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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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jetzt endlich die Katze aus dem Sack, Vater.«
    Großzügigerweise erbarmte sich nun Jacob. Er zog das mehrseitige Schreiben aus der Tasche, faltete es gemächlich auseinander und wedelte damit wie mit einem Fächer ein paar Mal vor seinem Gesicht herum. Dann hielt er die Rückseiten der Blätter mit spitzen Fingern seiner Familie entgegen und begann zu erläutern: »Das hier ist eine Einladung zur nächsten Folge der Ratesendung mit Marco Kern, die genau heute in vier Wochen hier bei uns in der Fruchthalle stattfindet.«
    Margots Gesicht leuchtete auf. »Der ist ja so goldig«, schwärmte sie und ließ ihrem emotionalen Auswurf einen langen Seufzer folgen.
    »Ist das nicht diese Quizshow, in der mehrere Familien gegeneinander antreten müssen?«, fragte Betty mitten in den Gefühlsausbruch ihrer Schwiegermutter hinein.
    »Genau«, stimmte Jacob zu. »Das Besondere an dieser Ratesendung ist, dass die Teilnehmer einer Familie aus drei Generationen stammen müssen.« Er richtete sich auf und sagte, während er mit seiner flachen rechten Hand auf die betreffenden Personen wies: »Die Kandidaten der Familie Tannenberg heißen: Jacob, Heiner und Tobias.«
    »Geil, Opa«, gab der Junior begeistert zurück. »Und was können wir gewinnen?«
    Jacob lachte. »Das hängt natürlich ganz davon ab, wie weit wir kommen.«
    »Warum hast du eigentlich nicht mal die Frauen in deiner Familie gefragt, ob sie in diesem Team mitmachen möchten?«
    Diese Frage traf den Senior wie ein Keulenhieb. Aus seiner versteinerten Miene konnte man schließen, dass er an diese Möglichkeit bislang noch nicht einmal einen einzigen Gedanken verschwendet hatte.
    »Ähm, na ja, …«, stammelte er, »ich hab halt … gedacht, dass ihr auf so was … keine Lust hättet.« Sein flackernder Blick streifte seine hochschwangere Nichte. »Und, und Marieke könnte das in ihrem Zustand sowieso nicht mitmachen.«
    »Da hast du recht, Opa«, versetzte Marieke mit einem versonnenen Lächeln. Sie streichelte sanft über ihren prallen Kugelbauch. »Für uns zwei wäre das wirklich ein klein bisschen zu anstrengend. Aber dabei wäre ich schon gerne. Ich meine, als Zuschauerin in der Halle.«
    Jacob Tannenberg atmete erleichtert auf. Geistesgegenwärtig packte er die sich bietende Chance am Schopf. »Natürlich, ich kümmere mich gleich am Montag um Tribünenkarten für euch alle.« Er zählte die in Frage kommenden Personen an seinen Fingern ab. »Das wären dann vier, wenn ich …«
    »Opa, du hast Max vergessen«, warf Marieke dazwischen.
    »Entschuldige. Natürlich darf dein Freund auch mit. Der gehört schließlich inzwischen zur Familie. Also brauchen wir fünf Karten.«
    »Nein, vier«, versetzte Tannenberg.
    Der Senior krauste verständnislos die Stirnpartie. »Wieso?«
    »Weil ich mir das garantiert nicht antun werde. In so einer überfüllten Halle krieg ich bloß Platzangst. Außerdem müsste ich andauernd daran denken, was bei einer Massenpanik passieren würde.« Er schüttelte sich. »Ein Albtraum. Und dann auch noch dieser emotionale Stress – nee! Ich drück euch lieber von meiner Couch aus die Daumen.«
    Er packte Kurt an beiden Ohren und wiegte den schweren Hundekopf ein paar Mal hin und her. »Außerdem muss ja auch einer von uns auf diesen wilden Kerl hier aufpassen, damit der keinen Blödsinn macht.«

3
    Für gewöhnlich begrüßte Tannenberg den bevorstehenden Arbeitstag nicht gerade mit ausgelassenen Freudentänzen. Auch an diesem frühen Freitagmorgen, als er kurz vor acht Uhr sein Elternhaus in der Beethovenstraße verließ und sich zu Fuß auf den Weg zu seiner am Pfaffplatz gelegenen Dienststelle machte, breitete sich keineswegs Euphorie in ihm aus. Eher war das Gegenteil der Fall: Müde und übellaunig schlappte er am zähflüssigen Berufsverkehr vorbei durch die engen, in trübes Novemberlicht getauchten Straßen des Musikerviertels.
    Doch als er an der Marienkirche die Königstraße überquerte, verirrte sich plötzlich ein dezentes Lächeln in das verkniffene Gesicht des chronischen Morgenmuffels. Er hatte eine Plakatwand entdeckt, auf der Event-TV für ihre in genau 36 Stunden in der Fruchthalle stattfindende Fernsehsendung warb.
    Gedanklich ließ er die letzten vier Wochen Revue passieren, die nun seit dem Empfang des Einladungsschreibens vergangen waren. Schmunzelnd erinnerte er sich an diesen Samstagmittag, an dem Heiner der Familie sein neuestes kriminalpoetisches Meisterwerk präsentiert hatte. Was ist mein Bruderherz doch für
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