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Blutträume

Blutträume

Titel: Blutträume
Autoren: Kay Hooper
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Das unerwartete Rampenlicht, in dem er nach dem Mord an Annie stand, hat diesen Teil in ihm wachgerüttelt. Oder die Kontrolle übernehmen lassen.«
    »Ja.«
    »Und daher hat er sich zurückgezogen, in ein sicheres Versteck.«
    »Vorübergehend. Um sich zu sammeln, nachzudenken, seine Möglichkeiten zu überdenken. Vielleicht auch, um einen Weg zu finden, die Entwicklung seiner Rituale dieser neuen Dynamik anzupassen.«
    »Weil er jetzt weiß, dass er gejagt wird.«
    Bishop nickte.
    LeMott hatte einen Crashkurs über die Psychologie von Serienmördern absolviert, hatte sich trotz Bishops Warnung in die Wissenschaft des Erstellens eines Persönlichkeitsprofils eingearbeitet und runzelte nun die Stirn noch mehr.
    »Auch wenn er seine Grenzen austesten oder nur herausfinden wollte, was nötig ist, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, ist es doch ungewöhnlich, in so kurzer Zeit so viele Menschen zu töten und dann einfach aufzuhören. Wie lange kann er dem Verlangen widerstehen, das ihn treibt?«
    »Nicht lange, hätte ich gesagt.«
    »Doch es war länger als zwei Monate.«
    Bishop schwieg.
    »Aber vielleicht war es gar nicht so«, fuhr LeMott zögernd fort. »Vielleicht ist er nicht nur untergetaucht. Vielleicht hat er sich darauf eingerichtet, sowohl der Gejagte als auch der Jäger zu sein, und seine Vorgehensweise bereits geändert. Ist eine Weile von der Bildfläche verschwunden, das ja, hat die Gegend verlassen und mordet nun anderswo. Mordet anders als zuvor. Hat sein Ritual geändert. Ist es das, was Sie glauben?«
    Mist.
    Bishop wählte seine Worte mit Bedacht. »Die meisten Serienmörder waren Monate, sogar Jahre aktiv, bevor Gesetzeshüter sie als solche identifizierten, daher gab es im Laufe der Zeit mehr Anhaltspunkte, um aktive und nicht aktive Zyklen, Muster und Phasen von Verhaltensweisen aufzulisten. Das fehlt uns bei diesem Bastard. Noch. Sein Vorgehen war zu schnell. Er taucht auf, schlachtet ab und verschwindet wieder in der Hölle, aus der er gekrochen ist. Wir hatten keine Zeit, ihn richtig zu beobachten. Das Einzige, was ihn als Serienmörder auswies, war die unbestreitbare Tatsache, dass die jungen Frauen, die er umbrachte, Schwestern hätten sein können, so ähnlich sahen sie sich.
    Das war alles, was wir hatten und noch immer haben: dass sein Ziel Frauen sind, kleiner als der Durchschnitt, zierlich, beinahe dürr, mit großen Augen und kurzen dunklen Haaren.«
    »Kindlich«, stellte LeMott fest, ohne dass seine Stimme allzu sehr zitterte.
    Bishop nickte.
    »Ich weiß, ich habe Sie das schon gefragt, aber …«
    »Ob ich glaube, er könnte es nun auf Kinder abgesehen haben? Das offizielle Profil sagt, es wäre möglich. Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich. Er tötet wieder und wieder die gleiche Frau, und das ist das Erlebnis, das er jedes Mal haben will. Egal, was er verändert, sie muss immer die Gleiche bleiben.«
    LeMott zog die Stirn kraus. »Aber falls er dabei ist, sein Ritual zu ändern, oder es schon geändert hat, falls er weiß, dass er gejagt wird und so schlau ist, wie Sie meinen, dann muss ihm doch klar sein, nach welchen Gemeinsamkeiten die Polizei bei jedem Mord Ausschau halten wird. Er wird wissen, dass seine Vorgehensweise bekannt und im Computer jeder Polizeibehörde des Landes registriert ist. Können wir es uns weiterhin erlauben, davon auszugehen, dass seine Zielgruppe Frauen sind, die in das Opferschema passen?«
    Der gelassene Gesichtsausdruck und der sachliche, professionelle Ton des Senators konnten Bishop nicht sonderlich überzeugen, im Gegenteil, sie beunruhigten ihn. Wie bei Nitroglyzerin in einem Pappbecher konnte der Augenschein furchtbar trügen.
    LeMott hatte jetzt schon ziemlich lange seine Gefühle unter Kontrolle gehalten, und Bishop war klar, dass sich der aufgestaute Druck früher oder später in einer gewaltigen Explosion Luft machen würde.
    Ein trauernder Vater war schlimm genug. Ein trauernder Vater, der kaum noch etwas zu verlieren hatte, war schlimmer. Aber ein trauernder Vater, der ein mächtiger Senator der Vereinigten Staaten und ehemaliger Staatsanwalt war, mit dem Ruf, hart gegen Verbrecher vorzugehen, und dem unerschütterlichen Glauben, der Gerechtigkeit müsse Genüge getan werden, war etwas noch viel, viel Schlimmeres.
    Bishop sagte jedoch nur: »Er kann nicht ändern, wer er ist, auch wenn er es noch so sehr will. Er wird es versuchen, klar. Entweder versuchen, seine Triebe und Zwänge zu unterdrücken, oder auch nur, sie auf eine
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