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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Autoren: Im Sommer der Mörder
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kommst du zu mir, und wir vögeln endlich, und dann sehen wir weiter.«
    Sie lachten leise.
    Verabschiedeten sich.

    Sie blieb den Rest der Woche zu Hause. Schlief, hörte Musik, las, lies sich von Anne Wallmer den Verband wechseln. Stand am Küchenfenster, versuchte zu verstehen, ob der Platz und das Café und die Menschen unter den Sonnenschirmen zu ihrem Leben gehörten oder nicht. Warum sie sie mit einem Mal nicht mehr in ihrem Leben haben wollte.
    Thomas Ilic rief an, Alfons Hoffmann, Heinrich Täschle.
    Almenbroich. Sie bat ihn, nicht einfach spurlos zu verschwinden. Er versprach es.
    Bermann kam vorbei, ließ sie Protokolle bestätigen, Aussagen ergänzen, unterschreiben. Ungeduldig saß er auf dem Sofa, drängte zur Eile. Mahr und Marion Söllien hatten umfassende Geständnisse abgelegt, doch Busche und Bo schwiegen. Mit Busche schien sich ein Deal anzudeuten. Sie bekamen die Routen der Waffentransporte, die Namen der Helfer, der Helfershelfer, stuften im Gegenzug Busches Verantwortung für Konzeption, Organisation, Durchführung herunter. Marianne Andrele, Anselm Löbinger und Busches Anwalt saßen in diesem Augenblick zusammen und feilschten. Bermann wollte zurück, den Deal fix machen.
    »Und Marion Söllien?«
    »Heult ohne Ende. Sitzt da mit dem Rotz im Gesicht und hört nicht auf zu heulen.«
    »Steckt sie mit drin?«
    »Sie hat die ganzen Jugos drübergelassen, das musst du dir mal vorstellen.« Bermann lachte angewidert. »Bo und die ganzen anderen Jugos, die irgendwann mal einen Fuß in das Waldhaus gesetzt haben … Ich muss zurück, hast du’s bald?«
    »Steckt Marion Söllien mit drin, Rolf?«
    Bermann nickte unwillig. »Sie hat ausgeholfen, wenn PADE
    sie gebraucht hat. Hat die Post erledigt, Anrufe gemacht, so was.
    Mitgliederversammlungen einberufen. Und irgendwann hat sie angefangen, die Beine breit zu machen.« Mit zappeligen Bewegungen und künstlich hoher Stimme sagte er: »Aber Sie müssen das verstehen, ich bin nicht so eine, ich war so einsam, als der Ernst Martin nicht mehr war, da war ich so einsam und so verzweifelt. «Er stand auf. »Bist du endlich fertig?«
    Sie schob die Unterlagen zu einem Stapel zusammen, reichte sie ihm. »Und der Schutzkeller? Woher wusste Söllien davon?«
    »Sein Großvater saß neunzehnvierundvierzig drin, als die Briten kamen.« Bermann war schon auf dem Weg zur Tür.
    Sie folgte ihm. »Was ist mit Rashid?«
    »Wär möglich, dass wir uns da getäuscht haben.«
    »Heißt?«
    »Dass er womöglich wirklich nichts wusste.«
    »Tja, kommt vor.«
    »Ein unschuldiger Araber?«
    »Dass wir uns täuschen.«
    Sie sah, dass er die Achseln zuckte. An der Tür wandte er sich um, sein Blick wurde intensiv. »Hey, neulich da im Wald …
    steht dir gut, der blaue BH.«
    »Und der rote erst.«
    Er stutzte.
    Ja, das gelang ihr auch hin und wieder, Bermann überraschen.
    Sie schob ihn hinaus, schloss die Tür. Einen Vorteil hatten Männer wie Bermann – sie verharrten ihr Leben lang auf ein und derselben zivilisatorischen Stufe, während sich der Rest der Menschheit weiterentwickelte. Das machte sie berechenbar.
    Unterlegen.

    Dann war sie wieder allein, dachte, auf dem Sofa liegend, Pink Floyd in der Endlosschleife, an Marcel, hatte er ihr nun das Leben gerettet oder nicht? Wie sollte sie mit einer solchen Frage leben? Wie lebte man mit einem solchen Menschen? All den anderen Marcels, die es hier und überall geben mochte? Die Terrorverdächtige mit geheimnisvollen »Tigern« und Gulfstreams in Länder flogen, in denen sie auf eine andere Weise mit ihnen umgehen konnten, als man es im Westen für westlich hielt? Die Mörder, Bombenleger, Unschuldige in den zivilisatorischen Zwischenräumen verschwinden ließen.
    Übereinkünfte brachen, um dieselben Übereinkünfte zu schützen. Sie gähnte, dachte: Demokratien beschützten, die sich von ihnen beschützen ließen. Dann schlief sie ein.

    EPILOG
    AM 13. AUGUST, IHREM GEBURTSTAG, stand sie gegen halb fünf auf. Um fünf saß sie im Auto. Im ersten grauschwarzen Morgenlicht kam sie an Kirchzarten vorbei, passierte das Himmelreich am Anfang des Höllentals. Als sie eine Dreiviertel Stunde später in die Ebene hinausfuhr, stand die Sonne am Horizont. Sie nahm die Autobahn Richtung Singen, geriet hinter Radolfzell in den Berufsverkehr. Nördlich des Bodensees hingen dunkle Regenwolken. Konstanz lag im gleißenden Sonnenlicht.

    Sie ließ den Wagen in einem Parkhaus am Rand der Altstadt. Es war kurz vor sieben. Sie ging durch
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