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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
Autoren: Bastei Lübbe
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meines Lebens erspart? Ich wusste keine Antwort.
    Nach den Sommerferien würde ich mich den neuen Klassen stellen und zum Teil die alten Schüler betreuen, unterrichten und auf das Leben vorbereiten, dessen schicksalhafte und böse Seite mir den Optimismus geraubt hatte.
    Der Taxifahrer pfiff eine Melodie. Der Wagen nahm die Einfahrt. Ich wies auf die Abstellfläche vor der roten Mauer, nahm die Seerose vom Sitz und sagte zu ihm: »Ich bin gleich zurück!«
    Die Fischkutter lagen in farbiger Pracht der Sommersonne. Ich blieb für wenige Sekunden stehen, blickte auf das Café »Kapitänsblick«. Besucher mit ihren Kindern schauten den Möwen nach.
    Der alte Mann war nicht an Bord. Vor seinem Schiff lagen die Netze auf den Steinen, und ein junger Mann in Jeans und Troyer hatte die Flickarbeit übernommen. Ich fragte ihn: »Wann gehen Sie auf Fang?«
    »Um neunzehn Uhr«, sagte er, ohne mich sonderlich wahrzunehmen.
    Ich entnahm meiner Brieftasche einen Zwanzig-Euro-Schein.
    »Würden Sie mir einen Gefallen tun?«, fragte ich ihn.
    Sein Blick war auf die Maschen gerichtet, in die er weiße Perlonschnüre knotete. »Und der wäre?«, fragte er nur.
    »Nehmen Sie diese Blume mit, und werfen Sie sie in Inselnähe über Bord. Dieser Dienst ist mir das Geld wert.«
    »Das geht in Ordnung«, sagte er, nahm die Seerose, steckte den Geldschein in die Tasche und kletterte auf sein Schiff.
    Ich kehrte zum Taxi zurück. Auf dem Weg nach Hause unterließ ich es, ein Gespräch mit dem aufgeräumten Taxifahrer zu beginnen. Vor meiner Eigentumswohnung zahlte ich für seinen Dienst und ließ ihn seiner nächsten Kundschaft entgegenfahren.
    Der Rest des Tages brachte nur Einsamkeit und Trauer.
    Jetzt hatte ich viel Zeit. Früher musste ich mich zwingen, wenn die Zeiger nach Mitternacht ihren rasenden Lauf aufnahmen, mich ins Bett zu verkriechen, um mich fit in den nächsten Morgen zu schlafen. Jetzt vernahm ich jeden Schlag der Turmuhr und wartete auf den Sonnenaufgang.
    Ich frühstückte, holte die Post und die Zeitung.
    Eine Einladung des Staatsanwalts lag im Kasten. Ich war unschuldig!
    Mich wunderte meine bohrende Unruhe, obwohl ich Opfer eines Komplotts war. Da ich auf der Einladung keinen Termin fand, nahm ich mir vor, beim Gericht anzufragen, und blätterte zuerst die Zeitung durch.
    Kommissar Feenwegen hatte Wort gehalten. Keine Zeile erwähnte unseren verzweifelten Marsch durch das Donnermoor. Ein Foto des Bundeskanzlers und seines Gastes vor dem matten Turm eines U-Bootes, dessen Rumpf einem Walfisch glich, und einige Hinweise auf die Notwendigkeit der Konsultationen waren alles.
    Auf der letzten Seite der Zeitung trauerten die Angehörigen um Tote, die ich nicht kannte, deren Weg ich nie gekreuzt hatte.
    Hastig aß ich Brötchenreste, rauchte eine Zigarette und suchte die Telefonnummer des Staatsanwalts heraus. Noch hatte ich Ferien. Unangenehme Dinge sollten nicht während meiner Erholungszeit meine gelegentliche Schwermut verstärken.
    Die Vorzimmerdame musste nachfragen. Ich sah ihren vertrockneten Blick in Gedanken vor mir.
    »Gut, in zwei Stunden, um elf Uhr können Sie kommen«, sagte sie.
    Hätte ich nur Gregor bei mir, dachte ich und fühlte plötzlich, dass er um mich war. Ich verlor meine Angst. Wie ein Schüler blies ich die Brötchentüte auf, ließ sie mit hartem Faustschlag knallen. Ich war gerüstet!
    Mit Aufräumen, Denken und Warten ließ ich die Zeit an mir vorübergehen. Dann machte ich mich auf den Weg. Die Stadt lebte und sprudelte. Die gebräunten Gesichter der Urlauber, die geschäftigen Menschen auf den vollen Bürgersteigen, die vor der Ampel wartenden und anfahrenden Autos umgaben mich mit Lärm und Leben.
    Umso trostloser und kühler empfing mich der Flur des Gerichtsgebäudes. Ich klopfte an die Tür, fand Einlass, und zu meiner großen Überraschung saßen vor einem kleinen Tisch nicht nur der Staatsanwalt, sondern auch mein Direktor, sein Chef und der leitende Oberregierungsschulrat. Neben diesem saß auch noch der nächst höhere Vorgesetzte, der leitende Oberregierungsschuldirektor, der quasi nur noch dem Regierungspräsidenten unterstand.
    Die geballte Macht des Verwaltungsapparates ließ mich stutzen.
    »Ich bin allein«, sagte ich aufgeregt.
    Der Mann, der mein alleroberster Boss war, dessen Namen ich nicht einmal mehr kannte, wirkte sympathisch. Sein Gesicht erinnerte mich an Hartwig, meinen Freund und Pastor. Mein Direktor sah mich mit verkniffenen Augen an. Sein ihn kontrollierender
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