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Blutträume

Blutträume

Titel: Blutträume
Autoren: Kay Hooper
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Vorteil. Das ausdrucksvolle Mienenspiel auf Paris’ Gesicht zu beobachten hatte sie gelehrt, ihre eigenen Emotionen zu verbergen.
    Zumindest vor allen anderen, außer vor Paris.
    »Wir haben es uns versprochen«, erinnerte ihre Schwester sie. »Nicht in das Privatleben, die Gedanken und Gefühle der anderen einzudringen. Und es ist uns recht gut gelungen, diese Tür geschlossen zu halten. Aber ich weiß noch, wie man sie öffnet, Dani. Wir wissen es beide.«
    Für eineiige Zwillinge war es natürlich nichts Außergewöhnliches, eine besondere Verbindung zueinander zu haben, doch die Verbindung zwischen Dani und Paris war, wie eine Freundin aus Kindertagen es ausdrückte, »etwas unheimlich«. Es handelte sich um mehr als Nähe, mehr, als die Sätze der anderen zu vervollständigen, sich gleich zu kleiden oder um das beliebte Zwillingsspiel, in die Rolle der anderen zu schlüpfen.
    Dani und Paris hatten sich, vor allem während ihrer frühen Kindheit, eher als zwei Hälften einer Person gefühlt, statt als eigenständige Wesen. Paris war die von Natur aus Heiterere, lachte gerne und machte Späße, war stets gut gelaunt, offen und arglos, die Extrovertierte. Dani war die Ruhigere, beobachtend und still, fast verschlossen. Sie geriet nicht leicht in Wut, fasste aber auch nicht schnell Vertrauen und war wesentlich introvertierter als ihre Schwester.
    Tag und Nacht, hatte ihr Vater sie genannt – und er war nicht der Einzige, der das, was er sah, falsch deutete.
    Dani und Paris war es auch lieber so, und sie vertrauten sich nur gegenseitig die Wahrheit an. Früh schon lernten sie, ihre mentale und emotionale Verbindung zu verbergen oder zu verschleiern, und später fanden sie heraus, wie sie diese »Tür« einrichten konnten, von der Paris gesprochen hatte.
    Dadurch bekamen sie die Privatsphäre, mit ihren Gedanken für sich allein zu sein, etwas, das die meisten nie zu schätzen lernten. Das hatte den Zwillingen schließlich die Möglichkeit eröffnet, ein Leben als eigenständige Wesen zu führen und nicht nur als zwei Hälften eines Ganzen.
    Allerdings vermisste Dani diese frühere Nähe. Sie war zwar nur eine Tür weit entfernt – doch die war in letzter Zeit meist geschlossen geblieben, da die Zwillinge inzwischen Anfang dreißig waren und sehr unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen hatten.
    Dani nickte bedächtig. »Okay. Das mit dem Traum begann vor ein paar Monaten, im Sommer. Als die Tochter des Senators von diesem Serienmörder in Boston ermordet wurde.«
    »Den sie noch immer nicht gefasst haben.«
    »Ja.«
    Paris runzelte die Stirn. »Ich sehe da keinen Zusammenhang.«
    »Ich dachte ja auch, dass es keinen gäbe. Keinerlei Verbindung zwischen mir und diesen Morden, nicht zu den Opfern und zu keinem der ermittelnden Beamten. Und ich habe doch nie Visionen, die nicht mit mir oder den Menschen in meinem Leben verknüpft wären. Deshalb hielt ich den Traum anfangs auch nicht für eine Vorahnung.«
    Ohne auf dieses Eingeständnis weiter einzugehen, sagte ihre Schwester: »Bis sich etwas änderte. Was?«
    »Ich habe Nachrichten gesehen. Der FBI-Agent, der die Ermittlungen in Boston leitet, ist der Mann in meinem Traum. Bishop.«
    »Ich begreife immer noch nicht.«
    »Seine Frau ist Miranda Bishop.«
    Paris richtete sich mit einem Ruck auf. »Ach, du meine Güte. Sie war es doch, die uns von Haven erzählt hat.«
    »Tja.« Das war in Atlanta gewesen, vor fast eineinhalb Jahren. Paris und ihr Mann waren nur noch einen Krach weit von der endgültigen Trennung entfernt gewesen, und Dani hatte gerade ihren Job gekündigt und noch nichts Neues. Beide waren nicht daran interessiert, FBI-Agentin zu werden, und wollten auch nicht der Special Crimes Unit beitreten, von der ihnen Miranda Bishop erzählt hatte. Sie wollten keine Waffe tragen, wollten keine Polizistinnen sein. Aber für Haven, eine privat geführte, zivile Organisation von Ermittlern mit einzigartigen Fähigkeiten zu arbeiten – das hatte interessant geklungen.
    Gedankenverloren sagte Paris: »Das war das Tüpfelchen auf dem i für Danny, wie du weißt. Als ich meine Fähigkeiten nutzen wollte, als ich einen Job bekam, bei dem sie wirklich gefragt waren. Ich hab doch gesehen, wie sauer er war. Wie konnte ich mit jemandem zusammen bleiben, der eine solche Einstellung zu einem Teil von mir hat?«
    »Ja, ich weiß. Kenne ich. Die meisten Typen, die ich kennengelernt habe, konnten nicht mit der Tatsache umgehen, dass ich ein eineiiger Zwilling bin, und
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