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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen
Autoren: T Weaver
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ist Jill, Sie mieses Stück Scheiße?«
    »Es ist nicht mehr weit.«
    »Das haben Sie schon vor einem halben Kilometer behauptet.«
    »Diesmal meine ich es ernst.«
    Der Regen prasselte auf das Blätterdach. Als wir über die zweite verrostete Bahntrasse stiegen, frischte auch der Wind auf. Er wehte von rechts. Das Gras schwankte. Etwa eine Minute später glitt der Lichtkegel einer Taschenlampe über einen zerwühlten und zertrampelten Grasflecken am Fuße einer Platane. Ein Teil der Grasnarbe hatte sich vom Boden gelöst und erzeugte ein leises Seufzen, das an eine menschliche Stimme erinnerte. Ich stellte fest, dass einige Mitglieder des Suchtrupps die Taschenlampen darauf richteten, als glaubten sie, jemand habe gesprochen. Doch es lag nur an diesem Ort. Den vergrabenen Geheimnissen. Den zerstörten Leben.
    Im nächsten Moment erleuchtete eine der Taschenlampen einen Umriss, etwa zwanzig Meter entfernt von uns.
    Der Lichtstrahl glitt daran entlang. Es war eine der Kisten aus dem Versteck. Eins fünfzig mal eins fünfzig. An der Seite eine kyrillische Aufschrift. Sie stand ganz allein auf einer ovalen Lichtung am Rand des Pfades, wo der Wald eine kleine Lücke freigab. Wir blieben stehen.
    »Was ist das?«, fragte Phillips.
    »Das« , erwiderte Crane, »ist Jill.«

74
    Alle starrten auf die Kiste. Offenbar brauchten sie eine Weile, um zu begreifen, dass wir tatsächlich am Ziel unserer Suche angelangt waren. Dann begann Phillips, Anweisungen zu geben.
Er wies einen der Scharfschützen, einen Hundeführer, zwei Uniformierte mit Taschenlampen und die Sanitäterin an, ihn zu begleiten. Hart folgte ihnen. Wir anderen verharrten an Ort und Stelle.
    Ich warf einen Blick auf Crane und trat einen Schritt auf ihn zu, nur für den Fall, dass er versuchen sollte zu fliehen. Dabei spürte ich, wie Furcht sich in meiner Brust ausbreitete. Warum hast du uns hierhergeschleppt, du Mörder, du Schwein? Inzwischen stand er beinahe neben mir und beobachtete die Szene. Um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln.
    Nur, dass er gar nicht die Szene beobachtete.
    Als ich noch einen Schritt vorwärts machte, stellte ich fest, dass sein Körper zwar in Richtung Kiste zeigte, seine Augen jedoch den Wald rechts von uns fixierten. Ich folgte seinem Blick. Die Dunkelheit war undurchdringlich. Der Dämmerschein einer Taschenlampe beleuchtete die unmittelbare Umgebung des Waldrandes. Dahinter war nichts zu erkennen. Keine Bewegung. Kein Geräusch. Nichts, was seine Aufmerksamkeit hätte erregen können.
    Wieder durchschnitt Phillips’ Stimme die Stille. Aus einer Entfernung von zwanzig Metern waren seine Worte wegen des von Minute zu Minute heftiger werdenden Regens nur schwer zu verstehen. Ich konnte nur erkennen, dass er jedem der Anwesenden eine Aufgabe zuteilte.
    Ich vergewisserte mich, dass Crane sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Da er immer noch in den Wald rechts von ihm starrte, trat ich neben ihn. Als er bemerkte, dass ich in sein Sichtfeld geraten war, verflog das Lächeln. Er schien sich zu fragen, ob er sich verraten hatte.
    »Hast du mir etwas zu sagen?«, fragte ich ihn.
    Das Lächeln kehrte zurück. »Ich schaue mir nur die Show an, David.«
    Er wandte sich wieder den Vorgängen zu, und wir beobachteten,
wie Phillips und seine Leute Gummihandschuhe anzogen. Phillips näherte sich der Kiste und legte die Finger auf den Deckel. Nachdem er den anderen zugenickt hatte, wollte er ihn anheben. Er ließ sich nicht öffnen. Phillips schaute vom Kistendeckel zu Crane hinüber und versuchte es noch einmal.
    Nichts.
    Kurz huschten Cranes Augen wieder nach rechts und kehrten rasch zu Phillips zurück. Er und Hart untersuchten die Kiste, um herauszufinden, warum sich der Deckel nicht bewegen ließ.
    »Constable«, sprach ich einen der Uniformierten mit Taschenlampe an. Er drehte sich zu mir um. »Könnten Sie mal in den Wald hineinleuchten?«
    Er runzelte die Stirn. »Warum?«
    Ich sah Crane an, dessen Miene nichts zu entnehmen war. »Nur eine Sekunde.«
    Der Polizist war noch jung, ungefähr Mitte zwanzig. Vermutlich freute er sich darüber, dass ich mit von der Partie war, was hieß, dass er nun nicht mehr die Rolle des Rangniedersten innehatte. »Nein, ich befolge nur die Anweisungen von DCI Phillips, nicht Ihre.«
    Trotzig kehrte er uns den Rücken zu.
    Ich sprach den zweiten Scharfschützen an, der hinter mir stand. »Könnten Sie ihn dazu bringen, in den Wald hineinzuleuchten?«
    »Warum?«, entgegnete er ebenfalls.
    Der Constable
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