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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung
Autoren: Matthias P. Gibert
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hinter das Steuer schwang und den Motor startete. Der Rüsselsheimer Kombi rollte schon an, noch bevor Lenz und Hain komplett eingestiegen waren, und es schien, als ob Sigmar Kunze den Ernst der Lage wirklich verstanden hätte.
    »Wir müssen auf die 737 aufpassen, die da gerade startet«, schrie er. »Wenn wir der im Weg rumgondeln, gibt es eine Katastrophe.«
    Die gibt es vielleicht auch so , dachte Lenz, sagte jedoch nichts.
    »Wagen 044, was ist da los?«, quäkte es aus dem Funkgerät. »Verlassen Sie sofort das Vorfeld, Sie haben keine Freigabe!«
    Lenz griff nach dem Handteil und drückte die Sendetaste, konnte jedoch keine Verbindung herstellen.
    »Wa… dreh … augenbl… um!«
    Offenbar bewirkte das Handeln des Hauptkommissars irgendetwas an dem Gerät, leider jedoch das Falsche.
    »Es soll wirklich genau die Mitte sein?«
    »Wenn er es macht, dann vermutlich von außerhalb«, rief Thilo Hain von der Rückbank seinem Kollegen zu. »Also müssen wir an den Zaun.«
    »Auf Höhe der Mitte so weit wie möglich Richtung Flughafenumzäunung«, übersetzte der Leiter der Mordkommission die Worte seines Kollegen an den Fahrer.
    »Das wird wohl nichts«, widersprach der. »Dazu müssten wir der 737 genau im Weg rum gondeln, und das geht sogar mir ein bisschen zu weit.«
    »Da!«
    Hains rechter Arm tauchte zwischen den beiden auf und wies auf ein dunkles Auto, das in etwa einem Kilometer Entfernung in unmittelbarer Nähe zum Zaun parkte.
    »Der Himmel steh uns bei«, murmelte Kunze, bog mit überhängendem Heck vom Taxiway direkt auf die Landebahn ein, überquerte sie und hielt auf den von Hain entdeckten Wagen zu.
    In diesem Augenblick wurde die Heckklappe des mit jedem Meter der Annäherung eindeutiger als Mercedes A-Klasse zu identifizierenden Fahrzeugs geöffnet. Die drei Männer im Astra konnten keine weiteren Details erkennen, weil sie auf dem unebenen Wiesenstück neben der Startbahn wie wild durchgeschüttelt wurden. Erst ein paar Sekunden später, als zwischen ihnen und dem Wagen hinter dem Zaun noch etwa 500 Meter lagen, erkannten sie den einzelnen Mann, der mit beiden Händen vor der Brust einen kleinen Kasten hielt und dabei nach links sah, wo gerade die Triebwerke der 737 aufheulten, die trotz der irritierenden und völlig unklaren Situation auf und neben der Rollbahn offenbar die Startfreigabe erhalten hatte.
    Lenz sah nach rechts auf die silberne Silhouette des auf diese Entfernung furchtbar klein und verletzlich wirkenden Flugzeugs, in dem seine Frau saß, die vermutlich von der Katastrophe, in die sie im Moment hineinzugeraten drohte, überhaupt nichts wusste.
    Als der Astra noch etwa 300 Meter von dem Mercedes entfernt war, startete Kunze sein Bremsmanöver, das er allerdings deutlich zu optimistisch in Angriff nahm. Die Vorderräder und im direkten Anschluss auch die Hinterräder des Rüsselsheimer Kombis verloren auf dem schneebedeckten Gras die Haftung, und die ganze Fuhre fing an, sich zu drehen. Einmal, zweimal, und dann hörte Lenz auf zu zählen. Er stemmte die Arme gegen das Autodach für den Fall, dass es zu einem Überschlag kommen würde, doch der zumindest blieb den Insassen erspart. Gefühlte Minuten nach der ersten Drehung kam der Wagen zum Stehen, und durch die Frontscheibe hatten alle drei freien Blick auf den Mann, der gerade eine Antenne aus dem Plastikkasten zog und danach wie wild an den Knöpfen herumspielte. Es war unverkennbar Andreas Blatter, der Rockerboss, der sich im Vergleich zu dem Foto, das Lenz von Uwe Wagner bekommen hatte, kaum verändert zeigte. Hain hatte schon seine Tür geöffnet und dahinter Schutz gesucht, Lenz tat es ihm gleich.
    »Sie bleiben im Auto und halten den Kopf so lange unten, bis ich Ihnen was anderes sage!«, schrie der Hauptkommissar Sigmar Kunze beim Aussteigen zu, wusste aber nicht, ob seine Worte bei ihm auch angekommen waren, weil er selbst sie wegen des Krachs der hinter ihm anrollenden 737 nicht verstanden hatte. Und daran, Blatter anzusprechen und ihn von seinem Vorhaben abzubringen, war überhaupt nicht zu denken.
    Genau in diesem Moment, in dem die Boeing fast direkt hinter ihnen war und kurz davor stand, ihre Abfluggeschwindigkeit zu erreichen, trafen sich der Blick des Kommissars und der des Rockerpräsidenten. Und Lenz hatte den Eindruck, im Gesicht von Blatter so etwas wie ein zufriedenes Grinsen erkennen zu können. Der Leiter der Mordkommission hob seine Waffe, zielte kurz und feuerte in kurzem Abstand vier Schüsse auf den Mann
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