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Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein

Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein

Titel: Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein
Autoren: Josef Carl Grund
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Sim, Sala und Bim
     
    „Nein, nein, nein“, stöhnte Mutter Sala, „das gibt’s doch nicht!“ Sie bremste mitten im Sturzflug ab, stand sekundenlang wie ein Ausrufezeichen in der Luft, wandte sich dann um und fragte: „Oder haben wir uns verflogen?“
    „Bestimmt nicht“, sagte Vater Sim und bremste ebenfalls. „Warum fragst du?“
    „Ja siehst du’s denn nicht?“ rief Mutter Sala. „Unten auf der Erde — da, wo wir zu Hause sind — stehen unheimlich viele bunte Sterne, und dazwischen saust eine ganze Menge Kometen umher. Die Welt ist verrückt geworden!“
    Vater Sim guckte ebenfalls nach unten, und es verschlug ihm die Sprache. Er krümmte sich zu einem Fragezeichen.
    „Is was?“ piepste der kleine Bim. Er hatte Vater und Mutter erst jetzt eingeholt, weil er noch sehr jung und außerdem ein bißchen schwächlich war.
    „Und ob etwas ist“, sagte Mutter Sala mit dumpfer Stimme. „Es ist gespenstisch.“
    Vater Sim entkrümmte sich und fand die Sprache wieder. „Jawohl“, stimmte er seiner Frau zu, „gespenstisch ist das.“
    „Aber Papi und Mami“, sagte der kleine Bim, „da braucht ihr doch nicht so entgeistert zu gucken. Wir sind ja selber Gespenster.“
    „Na, dann sieh mal nach unten“, murmelte Vater Sim.
    Der kleine Bim blickte zur Erde nieder, zuckte zusammen, lauschte eine Weile und rief dann vergnügt: „Ui, das ist aber lustig! Die Kometen brummen und machen tüüt. Hört ihr’s?“
    „Ich möchte wissen, was daran lustig ist“, sagte Mutter Sala.
    „Das Tüüt, Mami“, antwortete der kleine Bim. „Es geht so schön durch und durch. Ich möchte auch tüüten können.“
    „Kindskopf!“ brummte Vater Sim. „Aber fliegen wir näher. Mal sehen, was aus unserer hübschen verfallenen Burg geworden ist.“

    Sssssssssssssst!!!
    Wie Raketen zischten Vater Sim, Mutter Sala und der kleine Bim auf die sonderbaren Sterne und Kometen zu, die ihnen von der Erde her entgegenstrahlten.
    Es war Nacht. Da sahen und hörten Vater Sim, Mutter Sala und der kleine Bim ganz besonders gut. Weil sie Geister waren.
    Genauer gesagt: Poltergeister.
    Vater Sim, Mutter Sala und der kleine Bim waren eine richtige Poltergeist-Familie.
    Vater Sim war der Älteste. Er behauptete, viele tausend Jahre alt zu sein. Wenn er gut aufgelegt war, erzählte er dem kleinen Bim aus seiner Kindheit. „Damals“, erzählte er, „gab es nur wenige Menschen auf der Erde. Sie wohnten in Höhlen, trugen Felle umgehängt und jagten Beutetiere mit Fauststeinen und Holzknüppeln. Riesige Urwälder bedeckten das Land, und zottige Brummbären und langhaarige Elefanten mit mächtigen Stoßzähnen tappten und trampelten durch die Wildnis.“
    Wenn Vater Sim so weit gekommen war, widersprach Mutter Sala ihm jedesmal: „Die Tiere, Schatzi, die du langhaarige Elefanten nennst, heißen Mammute. Und die Zeit der Steinewerfer und Knüppelschläger war die Altsteinzeit.“
    Mutter Sala war jünger als Vater Sim, aber gebildeter als er. Das behauptete sie wenigstens. Als sie zur Welt gekommen war, gab es schon eine ganze Menge Menschen auf der Erde. Sie hatten viele Urwälder gerodet, wohnten in festen Häusern, trugen richtige Kleider, züchteten Vieh, bebauten Felder und hatten die Brummbären und das andere Raubzeug weit in die Wildnis zurückgedrängt. Mammute gab es nicht mehr. Die waren ausgestorben.
    An ein Erlebnis aus ihrer Jungmädchenzeit erinnerte sich Mutter Sala besonders gern. Der kleine Bim kannte die Geschichte auswendig, so oft hatte er sie schon gehört.
    „Ich war etwa zweitausendfünfhundert Jahre alt und kannte deinen Vater noch nicht“, erzählte Mami immer wieder. „In einer Nacht flog ich über einem Dorf spazieren, das die Menschen Bethlehem nannten. Da erlebte ich etwas Seltsames. Über einem Stall bei diesem Dorf schwirrten drei- bis viertausend Geister umher und sangen irgend etwas. Aber es waren keine Poltergeister, weil sie nichts durcheinanderwarfen.“
    Wenn Mutter Sala das erzählte, schmunzelte der kleine Bim immer ein bißchen ungläubig. Drei- bis viertausend Geister auf einem Haufen konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen.
    Noch dazu singende Geister!
    Aber die Geschichte war hübsch, und sie gefiel ihm immer wieder.
    Der kleine Bim zählte sechshundertfünfzehn Jahre und zwei Tage. Das ist für einen Poltergeist das Kindskopfalter.
    Er erinnerte sich, daß er mit Papi und Mami im Keller einer halbverfallenen Burg gewohnt und gepoltert hatte; und daß die Menschen einander
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