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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer
Autoren: Silvia Kaffke
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Büro.
    Sie hatte Olga Janicek in Ruhrort abgesetzt, da fiel ihr Jakubians Frage nach Thomas wieder ein. Sie musste sich wirklich bei ihm melden. Aber zu Hause war er anscheinend nicht. Sie versuchte sein Handy zu erreichen, doch es war abgeschaltet. Ein Moment lang überlegte sie, ob sie vielleicht doch nach Kaiserswerth fahren sollte, aber dann entschied sie sich für Rheinhausen. Sie konnte ihn ja immer noch später am Abend anrufen.
    Als sie in Heinz’ Straße bog, sah sie gleich den schwarzen Mercedes CLK vor der Tür des kleinen Bergmannshäuschens: Thomas.
    Heinz kam ihr entgegen, als er den Schlüssel in der Tür hörte.
    »Ich weiß schon«, sagte sie.
    Thomas saß im Wohnzimmer.
    »Ich lasse euch allein«, sagte Heinz und verließ das Zimmer.
    »Hallo«, sagte Barbara, blieb in der Tür stehen. Thomas wirkte wie ein Fremdkörper in Heinz’ biederem Wohnzimmer. Nicht dass irgendetwas sichtbar extravagant an ihm gewesen wäre. Aber er verkörperte in seiner schlichten Kleidung in unvermeidlichem Schwarz so viel Stil und Lässigkeit, dass wirklich niemand auf die Idee hätte kommen können, er gehöre hierher.
    Sie betrachtete ihren Mann. Er war immer schmal und ein bisschen hager gewesen, aber durch den Sport strahlte er Kraft und Zähigkeit aus. Die grauen Haare, die scharfen Gesichtszüge mit dem dunklen Bartschatten und seine faszinierenden, hellbraunen Augen – ja, Thomas sah wirklich gut aus. In solch einen Professor konnte sich eine Studentin schon verlieben.
    In diesem kurzen Moment an der Tür überlegte sie, warum sie sich in ihn verliebt hatte, damals vor fast acht Jahren. Denn es war nicht sein Aussehen gewesen, nicht seine Stimme, nicht die wenigen, pointierten Sätze, wenn er überhaupt sprach. Sein Lächeln vielleicht, in dem sich oft Ironie mit Wärme mischte. Aber wieder landete sie beim Wesentlichen: Er war langsam und fast klammheimlich zu ihrem Zuhause geworden. Nicht die Pempelforter Wohnung und schon gar nicht die Villa waren ihr Zuhause. Er war es. Und plötzlich fühlte sie sich wieder heimatlos, wie schon öfter zuvor – wie die meiste Zeit in ihrem Leben, ehe er kam.
    »Willst du dich setzen?«
    Sie kam herein und setzte sich ihm direkt gegenüber auf einen der bulligen Sessel.
    »Ich hatte eigentlich gedacht, zwischen uns sei alles weitgehend geklärt«, begann Thomas. Die Frage, warum sie hier schlief und nicht bei ihm war, sprach er gar nicht aus.
    Barbara versuchte zu spüren, was er von ihr hören wollte. Aber sie fühlte auch, dass sie ihm genau das nicht sagen konnte. »Thomas, ich war eine ganze Weile weg. Und gestern … Es ist mir sehr schwer gefallen, mit dir in der Villa zu sein. Es tut mir Leid. Ich hätte mich melden müssen. Ich habe es sogar getan. Spät zwar, aber …« Sie brach ab. Ihre Entschuldigungen klangen wirklich lächerlich. »Der Fall steht kurz vor der Aufklärung. Ich habe im Moment nicht den Kopf für Diskussionen.«
    »Ich habe es satt.« Er sagte das ruhig und leise, wie es seine Art war. »Ich habe immer Rücksicht auf dich, deinen Job und deine Fälle genommen. Jetzt ist es genug. Ich will mit dir darüber reden, wie es mit uns weitergeht.«
    »Das ist so schwer.« Barbara kannte ihn lange genug. Es war ihm ernst damit. Es dauerte eine Weile, bis sie fortfuhr. Und sie wollte unbedingt ehrlich zu ihm sein. »Thomas, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich habe einfach keine Zeit gehabt, in Ruhe darüber nachzudenken.«
    »Und ich kann dir keine Zeit mehr geben.« Er sah auf den Boden. »Wenn es noch stimmen würde zwischen uns, dann würdest du nicht überlegen. Dann hättest Du nicht wieder hier bei Heinz übernachtet, sondern wärst nach Hause gekommen letzte Nacht.«
    Barbara seufzte. »Ich hatte gerade eine fast tödlich verletzte, blutüberströmte Frau im IHZ-Park gesehen …«
    »Nein, Barbara. Schieb nicht den Job vor. Du wolltest mich in meiner Trauer um Katharina nicht mehr sehen an diesem Tag.«
    »Ist das nicht verständlich? Ist es verdammt noch mal nicht nachzuvollziehen, dass ich diese Trauer nicht ertragen kann?« Sie hielt seinem Blick stand. »Ich habe mich den ganzen Tag bei dir in der Villa herumgequält, ich wollte mich ja um dich kümmern, aber du hast mich doch kaum beachtet. Warum soll ich denn überhaupt da sein?«
    »Weil …« Er stockte. »Ich dachte, man ist füreinander da, wenn man sich liebt.«
    Das traf. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und sie sprach ihn unmittelbar aus: »Wenn du mich
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