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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen
Autoren: T Weaver
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drehte sich wieder zu uns um.
    »Weil es Crane einen Scheißdreck interessiert, was sich da vorn tut«, erwiderte ich und wies mit dem Kopf auf die Kiste. »Aber irgendwas im Wald scheint es ihm wirklich angetan zu haben.«
    Sie schauten von mir zu Crane und dann zum Wald. Crane
wich ihrem Blick aus. Er starrte den Pfad entlang, wo Phillips, Hart und die beiden Uniformierten versuchten, den Kistendeckel aufzustemmen. Es knackte, und Hart  – übertönt vom Regen  – sagte etwas. Der Deckel hatte sich bewegt.
    Der Scharfschütze musterte mich eine Weile. Die MP5 hing ihm quer über der Taille. »Okay«, meinte er und sah den Constable an. »Tun Sie, was er sagt.«
    Knack.
    Der Deckel war gelockert. Alle wichen zurück, sodass Phillips allein davorstand. Er legte die Hände auf beide Seiten des Deckels, hob ihn an und ließ ihn mit einem dumpfen Knall auf den Pfad fallen. Alle traten an die Kiste heran und spähten hinein.
    »Sie ist leer!«, hörte ich Hart rufen.
    Und dann richtete der Constable seine Taschenlampe in den Wald.
    Etwa fünf Meter entfernt erhob sich der Galgenbaum, die auffällige T-förmige Eiche, die ich auf Fotos im Internet gesehen und auf der Milton Sykes als Kind ein Baumhaus gebaut hatte. Und an den Baumstamm gebunden war Jill. Sie war gefesselt und geknebelt. Ein Seil war um ihren Hals geschlungen und heftete sie an die Eiche. Von ihrer oberen Gesichtshälfte hing ein halbrundes Hautstück herab. Ich brauchte ein oder zwei Sekunden, um zu erkennen, was es war: ihre Stirn. Der Hautlappen bedeckte ein Auge. Das andere war geschlossen. Außerdem war Jill von Blutergüssen übersät: im Gesicht, an den Armen und rings um das Schlüsselbein. Ihre Kleider  – Jeans und ein dünner, langärmeliger Pullover  – waren mit Blut und Regenwasser durchweicht. Der zerrissene Pullover gab ihren Bauch frei. Auf die nackte Haut war mit schwarzer Tinte 8,5 g eschrieben.
    Phillips lief auf sie zu. Sein Blick war auf Jill gerichtet. Er befahl mir, zu bleiben, wo ich war. Ich wollte unbedingt zu
ihr, um sie vom Baum loszubinden. Doch vorher würde ich Crane mit bloßen Händen erwürgen. Inzwischen hatte er sich zu mir umgewandt und kehrte ihr den Rücken zu. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich schob mich an ihm vorbei und näherte mich dem Waldrand auf etwa anderthalb Meter, ohne die Augen von der an den Baum gefesselten Gestalt abwenden zu können.
    »Was hast du mit ihr gemacht, du Schwein?«, fragte ich.
    »Ich hatte nicht mehr die Zeit, die Sache zu beenden«, entgegnete er in sachlichem Ton, hob die gefesselten Hände und kratzte sich neben dem Auge. »Deshalb wollen wir sie Nummer achteinhalb nennen. Es wäre gut gewesen, wenn ich Gelegenheit gehabt hätte, etwas gegen ihre schreckliche Haut zu tun. Aber obwohl ich Wert auf sorgfältige Arbeit lege, werde ich mich wohl damit abfinden müssen, dass sie ist, was sie ist.« Er hielt inne. Sein Blick wanderte in den Wald hinter mir. »Ein Markierungspunkt.«
    Im nächsten Moment ließ er sich auf den Boden fallen.
    Pling. Pling.
    Rechts von mir zerplatzte der Kopf des Scharfschützen in einer Blutwolke. Sein Gewehr rutschte zur Seite und landete mit einem dumpfen Geräusch im Gras. Pling. Als Nächstes kippte der Constable mit einer Schusswunde in der Brust um. Ich warf mich ins Gras und robbte zum Waldrand auf der anderen Seite.
    Scheiße. Eine Falle.
    Dort, wo ich gerade noch gestanden hatte, traten zwei Männer mit Sturmhauben aus dem Wald. An der Kiste hob der Scharfschütze seine MP5. Pling. Ein weiterer uniformierter Polizist sackte in sich zusammen, stürzte gegen die Kiste und drückte sie dabei ein. Pling. Noch ein Toter. Vielleicht Hart. Ich konnte es nicht feststellen.
    Dann eröffnete der Scharfschütze das Feuer.

    Ein ohrenbetäubendes Dröhnen ertönte und hallte im Wald wider. Die beiden Männer gingen zwischen Bäumen und Gebüsch in Deckung, während der Scharfschütze in freiem Gelände stand.
    Ein Mann allein gegen die Dunkelheit.
    Ich griff nach der MP5, die neben dem toten Scharfschützen auf dem Boden lag, und rannte über den Pfad. Jill war in der Finsternis nicht mehr zu sehen. Pling, pling. Kugeln schlugen dicht vor meinen Füßen im Boden ein. Als ich unwillkürlich auswich, stolperte ich und landete unsanft im Unterholz. Einen Sekundenbruchteil später traf eine Kugel einen Baum etwa zwanzig Zentimeter links von mir. Rinde spritzte, und die Splitter ergossen sich über mich, als ich versuchte, mich tiefer in die
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