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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen
Autoren: T Weaver
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Nacht zu flüchten.
    Pling. Pling. Pling.
    Jemand schrie auf. Eine Frau.
    Die Sanitäterin.
    Pling.
    Dicht neben mir stürzte jemand ins Gras. Dann bellten die Hunde. Ich wusste nicht, wer noch unverletzt und wer bereits tot war. Als die MP5 eine Salve abfeuerte, explodierten kurz Lichtpunkte über dem Pfad und erleuchteten ihn. Ich konnte sehen, dass Crane, umgeben von Leichen, flach auf dem Boden lag. Daneben waren Taschenlampen verstreut  – eine zeigte weg vom Pfad, die andere in den Wald, wo die beiden Männer lauerten.
    Und rechts, am Rande des Lichtkegels: eine Gestalt.
    Der Mann kauerte hinter einem Baumstamm und wechselte das Magazin. Der Scharfschütze würde ihn dort nicht treffen können. Er würde ihn nicht einmal bemerken.
    Ganz im Gegensatz zu mir.
    Langsam hob ich die MP5 an die Schulter und stützte den Kolben gegen den Körper. Dann krümmte ich den Finger um
den Abzug. Eine ölige Dunkelheit, so undurchdringlich wie im Inneren eines Grabes, hüllte mich ein. Wenn ich abdrückte, würde ich mich verraten. Also durfte ich keinen Fehler machen.
    Ziel anvisieren.
    Konzentrieren.
    Ich dachte an meinen Dad, der mir das Schießen beigebracht hatte. Daran, wie ich als Jugendlicher mit ihm durch den Wald hinter unserer Farm gelaufen war und mit einer nachgebauten Beretta auf die von ihm aufgestellten Ziele gefeuert hatte.
    Konzentrier dich.
    Ich betätigte den Abzug.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Er hallte über den Pfad, nur wenige Sekunden, nachdem die Kugel das Gesicht des Mannes quer durchschlagen hatte. Am Rande des Lichtkegels konnte ich etwas Rotes aufblitzen sehen. Im nächsten Moment fiel er um. Er kippte zur Seite, sodass er halb im Wald und halb auf dem Pfad lag.
    Ich sprang auf und rannte los.
    Pling. Pling.
    Kugeln schlugen hinter mir ein. Ich prallte mit der Schulter gegen einen Baumstamm, den ich übersehen hatte, weil ich mich immer weiter von den beiden Taschenlampen auf dem Pfad entfernte. Beim Zusammenstoß mit einem zweiten Baum hätte ich mir fast selbst ein K. o. verpasst. Ich stürzte ins Gebüsch.
    Stille.
    Kein Laut. Nur das sanfte Plätschern des Regens in den Baumkronen. Meine Gedanken überschlugen sich. Hatte man die Schüsse bis auf die Straße gehört? Wie lange würde es dauern, uns Verstärkung zu schicken? Wir hatten für den Fußmarsch eine halbe Stunde gebraucht. Also würde es im Laufschritt vermutlich halb so lange dauern. Als ich mich
umdrehte, knirschten Gras und abgeknickte Zweige unter mir.
    Auf der anderen Seite der Baumgrenze, in etwa zehn Metern Entfernung und schräg rechts von mir, lag ein toter Constable. Die Taschenlampe, dicht an seinem Gesicht, war auf ihn gerichtet und ließ seine Haut rot und das Blut an seinem Mund noch röter wirken. Dahinter, ein Stück den Pfad hinauf, erkannte ich die Überreste der Kiste als verschwommenen Umriss in der Nacht. Daneben bemerkte ich einen weiteren toten Constable. Hinter mir presste sich Crane noch immer an den Boden. Da er sich nicht von der Stelle gerührt hatte, war der zweite Scharfschütze offenbar noch am Leben  – oder der übrig gebliebene Angreifer hatte noch keine Entwarnung gegeben. Denn in diesem Fall wäre Crane einfach aufgestanden und davonspaziert.
    Bewegung.
    Und zwar im Wald auf der anderen Seite des Pfades. Angestrengt spähte ich in die Finsternis. Nichts. Nur die Bäume und dahinter Schwarz.
    Doch da war es wieder.
    Eindeutig eine Bewegung.
    Im nächsten Moment wurden aus der Richtung, wo die Kiste stand, einige Schüsse abgegeben. Das Mündungsfeuer erleuchtete die gesamte Umgebung: Die Leichen auf dem Pfad. Jill, an den Baum gefesselt. Und  – ein Stück hinter mir  – Crane, auf dem Pfad liegend. Der Scharfschütze hatte die MP5 auf die Schulter gestützt und nahm die Stelle unter Beschuss, wo ich die Bewegung gesehen hatte. Sein Ziel war der zweite Angreifer, der sich, mir zugewandt, hinter einem Baum versteckte.
    Wir betrachteten einander.
    Und seine Waffe war auf mich gerichtet.
    Ich duckte mich  – fast zu spät  –, als zwei Schüsse über den
Pfad peitschten und den Baum hinter mir trafen. Sie verfehlten mich nur um wenige Zentimeter. Kurz konnte ich durch das Gebüsch einen Blick auf den Mann erhaschen. Dann war er fort. Der Scharfschütze hatte das Feuer eingestellt.
    Es war stockfinster im Todeswald.
    Das einzige Geräusch stammte von dem Regen.
    Ganz vorsichtig setzte ich mich auf und robbte so schnell und lautlos wie möglich durchs Unterholz. Nach etwa drei
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