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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung
Autoren: Matthias P. Gibert
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Sekunden darauf das Ortsschild der Gemeinde Calden passiert. Er blieb unter 100 km/h, verlangsamte an den größeren Kreuzungen und musste sich ansonsten auf die Wirkung der Sirene und des Blaulichts verlassen. Als das kleine Einkaufszentrum rechts hinter ihnen lag, beschleunigte er noch einmal, bog leicht quer in den Kreisverkehr ein, fing die biedere Familienkutsche ab, und brachte die Fuhre nach ein paar weiteren Sekunden direkt neben dem Eingang zum Stehen. Zwei ältere Herrschaften mit großen Koffern im Schlepptau, die gerade das Gebäude verlassen wollten, sprangen panisch zur Seite.
    »Du nimmst dir das Gebäude vor, Paul, ich die freie Fläche.«
    »Nein, das ist nicht gut. Wir scheißen auf das Gebäude und gehen beide auf die Bahn. Nach Heinis Aussage ist es am wahrscheinlichsten, dass er, wenn überhaupt, dort etwas unternehmen wird.«
    »Du bist sicher?«
    »Ja, ganz sicher. Und jetzt hör auf zu reden und komm.«
    Sie stürmten auf den Infoschalter zu und hielten ihre Dienstausweise in die Luft.
    »Wir haben keine Zeit für Erklärungen«, rief Lenz der jungen Frau hinter dem Schalter zu. »Wir müssen auf die Startbahn, und zwar sofort und ohne Diskussionen.«
    »Hä?«, war das Einzige, was sie dem Wortschwall des Kommissars entgegenzusetzen hatte.
    »Wo geht es auf die Startbahn?«
    »Da müssten Sie auf das Vorfeld, und das dürfen leider nur Personen, die befugt dafür sind«, erklärte sie in bestem Seminardeutsch.
    »Wir sind befugt«, schrie Lenz die bedauernswerte Frau an. Hain hatte derweil in einer Ecke der Halle einen Mann entdeckt, der eine grellgelbe Warnweste trug, mit der Reparatur eine Deckenlampe beschäftigt war und die Szene am Schalter interessiert verfolgte.
    »Können Sie uns bitte helfen?«, rief er ihm zu.
    Ein Nicken, ein paar schnelle Schritte, und er stand neben den Kripobeamten.
    »Sieht aus, als hätten Sie ein ernsthaftes Problem«, stellte er knochentrocken fest.
    »Das haben wir tatsächlich, und es geht vermutlich um Leben und Tod«, stimmte Lenz ihm zu und schilderte in kurzen Worten ihr Anliegen.
    »Wahrscheinlich werde ich dafür gefeuert, aber der Job hier ist sowieso total langweilig«, antwortete der Mann mit der Aufschrift Sigmar Kunze auf dem Overall und deutete auf eine Glastür in etwa 20 Metern Entfernung. »Da geht es lang, und immer direkt hinter mir bleiben, sonst schießen am Ende Ihre Kollegen von der Bundespolizei oder die vom Zoll noch auf Sie.«
    Hintereinander rannten sie auf die Tür zu, die ihr Begleiter für sie aufschloss, anschließend ging es einige Treppen hinab, und kurz darauf standen sie im Freien.
    »Ab hier wird es wirklich gefährlich, Jungs, weil wir erstens überhaupt nicht hier sein dürften, und zweitens hier Verkehrsmittel unterwegs sind, deren Lenker und Steuermänner uns nicht sehen können. Also aufgepasst und den Kopf eingezogen, wenn es notwendig ist.«
    Er sah zwischen den Polizisten hin und her.
    »Wo genau müssen Sie denn hin? Irgendeine Ahnung?«, schrie ihr Helfer ihnen gegen den unfassbaren Krach einer Boeing 737 entgegen, die gerade Geschwindigkeit aufnahm und in ihre Startposition rollte.
    »Wir versuchen es mit der Mitte der Startbahn. Geht das?«
    »Gehen tut alles, ist nur die Frage, wie wir dorthin kommen. Längs oder quer?«
    »Wie, längs oder quer?«
    »Die Mitte der Bahn längs oder die Mitte der Bahn quer?«
    »Quer, quer natürlich«, antwortete Lenz, nachdem er den tieferen Sinn der Frage endlich verstanden hatte.
    »Das ist mal ’ne wirklich knifflige Aufgabe«, stellte ihr Begleiter fest, sah sich kurz um und deutete auf einen kleinen merkwürdig lackierten Kombi, der etwa 150 Meter von ihnen entfernt stand. Dann rannte er los.
    Die beiden Polizisten zögerten nur einen winzigen Augenblick, dann hechteten sie hinter ihm her. Der im Wagen sitzende Bedienstete starrte die drei Männer völlig konsterniert an, als sie zur gleichen Zeit an seinem Dienstfahrzeug auftauchten und die Türen aufrissen. Den einen davon kannte er wenigstens vom Sehen, die beiden anderen hingegen schienen irgendwie gestört im Kopf zu sein.
    »Wir brauchen deine Karre!«, brüllte Kunze ihm entgegen.
    »Was?«
    »Wir brauchen … Ach was, raus aus der Karre.«
    Er beugte sich über die Mittelkonsole, drückte auf den Entriegelungsknopf des Gurtschlosses und zerrte den Mann aus dem Astra.
    »Nimm es mir nicht übel, aber wir haben es ziemlich eilig«, gab der Mann mit der Sicherheitsweste seinem Kollegen mit, während er sich
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