir jetzt Folgendes: Ich höre auf mit meinen Lügen und meiner Wut. Sie haben Dir nicht genutzt und sie nutzen mir auch nicht. Vielleicht kommst Du während Deiner Haft auch dahinter. Ich hoffe es jedenfalls.
    Inzwischen habe ich eine Menge gutzumachen, und das werde ich auch. Ehrlich.
    Dein Sohn San
    Als ich mit dem Schreiben fertig war, schlich ich mich aus dem Zimmer, um einen Umschlag zu holen. Ich konnte aber keinen finden. Dabei fiel mir auf, dass ich die Adresse meines
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