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Blutträume

Blutträume

Titel: Blutträume
Autoren: Kay Hooper
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ganze Land blickt, wäre von seinem Gesichtspunkt aus nicht der beste Schachzug.«
    »Ich könnte …«
    »Mir wäre lieber, wenn nicht. Dass wir auf Ihren Einfluss irgendwann angewiesen sind, ist gut möglich, ihn jedoch jetzt nützen, würde uns – oder der Ermittlung – sicher nicht helfen.«
    LeMott nickte bedächtig. »In dieser Hinsicht muss ich mich ganz auf Ihr Urteilsvermögen verlassen.«
    Ob es Ihnen gefällt oder nicht. »Danke.«
    »Doch wieso sollte der Direktor etwas dagegen einzuwenden haben, ein paar Ihrer Leute durch weniger spezialisierte Agenten zu ersetzen?«
    »Er sieht darin keinen großen Unterschied.«
    »Ach. Das ist also der springende Punkt. Er glaubt nicht an paragnostische Fähigkeiten.«
    »Nein. Tut er nicht.« Mit einem weiteren kleinen Schulterzucken fügte Bishop hinzu: »Wir haben schon mal eine Wachablösung überstanden. Wir werden es auch wieder überstehen. Unsere Erfolgsbilanz lässt sich nicht so leicht vom Tisch wischen, was auch immer der Direktor von unseren Methoden halten mag. Doch einstweilen …«
    »Haben Sie Befehle zu befolgen.«
    »Wenn ich will, dass die SCU weiter besteht, dann ja. Vorläufig. Zumindest offiziell.«
    »Und inoffiziell?«
    Trotz einer Vielzahl von Gründen, die dagegen sprachen, rang sich Bishop zu einer Antwort durch. »Inoffiziell gibt es Haven.«

2
    Da die Klinge des Teppichmessers neu und scharf war, ließ er große Vorsicht walten, als er die Figur des Mädchens aus dem Foto schnitt.
    Sie war hübsch.
    Sie war immer hübsch.
    Ihre Rundungen gefielen ihm. Das war auch einer der Gründe, warum er die Figuren mit so viel Sorgfalt aus den Fotos und Zeitungen schnitt, weil sein Messer dabei langsam – ganz langsam – ihre Formen liebkosen konnte.
    Sogar ihr Gesicht schnitt er mit Bedacht aus, obwohl die Bögen von Nase, Kinn und Kiefer in seinem Inneren kaum eine Reaktion auslösten.
    Ihre Kehle aber schon. Die zarte, sanfte Wölbung ihrer Brüste, diese sachte Andeutung von Weiblichkeit. Der leichte Schwung der Hüften. Dort verharrte sein Messer gerne.
    Manchmal scannte er die Bilder in seinen Computer ein, um sie entsprechend seiner Fantasie bearbeiten zu können. Er konnte bekleidetes Fleisch durch nacktes ersetzen, konnte jede Art von Frisur in die jungenhaft dunkelhaarige abändern, die sie fast immer trug. Er konnte sie jede Pose einnehmen lassen, die ihm gefiel, und verrückte Sachen mit Farbe und Struktur anstellen. Er hatte sich Autopsiefotos besorgt und den Kopf der aufgebahrten Leichen, deren offengelegte Organe im klinisch kalten Licht glänzten, durch ihren ersetzt.
    Doch all das, hatte er festgestellt, verschaffte ihm nicht genug Befriedigung.
    Es war irgendwie … zu unpersönlich.
    Vielleicht war das der Grund. Oder es war vielleicht etwas anderes.
    Eines war zumindest klar – der Computer war zwar ein nützliches Rechercheinstrument, hatte sich aber als nutzlos erwiesen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen.
    Doch die Fotos …
    Noch ein Schnitt, und er hob sie behutsam heraus. Ein unbemerkt aufgenommenes Bild, wie sie gerade aus dem Drugstore kam, mit Einkaufstüten beladen, ihr Gesichtsausdruck konzentriert.
    Der Tag war warm, obwohl schon Oktober war, und sie trug einen leichten Sommerrock, ein ärmelloses Oberteil und Sandalen.
    Er nahm an, dass ihre Zehennägel lackiert waren. In kräftigem Rot, oder vielleicht leuchtendem Pink. Er war sich dessen fast sicher, auch wenn das Foto diese erfreuliche Vorstellung nicht bestätigte.
    Einen Augenblick lang hielt er das ausgeschnittene Bild in der hohlen Hand, um sich daran zu erfreuen. Sein Daumen strich sanft über das glänzende Papier, fuhr den Schwung ihres Rockes nach und den der nackten Schenkel darunter.
    Er betrachtete jedes Detail aufs Genaueste, prägte es sich ein.
    Dann schloss er die Augen.
    Und berührte sie in seinen Gedanken.
    Weiche Haut. Warm. Beinahe summend vor Leben.
    Die Klinge in seiner anderen Hand war kalt.
    Seine Lippen öffneten sich, sein Atem wurde schneller.
    Weiche Haut. Warm. Dann ein Ruck. Aus dem Summen wurde der Urschrei des Entsetzens und des Schmerzes, der Flammen durch seinen Körper jagte.
    Weiche Haut. Nass. Glitschig.
    Rot.
    Er schmierte das Rot über ihre zuckende Brust. Sah es im Licht glänzen, als sie sich bewegte. Hörte das stöhnende Grunzen, die urtümlichen Laute des Todeskampfes. Sie dröhnten in seinen Ohren wie Rotorflügel, wie Herzschlag, wie sein eigener, immer schneller werdender Puls.
    Die Flammen in seinem Körper
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