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0022 - Die Hexe von Java

0022 - Die Hexe von Java

Titel: 0022 - Die Hexe von Java
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Tari, die Hexe von Java, hatte sie gerufen, und sie waren alle gekommen. Niemand wagte sich Taris Befehlen zu widersetzen. Denn sie war unglaublich mächtig und konnte Dinge tun, die ihre Getreuen immer wieder verblüfften.
    Tari war ein verhutzeltes altes Weib. In ihrem widerlichen Mund stand nur noch ein einziger Zahn.
    Der Giftzahn, wie mal einer verbreitet hatte. Dieser Lästerer mußte mit seinem Leben für diese Behauptung büßen.
    Die Hexe war klein und dürr. Ihre knotigen Finger krampften sich meist um einen dicken Stock, auf den sie sich stützte. Ihre Kleider waren ihr viel zu weit, sie flatterten um ihren knöchernen Körper. Überall wiesen sie Risse und Löcher auf.
    Manches Bettelweib in Djakarta war besser gekleidet als Tari.
    Ihre Aufmachung war nur Tarnung. Sie wollte nicht auffallen, wenn sie durch Djakartas Straßen ging, denn sie verrichtete das Werk des Bösen gern im verborgenen.
    Tari hatte ihre Getreuen zusammengerufen, um ihnen eine freudige Mitteilung zu machen.
    Die von der Hexe auserwählten Männer und Frauen – sieben an der Zahl – waren tief in den Java-Dschungel vorgedrungen. Ihr Treffpunkt war im dichten Urwald versteckt: ein alter, halbverfallener Tempel. Im Laufe der Jahrzehnte hatten Schlingpflanzen, Farne und Jungbäume Besitz von dem Tempel ergriffen.
    Statuen und malakka-malaiische Symbole, die das Böse abhalten sollten, waren von ihren Sockel gestürzt und durch Figuren, die die Macht der Hölle verherrlichten, ersetzt worden. Schlangen nisteten in finsteren Mauerrissen.
    Der Ort strahlte eine fühlbare Bedrohung aus. Keiner, der nicht von Tari hierhergerufen worden war, hätte den Mut besessen, diesen gespenstischen Tempel zu betreten.
    Gewaltige Felsblöcke lagen im Inneren des entweihten Tempels.
    Die Hexe von Java behauptete, der Satan persönlich habe ihr geholfen, diese Blöcke hierherzuschaffen.
    Ihre Getreuen umringten einen dieser Steine, während sich Tari darauf niederließ und ein schwarzes Gebet verrichtete, das vor Bosheiten und Gemeinheiten, vor Flüchen und Schimpfworten nur so strotzte.
    Sie hatte die Arme ausgebreitet und rief mit schriller Stimme immer wieder den Antichrist an. Sie bat ihn, ihr beizustehen und ihn mit seiner Allmacht zu unterstützen. Sie habe große Dinge im Sinne der Hölle vor und brauche deshalb mehr Macht als bisher, um ihre geplante Tat ausführen zu können.
    Es zischte plötzlich, als wäre eine riesige Schlange in den Tempel gekrochen. Die Getreuen der Hexe blickten sich erschrocken um, sie konnten aber nichts entdecken. Ein spukhaftes Knistern folgte.
    Und mit einem Mal begann der Felsblock, auf dem die Hexe saß, zu glühen. Zunächst leuchtete er rot, dann wich die Röte einer grellen weißen Glut. Tari wäre unter normalen Umständen verbrannt.
    Sie kicherte wie eine Wahnsinnige. Sie tanzte auf dem Felsen, der eine so gewaltige Hitze ausstrahlte, daß die sieben Personen, die ihn umringten, erschrocken zurückwichen.
    »Dies ist das Zeichen!« kreischte Tari. »Das Zeichen dafür, daß Satan mich erhört hat. Er wird mir beistehen. Er wird mich mit der nötigen Macht ausstatten, und ich werde sie in seinem Sinne einsetzen!«
    Die Hexe stampfte mit ihren Füßen voller Begeisterung auf. Sie warf die Arme jubelnd in die Luft und drehte sich immer wieder im Kreis. Dabei gellte ihr schauriges Gelächter durch den halbzerstörten Tempel.
    Da, wo einst das Dach gewesen war, griff der Urwald mit seinen grünen Fingern herein. Der dichte Laubbaldachin verdeckte den Himmel. Er rauschte unentwegt und täuschte einen Frieden vor, den es an diesem Ort nicht gab.
    Schneller, immer schneller bewegte sich die närrische Hexe.
    Bald drehte sie sich so schnell wie ein Kreisel. Als endlich die Drehbewegungen langsamer wurden, begann sich der Körper zu verwandeln. Tari sah von Sekunde zu Sekunde jünger aus.
    Ihr Wahnsinnsgeschrei ging den Männern und Frauen, die ihr Treiben beobachteten, durch Mark und Bein.
    Die Hexe hörte nicht auf, sich um die eigene Achse zu drehen.
    Fast sah es so aus, als könne sie nicht mehr damit aufhören. Und ihre Schreie hörten sich beinahe wie Hilferufe an.
    Doch es waren Lustschreie, denn in diesem Augenblick vereinigte sich dieses furchtbare Weib mit dem Satan. Seine Kraft strömte in ihren Körper über und machte sie stark und zu großen Dingen fähig.
    Ganz langsam erlosch das Glühen des Felsblocks.
    Tari stand still. Sie war völlig außer Atem. Sie hatte ihr Gesicht in die Hände gelegt und lachte,
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