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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Burke
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spitzten die Ohren und wollten hinaus, um zu sehen, ob sie ihm ein paar Leckereien abluchsen konnten. Aufgrund seiner mangelnden Standhaftigkeit wurden unsere Haustiere langsam dick.
    Wir reckten uns, standen auf und zogen uns rasch an. Ich verkniff mir einen letzten Blick aufs Bett, obwohl ich unweigerlich daran denken musste, wie viel länger diese faulen Momente an anderen Sonntagen gedauert hätten. Schließlich tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass wir bestimmt nicht die einzigen Menschen auf der Welt waren, die am Wochenende früh aufstehen mussten.

9. KAPITEL
     
    SONNTAG, 23. APRIL, 08:15 UHR STRAFVOLLZUGSANSTALT TEHACHAPI, KALIFORNIEN
     
    Caleb saß wartend an einem Tisch des Besucherzentrums für Häftlinge. Er war an diesem Morgen um vier Uhr aufgewacht, aufgrund des Regens ein bisschen früher als an anderen Sonntagen. Die Fahrt von Las Piernas nach Tehachapi dauerte nur gut zweieinhalb Stunden, wenn alles glattlief. Da Los Angeles zwischen Las Piernas und der Haftanstalt lag, lief nie alles glatt. Wenn er nicht in einen Stau geriet, dann kam eine Baustelle. Bei Regen dauerte die Fahrt außerdem immer länger.
    Trotzdem war es die mit Abstand am günstigsten gelegene Haftanstalt, in der Mason bisher eingesessen hatte. In den ersten Wochen, als das CDCR – die kalifornische Strafvollzugsund-Resozialisierungs-Behörde – noch überlegte, wo Mason inhaftiert werden sollte, war er in einem der euphemistisch als »Aufnahmezentren« titulierten Gefängnisse in der Wüste östlich von San Diego gewesen. Anschließend hatte man ihn nach Susanville verlegt, ins High Desert State Prison, eine Einrichtung der Sicherheitsstufe IV, die von einem tödlichen Elektrozaun umgeben und vor allem für Häftlinge bestimmt war, die zu lebenslänglich ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung verurteilt waren.
    Lebenslänglich ohne Aussicht. Caleb versuchte diesen Satz aus seinem Kopf zu verdrängen.
    Susanville lag mit dem Auto zehn Stunden nördlich von Las Piernas. Die Strafvollzugsbehörde erklärte sich bestrebt, die Häftlinge in Einrichtungen in der Nähe ihrer Angehörigen unterzubringen; da allerdings die Hälfte der Gefängnisinsassen aus der Region Los Angeles stammte und es im Los Angeles County nur ein Gefängnis gab, musste man irgendwo Abstriche machen.
    Ein Jahr lang hatten Caleb und seine Mutter jedes Wochenende die lange Fahrt auf sich genommen. Im zweiten Jahr hatte Großmutter Delacroix, die mittlerweile verwitwet war und einen Sinneswandel gegenüber Mason vollzogen hatte, sich im Kampf darum, Mason näher nach Las Piernas verlegen zu lassen, an die Seite von Onkel Nelson (der Calebs Mutter beeindrucken wollte) gestellt. Großmutter wurde zu einer überzeugten Fürsprecherin Masons. Zu ihr gesellten sich zahlreiche von Onkel Nelson animierte Fletchers, was sich letztlich als hilfreich erwies. Mason wurde nach Tehachapi verlegt, die offizielle kalifornische Strafvollzugsanstalt.
    Tehachapi war überbelegt wie alle kalifornischen Gefängnisse. Über fünftausend Insassen lebten in einer Haftanstalt, die für etwa halb so viele gebaut worden war. Da sich Mason ein weiteres Mal an neue Mithäftlinge gewöhnen musste, hatte Caleb anfänglich gefürchtet, dass sie ihm damit keinen Gefallen getan hatten. Doch falls es neue Probleme gab, so erwähnte Mason sie zumindest nie.
    Besuch durften die Insassen der meisten Staatsgefängnisse nur samstags und sonntags sowie an fünf Feiertagen bekommen: Neujahr, Nationalfeiertag, Labor Day, Thanksgiving und erster Weihnachtstag. In Tehachapi galten an diesen Tagen Besuchszeiten von 7:45 bis 14:45 Uhr, und meistens nutzte Caleb die Zeit voll aus. Wenn an einem Tag besonders viele Besucher kamen, mussten die ersten Besucher manchmal etwas früher gehen, damit die nächste Gruppe nachrücken konnte. Meist musste Caleb aber lediglich an Vatertag, Ostersonntag und ähnlichen Feiertagen aus diesem Grund seinen Besuch abkürzen.
    Im Einklang mit den Vorschriften für Besucher hatte er darauf geachtet, sich ordentlich und konservativ zu kleiden. Kleidungsstücke, die jenen der Häftlinge ähnelten, also Hemden aus blauem Jeansstoff oder Chambray, waren ebenso verboten wie Sachen, die jenen von Polizeibeamten oder Militärangehörigen ähnelten, Regenkleidung eingeschlossen. Es hatte geregnet, als Caleb an diesem Sonntag vor Morgengrauen aufgewacht war, doch mittlerweile wusste er genau, was er im Gefängnis anhaben durfte, und machte nicht den Fehler, einen Regenumhang zu
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