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Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Titel: Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant
Autoren: Hans Warren
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1. Kapitel Buddhas Stadt

    Wie ein zweiter Nil fließt der große fruchtspendende „Menam" durch Zentralsiam. Vierundzwanzig Kilometer südlich von Bangkok hat er sich eine Barre aus Schlamm und Sand zusammengetragen, an der die Dampfer liegen bleiben müssen. Ein Durchstechen dieser Barre ist nicht möglich, da Mittelsiam zu tief liegt, und eine Überschwemmung von Meerwasser würde sämtliche Reisfelder und damit die Lebensmöglichkeit der Bewohner vernichten.
    Vor dieser Barre lag nun auch der Schoner, der uns von Singapore heraufgebracht hatte, und wir warteten auf die Leichter von Bangkok, die unsere Fracht übernehmen sollten. Wir wollten uns einen Sampan nehmen, um möglichst schnell nach Bangkok, der Stadt der Tempel, zu gelangen. Kapitän Lürs, der Besitzer des Schoners, trat neben uns an die Reling.
    „Na, ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen allen Erfolg, gnädige Frau", wandte er sich an Frau von Valentini. „Aber schwer wird es doch sein, Ihren Gemahl wiederzufinden. Ich habe mir die Sache überlegt. Dieser rote Seidenlappen, den Sie hier aus Bangkok erhalten haben, wird sicher mit dem Verschwundenen zusammenhängen.
    Aber aus dem Entsetzen, das der siamesische Polizist Baika bei seinem Anblick gezeigt hat, möchte ich schließen, daß es das Zeichen irgendeiner Verbindung darstellt, mit der nicht gut Kirschenessen ist. Es gibt ja viele Geheim- und Religionsgesellschaften, und die letzteren sind in ihrem Fanatismus die schlimmsten." „Aber ich verstehe nur nicht, was mein Mann mit einer solchen Gesellschaft zu tun haben soll", sagte die hübsche, junge Frau niedergeschlagen. „Hermann ist zwar vor sechs Wochen nach Siam gereist. Was soll er aber bei einer derartigen Gesellschaft?"
    „Die Geheimnisse dieses Landes werden wir Europäer nie klären", meinte Lürs ernst. „Dreißig Jahre fahre ich jetzt an allen Küsten Indiens entlang, und da habe ich schon Dinge erlebt, die mir unfaßbar sind. Ich glaube nun bestimmt, daß sich Ihr verschwundener Gemahl in den Händen irgendeiner fanatischen Gesellschaft befindet, denn sonst hätte man Ihnen nicht diese Zeichen zugesandt."
    „Sie haben bestimmt recht, Herr Lürs", fiel Rolf ein, „denn ich habe mir ebenfalls die Sache nach allen Seiten hin überlegt und bin doch immer wieder auf dieselbe Annahme gekommen. Die größere Schwierigkeit ist jetzt, diese Gesellschaft ausfindig zu machen." „Da kann ich Ihnen einen Mann empfehlen, der vielleicht als einziger Europäer Ihnen in dieser Beziehung sehr behilflich sein kann. Es ist Jim Hoddge, ein früher Kapitän, der sich jetzt seit zehn Jahren in Bangkok niedergelassen hat. Er betreibt ein Gasthaus, das speziell von Seeleuten besucht wird. Sie werden ihn irgendwo am linken Ufer des Menam finden. Fragen Sie nur nach ,Hoddges Home'. Jeder Sampanmann wird Sie dann hinbringen." „Hat er denn keinen festen Wohnsitz?" fragte Rolf erstaunt. „Sie sagten doch, daß wir ihn irgendwo' finden werden."
    „Ja", lachte Lürs, „Hoddge hat sich ein schwimmendes Haus auf einem Bambusfloß gebaut, wie es ja hier viele Kramläden und Werkstätten gibt, die genauso gebaut sind. Na, er ist immer noch ein unruhiger Geist und hält es nicht lange an derselben Stelle aus. Aber durch diese Lebensweise genießt er auch das Vertrauen der Eingeborenen, und er wird sicher schon mehr über derartige Geheimgesellschaften gehört haben als jeder andere Europäer."
    „Jetzt bin ich in schrecklichste Unruhe versetzt", klagte Ellen von Valentini. „Sollte nun diese angebliche Gesellschaft eine derartige Gewalt über ihn haben, daß er mir nicht einmal mehr Nachricht geben konnte?" „Bisher sind es ja alles Vermutungen", tröstete sie Rolf. „Vermutungen, die sich nur auf diesen roten Seidenlappen stützen. Ich habe mir die eingestickten, weißen Zeichnungen immer wieder betrachtet und habe entdeckt, daß von einem bestimmten Gesichtspunkt aus die verworrenen Linien Gestalt annehmen. Ich möchte behaupten, daß ein Tempel und ein weißer Elefant dargestellt sind." „Dann hätten Sie es mit einer Sekte zu tun", brummte Lürs, „das ist unangenehm. Mit einer politischen Gesellschaft könnte man leichter verhandeln." „Was hat aber nur Hermann mit einer Sekte zu tun?" rief die junge Frau aufgeregt.

    „Tja, das läßt sich kaum ahnen", meinte Lürs achselzuckend. „Aber vielleicht könnte Ihnen Hoddge auch darüber eine Erklärung geben."
    „Dort kommen die Boote", rief Ellen, „wir wollen das erste nehmen, meine Herren, und
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