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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy
Autoren: Jordan Sonnenblick
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auf dem Korridor aufhalten konnte. Aber Mr Dowd wollte, dass ich blieb. Ich hörte ein paar Leute kichern, dann war das Klassenzimmer leer, bis auf mich und meinen Lehrer.
    Â»San«, sagte er.
    Ich wartete.
    Â»San, San, San.«
    Am liebsten hätte ich SANTA CLAUS, HIER KOMMT SANTA CLAUS  … geschmettert. Aber es schien mir nicht der richtige Moment dafür zu sein. Außerdem tat mir der Mund weh.
    Â»Ja, Sir?«
    Â»Das Leben kann ganz schön rau sein, nicht wahr?«
    Â»In meinem Fall ist nur mein Gesicht rau geworden.«
    Â»Ich bin froh, dass du die Sache mit Humor betrachtest. Weißt du, wenn ein neuer Schüler in meine Klasse kommt, besonders einer, der so talentiert und vielversprechend ist wie du, versuche ich, ihn zu unterstützen und, na ja, zu leiten. Aber bei dir, San, habe ich wohl versagt. Wusstest du, dass ich normalerweise die Projektpartner meiner Schüler ganz willkürlich mit Strohhalmen auswähle? Aber damit du dich wohler fühlen solltest, habe ich sie diesmal nach dem Alphabet gewählt. Ich dachte, es würde besser für dich sein, wenn du jemanden neben dir hast, der hilfsbereit und freundlich ist. Wie Emily Long. Ich habe dir auch ein paar Sprüche ins Schließfach gesteckt, weil ich hoffte, du würdest deine kleinen Zen-Tricks lassen. Anscheinend sind aber die Dinge recht schnell aus dem Ruder geraten.«
    Mr Dowd hatte mir die Zettel ins Schließfach geschoben? »Ja, scheint so.«
    Â»Weißt du, San, ich war wirklich von deinem Wissen über den Buddhismus und vor allem den Zen-Buddhismus beeindruckt. Ich habe das nicht vor der Klasse erwähnt, aber ich persönlich interessiere mich sehr für Zen. In den Siebzigerjahren habe ich mehrere Jahre in Japan verbracht. Ich war in der Armee und gleich neben der Militärbasis befand sich ein Zen-Kloster. Ich bin hin und habe mit den Mönchen meditiert. Als ich wieder in den Vereinigten Staaten war und zu unterrichten begann, brachte ich auch meine Schwester dazu, sich für Zen zu interessieren. Und jetzt, fürchte ich, ist sie mir weit voraus.«
    Â»Ihre Schwester?«
    Â»Du weißt schon – Mildred.«
    Â»Mrs Romberger ist Ihre Schwester?«
    Â»Ja, hat sie dir das nie gesagt? Daher wusste ich, wie fleißig du an deinen Recherchen gearbeitet hast. Sie ist sehr von dir beeindruckt. Von ihr weiß ich auch, was dir gestern Abend passiert ist. Und was hast du nun vor, San – jetzt, wo die Sache aufgeflogen ist, wie man so schön sagt?«
    Â»Ich weiß nicht, Mr Dowd, ich werde einfach nur versuchen, ehrlich zu sein, denke ich. Und klüger.«
    Â»Klüger? Nach all dem Lernen in den letzten Monaten bist du noch nicht klug genug?«
    Â»Mr Dowd, nichts für ungut, aber ich glaube, ich weiß inzwischen weniger als am Anfang.«
    Die berühmten Zwinker-Augen von Mr Dowd funkelten mit voller Power. »Dann bist du klüger, als du denkst. Jetzt mach, dass du hier rauskommst. Geh nach Hause! Und vor dem Schlafengehen willst du dir vielleicht etwas Eis auf die Nase tun?«
    Ich machte, dass ich rauskam, und ging nach Hause. Dowd hatte Recht: Ich wollte mir etwas Eis auf die Nase tun. Mom flippte aus, als sie mich sah, und ich reagierte, indem ich ihr ganz ehrlich alles erzählte, was passiert war. Was dazu führte, dass ich noch eine Menge anderer Dinge beichtete. Hilfe! Es war fast so, als hätte mich Schwester Mary Clare bei einer einzigen Moppsession zu einem Katholiken gemacht. Dabei holte ich im Grunde ja nur Ehrlichkeit für die Dauer eines Schuljahres nach.
    Es fühlte sich aber gut an.
    Die nächsten Wochen in der Schule waren hart. Der Frühling kam angebraust und jeder Tag war schön – was meinen Status als Ausgestoßener noch schmerzlicher machte. Beim Unterricht von Mr Dowd schaute ich aus dem Fenster und auf jedem Ast des Baumes über meinem Fels saßen singende Rotkehlchen. Ich bekam fast gute Laune – bis ich mich im Klassenzimmer umsah: Woody ignorierte mich total. Selbst Peter tat so, als würde ich nicht existieren.
    An ihrer Stelle hätte ich mir auch nicht verziehen.
    Aber während sich die Wochen bis zum Abschluss der achten Klasse in die Länge zogen, erlaubte mir mein Außenseiter-Status ein paar sehr interessante Beobachtungen. Manchmal hatte ich das Gefühl, eine Welle in Gang gesetzt zu haben. Die Welle war über mir eingestürzt, rollte aber immer noch
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