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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Autoren: Stephen Baxter
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A.D. 5664

    Der Geister-Kreuzer stand zwischen Erde und Mond.
    Das Schiff hatte annähernd die Form eines Eies und war aus versilberten Strängen geflochten. Instrumententräger und Energiekapseln waren an den Wänden vertäut. Um mich herum klammerten Geister sich ans Seil wie Tarzan an die Liane.
    Die blaue Sichel der Erde schimmerte über pulsierenden konvexen Oberflächen.
    Die Erde verschwand.
    Wir machten einen gewaltigen Sprung durch den Hyperraum und tauchten ein paar tausend Lichtjahre vom Ausgangspunkt entfernt in den Normalraum ein. In einer Abfolge weiter Sprünge näherten wir uns dem Rand der Galaxis.
    Wir stürzten schräg der Ebene der Galaxis entgegen. Der Tausende von Lichtjahren durchmessende Kern hing wie ein Kandelaber aus rosig-weißem Licht über meinem Kopf. Wolkige Spiralarme zogen in gemächlichem Fluss über mich hinweg. Ich sah, dass die Arme mit Gasblasen besetzt waren, die wie schillernde Seifenblasen anmuteten.
    Galaktisches Licht strich über die Astralleiber der Geister und über meinen Körper.

    Wir erreichten die Geisterbasis – fern der Heimat im Halo der Galaxis.
    Es war eine typische Geisterkonstruktion: Ein entkernter Mond, eine tausend Meilen durchmessende Gesteinskugel, die von Korridoren und Hohlräumen durchzogen wurde. Das Heim der Geister hing unter der weiten Decke der Galaxis und wurde als einziges Objekt nicht nur als Schliere aus Licht abgebildet.
    Wir gingen in den Landeanflug. Der Mond verwandelte sich in eine komplexe maschinelle Landschaft unter mir. Das Schiff schaltete den Antrieb ab und ging in einen hohen elliptischen Orbit. Die Geister lösten sich vom Schiff und schwebten zur Oberfläche hinunter. Sie glichen leuchtenden Ballons im Licht der Galaxis.
    Ich stieß mich vom Schiff ab und entfernte mich von der weidenkorbartigen Hülle.
    Geisterschiffe und wissenschaftliche Plattformen jagten als Bruchstücke aus schimmerndem Geflecht über die pockennarbige Landschaft. Aus der Oberfläche sprossen große zylindrische Strukturen. Das waren Intrasystem-Triebwerke und Hyperantriebe, die den Mond – mit enormem Aufwand – aus der Ebene der Galaxis geschleppt und hier verankert hatten.
    Ich erkannte dort unten Quagma: Kleine Taschen des urzeitlichen Zeugs, die im Boden uralter planetesimaler Krater vergraben waren. Dann waren meine Informationen also richtig.
    Was, zum Teufel, hatten die Geister hier draußen verloren?
    * * *
    Die Welt der Silber-Geister war einst erdähnlich gewesen: Ein blauer Himmel und eine gelbe Sonne.
    Während die Geister dem Bewusstsein entgegenstrebten, wurde die Sonne ihres Doppelsterns durch die Kollision mit dem Begleiter, einem Pulsar vernichtet. Als die Atmosphäre in Form von Schnee ausgefällt wurde, erschufen die Geister sich neu.
    Diese leidvolle Erfahrung prägte die Geister. Sie wurden zu entschlossenen und geheimnisvollen, rücksichtslosen und – gefährlichen Wesen.
    Sie zogen ins All hinaus – in die Wärmesenke –, um ihre Ambitionen zu verwirklichen.
    Man hatte mir gesagt, die Geister stünden kurz vor der Vollendung ihres neuen Quagma-Projekts. Ich war Leitender Direktor des Geister-Verbindungsbüros und repräsentierte in dieser Eigenschaft den größten Teil der Menschheit. Es war meine Aufgabe, uns vor unlauteren Machenschaften der Geister zu schützen.
    Um diesen Auftrag auszuführen, wurde ich vor zehn Jahren umgeformt.
    Ich sehe aus wie eine versilberte oder verchromte Statue eines Menschen. Mir wurden die Kräfte eines Herkules verliehen. Das Gehirn sitzt nicht mehr hinter den Augen, sondern im Brustkorb. Ich fühle mich wie ein Tiefseefisch: Blind und fast unbeweglich stecke ich hier im Dunkeln. Die mechanischen Augen befinden sich wie Periskope hoch über ›mir‹.
    Ich lebe von Sternenlicht und vermag für ein paar Tage im Vakuum zu überleben, während mein sechsundsiebzig Jahre alter menschlicher Kern – ich – in Wärme und Dunkelheit geborgen ist. Ich habe einen Geister-Doktor, der mich zweimal im Jahr öffnet und säubert.
    Ich habe ein stilisiertes Gesicht mit Augen, Nase und Mund. Es ist dem ursprünglichen Gesicht nur unvollkommen nachgebildet; das macht aber nichts, denn es hat keine praktische, nur eine psychologische Funktion.
    Ich vermag mit den Geistern zu tanzen. Ich vermag frei im All zu fliegen, wenn ich will. Aber ich mache kaum Gebrauch davon. Wenn ich nicht mit den Geistern verhandle, verbringe ich die meiste Zeit in Virtuellen Umgebungen.
    Meine körperliche Gestalt spielt also kaum
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