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1105 - Glendas Totenhemd

1105 - Glendas Totenhemd

Titel: 1105 - Glendas Totenhemd
Autoren: Jason Dark
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Ja, das Kleid!
    Die dreißigjährige Frau hielt es in der rechten Hand. Sie hatte es im Laden vom Bügel genommen und konnte sich gut an das Gesicht der Besitzerin erinnern, die sie sehr intensiv angeschaut, dabei gelächelt und auch genickt hatte.
    »Sie haben einen guten Geschmack, Madam.«
    »Ach ja?«
    »Wirklich. Dieses Kleid ist mein bestes Stück. Es gefällt mir so gut, daß ich es schade fände, wenn es verkauft wird. Aber Ihnen gönne ich dieses Teil.«
    Cordelia war etwas verlegen gewesen. Um das zu verbergen, hatte sie sich nach dem Preis erkundigt.
    »Geschenkt, Madam. Zehn Pfund und keinen Penny mehr. Das ist doch was, oder?«
    Da hatte die Besitzerin des Ladens recht gehabt. Außerdem war Cordelia nicht bereit, mehr als zehn Pfund für ein neues altes Kleid auszugeben. Sie mußte mit dem Geld rechnen, denn sie wußte, daß sie in zwei Monaten ihren Job verlieren würde.
    »Ich werde es anprobieren!« hatte Cordelia gesagt.
    »Das ist am besten.« Die Frau hatte ihr den Weg zur Umkleidekabine gezeigt.
    Cordelia hatte sich noch einmal umgeschaut und war dann gegangen. Jetzt, als sie sich in der Kabine wiederfand und noch einmal über den Besuch im Laden nachdachte, wurde ihr bewußt, daß sie die einzige Kundin gewesen war. Es kam ihr auch seltsam vor, daß die Umkleidekabine eine Tür und nicht - wie sonst üblich - einen Vorhang besaß. In einem derartigen Geschäft schien wohl alles anders zu sein.
    Sie hängte das Kleid locker über den freien Bügel, damit sie freie Hand hatte, um sich auszuziehen.
    Cordelia trug einen dunkelblauen Mantel aus Kunstfaser, eine schwarze Jeans und ein braunes Jackett. Den Mantel und das Jackett zog sie aus, die Bluse darunter ließ sie an. Sie würde sie bei der Anprobe nicht stören.
    Ihre Hände strichen über das Kleid hinweg, nachdem sie die eigenen Sachen auf den Hocker zusammengelegt hatte. Sie hatte es im Laden schon einmal angefaßt, aber da war ihr der Stoff nicht so stark aufgefallen wie in diesem Fall.
    Er fühlte sich weich unter ihren Händen an, aber zugleich auch starr. Als wären Metallfäden in den Stoff hineingewebt worden. Ein wirklich ungewöhnliches Gefühl. Ein weicher, aber trotzdem straffer Stoff. Seine schmalen Falten schienen in den Lücken zwischen ihren Fingern regelrecht zu knistern.
    Etwas mißtrauisch beäugte sie das gute Stück. Seine Farbe war vom Prinzip her Weiß, doch darauf verlassen wollte sie sich nicht. Es kam aus zweiter Hand, durch das Tragen ihrer Vorgängerin hatte es schon etwas gelitten, obwohl es äußerlich noch völlig in Ordnung war. Das bezog sich auch auf den Reißverschluß, bei dem kein einziger Zacken fehlte.
    Nur die Farbe hatte im Laufe der Zeit gelitten. Wie es jetzt aussah, hätte es auch als Totenhemd gepaßt. Der Gedanke daran ließ sie erschauern.
    Zudem wunderte sie sich darüber, daß sie mit der Anprobe so lange zögerte. Niemand war da, der sie davon abhielt. Es lag einzig und allein an ihr.
    »Es schmiegt sich jedem Körper an, Madam. Dieser Stoff ist etwas ganz Besonderes. Sie werden ihn kaum ein zweitesmal finden. Für zehn Pfund ist das Kleid mehr als geschenkt.«
    So hatte die Besitzerin gesprochen, deren Worte ihr wieder in den Sinn kamen. Noch einmal strich sie vom runden Ausschnitt her mit beiden Händen über den glatten Stoff hinweg, der sich für sie tatsächlich wie imprägniert anfühlte.
    »Egal«, murmelte sie und vertrieb die Gedanken. Sie ließ das gute Stück vom Bügel rutschen und zog den Reißverschluß auf. Dann stieg sie in das Kleid hinein wie in eine Hose. Es war so einfach, so leicht, sie kannte sich da aus. Es gab überhaupt keine Probleme. Vor dem Körper zog sie es hoch.
    Wieder glitten die Hände über den Stoff hinweg, und dabei hatte sie das Gefühl, von neuem eine Veränderung des Stoffes zu erleben. Er war jetzt weicher geworden und fließender als beim ersten Test mit den Händen.
    Sie lächelte und zog es hoch bis über ihre Schultern hinweg. Bereits jetzt wußte Cordelia, daß es ihr paßte. Sie konnte die Bluse und die Hose anlassen. Es würde mit dem neuen Stück keine Schwierigkeiten geben. Und sie hatte sich schon jetzt endgültig entschlossen, das Kleid zu kaufen.
    Es fehlte nur noch der Reißverschluß, der hoch bis zum Kragen gezogen werden mußte. Kein Problem für eine routinierte Frau wie sie. Das Kleid paßte.
    Jemand klopfte gegen die Tür. Cordelia war in Gedanken versunken und schrak zusammen. »Ja, bitte…«
    »Ich bin es nur - Isabella.«
    »Ach
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