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1105 - Glendas Totenhemd

1105 - Glendas Totenhemd

Titel: 1105 - Glendas Totenhemd
Autoren: Jason Dark
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aufgegeben.«
    »Von wem?«
    »Von einer Frau.«
    »Den Namen und die Anschrift, bitte.«
    »Sie heißt Donna Stevens. Die beiden waren nicht verwandt, wie hier steht, sondern Nachbarinnen. Sie wohnen im Osten der Stadt. Whitechapel.«
    Ich bekam die genauen Daten und bedankte mich bei dem Kollegen, der mir für weitere Fragen gern zur Verfügung stehen wollte.
    Glenda und ich schauten uns an. Ich hatte mir die Anschrift notiert und winkte mit dem Zettel. »So, jetzt bist du an der Reihe. Was sagst du dazu?«
    »Das ist schon ungewöhnlich.«
    »Meine ich auch. Keine Verwandte hat die Vermißtenanzeige aufgegeben, sondern eine Wohnungsnachbarin oder Freundin.«
    »Dann hat sie niemand mehr gehabt.«
    »Oder stammte aus einer anderen Stadt. Hat sie mit dir darüber gesprochen?«
    »Nein, das hat sie nicht.«
    »Was tun wir?«
    »Ach.« Glenda beugte sich vor. »Du sprichst in der Mehrzahl, John? Bist du nicht mehr müde?«
    Ich lächelte sie breit an. »Habe ich dir nicht gesagt, daß ich den Abend mit dir verbringen möchte?«
    »Ja, das konnte man aus deinen Worten heraushören.«
    »Eben. Wenn du nichts dagegen hast, werde ich das auch tun. Ein Besuch bei dieser Donna Stevens könnte nicht schaden. Die Telefonnummer habe ich auch bekommen.«
    »Soll ich anrufen?«
    »Gern, aber was willst du sagen?«
    »Einige Fragen stellen.«
    »Wir könnten hinfahren. Melde dich kurz an. Alles andere erledigen wir später.«
    »Nein, John, ich melde mich nicht an. Ich wähle jetzt durch, und wenn jemand abhebt, lege ich wieder auf.«
    »Tu, was du nicht lassen kannst.«
    Glenda tat es noch nicht. Statt dessen sah sie mich an. »Weißt du was, John? Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe ein verdammt komisches Gefühl bei dieser Sache…«
    Ich hob nur die Schultern.
    ***
    Isabella war die steile Steintreppe nach unten in den Keller gegangen, der mehr einem düsteren Gewölbe glich als einem normalen Keller. Das mochte auch am Licht liegen, denn sein Schein schaffte es kaum, die Dunkelheit zu vertreiben. Im Keller selbst stand der alte Ofen. Ein Erbe des Vormieters. Früher war er die Energiequelle für das gesamte Haus gewesen, aber er lag brach, nachdem die Heizung eingebaut worden war. Er stand in einem Raum mit kahlen Betonwänden. Es war noch ein alter Tisch vorhanden, auch ein wackliger Schrank, ansonsten aber stapelten sich dort einige Kartons mit Ware, denn der Keller diente der Geschäftsfrau auch als Lager. Zu lange durften die Kleidungsstücke hier nicht liegen, denn es bestand die Gefahr, daß sie schimmelten und feucht wurden, doch das Geschäft oben war im Frühjahr ziemlich voll, da mußte sie schon auf den Lagerraum hier unten zurückgreifen.
    Den Keller hatte Isabella mit einer Tüte in der Hand betreten. Sie war aus festem Papier gefertigt worden, sehr reißfest, nicht besonders groß, aber immerhin so geräumig, um die Asche der zuletzt Verglühten aufnehmen zu können.
    Isabella blieb dicht hinter der Kellertür stehen und schaute sich um. Sie nagte dabei an der Unterlippe und hatte die Augenbrauen zusammengezogen. Die viele Ware paßte ihr nicht. Wahrscheinlich würde sie einige Teile weggeben. Sie kannte Leute, die die Klamotten dann auf den Flohmärkten verkauften, so war der Verlust für sie dann nicht zu groß, den die Händler auf den Trödelmärkten wußten genau, welche Preise sie zahlten und welche nicht.
    Wichtig war jetzt die Asche. Isabella ging zum Ofen, der sehr groß war und fast bis zur Decke reichte. Er bestand aus grauem Metall und war von innen mit feuerfesten Steinen ausgelegt. Die breite Klappe befand sich in einer guten und greifbaren Höhe. Isabella öffnete sie mit der linken Hand. Wie immer hörte sie das häßliche Quietschen. Danach öffnete sie die Tüte, kippte sie und ließ die Reste der Kundin in den Ofen rieseln.
    »Mal hat man Glück im Leben, mal hat man Pech. Aber du bist für eine gute Sache gestorben, meine Liebe.« Sie schaute zu, wie die Asche in den Ofen hineinstäubte und nach unten fiel, wo sie sich mit den anderen Resten vereinigte. Die Tüte selbst knüllte sie zusammen, bevor sie ebenfalls im Ofen verschwand.
    Danach schloß Isabella die Klappe. Gewissensbisse über den Tod der Frau plagten sie nicht. Es hatte einfach so kommen müssen, es war mal wieder an der Zeit, und es würde noch mehr Opfer geben, davon war sie überzeugt. Dieses Kleid brauchte einfach die Menschen, und Isabella war froh, es in ihrem Besitz zu wissen. Mitleid mit den Opfern hatte sie nicht.
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