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Blutvertrag

Blutvertrag

Titel: Blutvertrag
Autoren: D Koontz
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dem Umschlag, stand auf und ging davon.
    Nachdem Tim sich erfolgreich für den Mann mit einem Hund namens Larry ausgegeben und damit der Frau auf dem Foto vorläufig das Leben gerettet hatte, hätte er eigentlich erleichtert sein sollen. Schließlich hätte der Killer gewalttätig reagieren können, wenn er gemerkt hätte, dass er hinters Licht geführt wurde. Von Erleichterung war jedoch keine Rede. Stattdessen hatte Tim einen Kloß im Hals, und sein Herz schien anzuschwellen, bis es die Lunge bedrängte und ihm den Atem nahm.
    Ein kurzer Schwindel überkam ihn, und er fühlte sich, als würde er sich auf seinem Barhocker langsam im Kreis drehen. Wenn das so weiterging, würde ihm bald übel.
    Er begriff, dass er deshalb keine Erleichterung verspürte, weil die Sache noch nicht beendet war. Um seine Zukunft vorherzusehen, brauchte er nicht aus dem Kaffeesatz zu lesen. Dass sie tragisch werden würde, war unverkennbar.
    In seinem Beruf musste Tim nur einen kurzen Blick auf eine Mauer werfen, um das Muster zu benennen, nach dem die Steine aufgeschichtet waren: Läuferverband, Blockverband, Gotischer Verband, Quaderverband, Flämischer Verband … Das Muster des Weges, der vor ihm lag, hieß Chaos. Er konnte nicht wissen, wohin er ihn führte.
    Der Killer ging leichten Schrittes, wie es nur jemand konnte, der nicht von Gewissensbissen geplagt wurde. Im nächsten Augenblick trat er in die Nacht hinaus.
    Tim eilte zur Tür, zog sie vorsichtig einen Spalt breit auf und spähte hinaus.
    Am Lenkrad eines weißen Pkws, der schräg zum Bordstein parkte, saß der lächelnde Mann, halb verborgen von der Windschutzscheibe, in der sich das blaue Neonschild
der Kneipe spiegelte. Er blätterte das Bündel Hundertdollarscheine durch.
    Tim zog sein Handy aus der Brusttasche.
    Der Killer ließ das Fenster der Fahrertür herunter. Er hängte einen Gegenstand an die Scheibe und ließ sie wieder hochfahren, um ihn zu fixieren.
    Ohne den Blick auf sein Handy zu richten, tastete Tim mit dem Daumen nach den Ziffern des Polizeinotrufs. Neun. Eins.
    Der zwischen dem Fensterrahmen und der Scheibe eingeklemmte Gegenstand war ein rotes Blinklicht, das zu blitzen begann, als sich der Wagen rückwärts vom Bordstein entfernte.
    »Ein Cop«, flüsterte Tim und stockte mit dem Daumen auf der Eins.
    Während der Wagen davonfuhr, wagte Tim, aus der Tür zu treten und das Nummernschild am Heck des rasch entschwindenden Fahrzeugs zu lesen.
    Der Beton unter seinen Füßen schien nicht mehr Oberflächenspannung zu besitzen als das Wasser eines Tümpels. Wenn eine Eintagsfliege über eine solche Wasserfläche gleitet, um Vögeln und Fledermäusen zu entgehen, dann wird sie manchmal von einem hungrigen Barsch geschnappt, der aus der Tiefe aufsteigt.

3
    Im goldenen Schein der Drachenlampe sicherte ein einfaches Eisengeländer die Betonstufen. Der Beton war mit einem Überzug versehen worden, als er noch feucht war, weshalb manche Kanten unregelmäßig und manche Stufen so rissig waren wie das Krakelee einer Keramikvase.
    Wie so viele Dinge im Leben verzieh auch Beton nicht den kleinsten Fehler.
    Über die vier rechteckigen Flächen der Lampe wand sich der Kupferdrache vor leuchtend bunten Glasscheiben. Sein Körper glänzte noch, doch an den Kanten bildete sich bereits Grünspan.
    Vom rötlichen Licht übergossen, sah auch die Fliegengittertür aus Aluminium wie Kupfer aus. Die Tür dahinter stand offen und gab den Blick in eine Küche frei, aus der es intensiv nach Zimt und starkem Kaffee duftete.
    Michelle Rooney saß am Tisch. Sie hob den Kopf, als Tim eintrat. »Du bist so leise, dass ich nur gespürt hab, dass du gekommen bist.«
    Behutsam zog er die Gittertür hinter sich zu. »Ich kann mir fast vorstellen, was du damit meinst.«
    »Die Nacht draußen ist still geworden, so wie der Dschungel still wird, wenn ein Mensch hindurchgeht.«
    »Irgendwelche Krokodile hab ich allerdings nicht gesehen«, sagte er. Dann fiel ihm der Mann ein, dem er die zehntausend Dollar gegeben hatte.
    Er setzte sich gegenüber von Michelle an den blassblauen Resopaltisch und betrachtete die Zeichnung, an
der sie arbeitete. Aus seiner Perspektive stand sie auf dem Kopf.
    Aus der Jukebox in der Kneipe unten erklang die gedämpfte, aber dennoch wunderschöne Stimme von Martina McBride.
    Als Tim auf der Zeichnung ein Panorama aus Baumsilhouetten erkannte, fragte er: »Was wird das denn?«
    »Eine Tischlampe. Bronze und Buntglas.«
    »Eines Tages wirst du noch berühmt,
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