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Ein Mann für alle Fälle

Ein Mann für alle Fälle

Titel: Ein Mann für alle Fälle
Autoren: Jennifer Crusie
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1. KAPITEL
    M ae Sullivan ließ stirnrunzelnd den Blick an dem alten, rußgeschwärzten Bürogebäude hochwandern und verlagerte ihr Gewicht. Ihre Füße schmerzten höllisch, und sie hatte den Verdacht, dass sie sich in diesen verflixten hochhackigen Pumps mindestens an einem Fuß bereits eine Blase eingehandelt hatte. Sie blickte sich um und schätzte ihre Chance, überfallen zu werden, nur geringfügig höher ein als die, dass das Gebäude im nächsten Moment zusammenstürzen könnte. Wer in einer solchen Gegend in einem solchen Haus arbeitete, konnte nur ein Versager sein.
    Das traf sich gut.
    Sie schien genau den Trottel gefunden zu haben, nach dem sie gesucht hatte: Mitchell Peatwick, Privatdetektiv.
    Zuerst war ihr nicht so recht klar gewesen, wie sie es am besten anstellen könnte. Wie findet man einen möglichst unfähigen Schnüffler? Gar nicht so einfach. Also hatte sie sich die Gelben Seiten des Telefonbuchs von Riverbend geschnappt, war die Spalte „Detekteien“ von A bis Z durchgegangen und hatte sie erst einmal nach Anzeigengröße und Wohngegend durchgesiebt. Daraus ließ sich schon einiges schließen. Alle teuren, auffälligen Anzeigen beschloss sie von vornherein ad acta zu legen, um anschließend die kleinen abzuklappern, bis ihr die Füße wehtaten.
    Und hier war sie nun. Mitchell Peatwick - sie sah ihn bereits vor sich, wie er in seinem Bürosessel hing, fett, kahlköpfig und mit hängender Kinnlade.
    Er würde sie gönnerhaft und von oben herab behandeln, weil sie eine Frau war. Und sie würde auf ihm spielen wie auf einem Piano. Alles, was sie zu tun hatte, war, ihn davon zu überzeugen, dass es sich bei dem Fall, auf den sie ihn ansetzen wollte, wirklich um Mord handelte.
    Sie holte tief Luft und zuckte zusammen, weil ihr der Bund des um mindestens zwei Nummern zu engen pinkfarbenen Rocks, den sie sich von June ausgeborgt hatte, in die Taille schnitt. Dann zog sie den Schleier ihres Huts über die Augen, schritt mit aller Grazie, die sie trotz ihrer schmerzenden Füße noch aufbringen konnte, auf die Eingangstür zu, in deren zerbrochenen Scheiben ihr ihr Spiegelbild entgegenkam.
    Wirklich amüsant, was Kleider bewirken konnten.
    Der lächerliche pinkfarbene Schleier verwandelte sie in die reinste Sexbombe.
    Nun, vorausgesetzt, sie schaffte es tatsächlich dieses verdammte Gespräch hinter sich zu bringen, ohne dass sie der Bund von Junes Rock in zwei Teile zerschnitt und Junes Stilettos sie für den Rest ihres Lebens hinken ließen, dann war das ein erster Schritt in die richtige Richtung hin zur Lösung all ihrer Probleme.
    Bitte, lieber Gott, lass Mitchell Peatwick beschränkt wie ein Ackergaul sein, und mach, dass er eine Schwäche für Frauen in hautengen Kostümen hat, betete sie, während sie mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen die Treppen emporstieg.
    Das Fenster hinter Mitch stand sperrangelweit offen, und der Deckenventilator summte leise, doch der Abkühlungseffekt war gleich null. Mitch, der die Beine bequem auf seinen ramponierten Schreibtisch gelegt hatte, war überzeugt davon, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, bis er einem Hitzschlag erliegen würde. Am besten nicht mal den kleinen Finger rühren, dachte er, während er sich, die Ärmel hochgekrempelt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt, vorsichtig zurücklehnte, die Augen schloss und sich seelisch darauf vorbereitete, gleich dahinzuschmelzen wie Butter in der Sonne.
    Um sich zu bewegen, war er ohnehin viel zu deprimiert. Er sann darüber nach, was er sich vorgenommen hatte und was schließlich daraus geworden war. Zwischen beidem bestand ein himmelweiter Unterschied. Wunschvorstellungen waren eine lausige Vorbereitung auf die Wirklichkeit, deshalb hatte er beschlossen, sie nun ein für alle Mal zu begraben. Träume in die Realität umsetzen zu wollen, zahlte sich nicht aus, es war kindisch und unproduktiv. Und wenn man merkte, dass es nicht klappte, zog es einen nur runter. Die Wirklichkeit holte einen meist schneller ein, als einem lieb war.
    Aufgrund einer Wette, die er während eines feuchtfröhlichen Abends mit einem Freund abgeschlossen hatte, hatte er sich schon als Privatdetektiv gesehen, als einsamen Wolf - der Sam Spade der Neunziger jähre - das Böse in der Welt bekämpfend und der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfend. Dafür war er bereit gewesen, seinen einträglichen Job als Börsenmakler ein Jahr lang an den Nagel zu hängen.
    Und was war dabei herausgekommen? Jämmerlich wenig. Er
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