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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen
Autoren: T Weaver
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kann. Aber wahrscheinlich entwickelt man eine feine Antenne dafür, ob jemand einen geliebten Menschen verloren hat, wenn man so oft damit konfrontiert wird. In deinen Fällen geht es schließlich nur darum. Und dann sind da natürlich noch die vielen Erinnerungen an deine Frau bei dir zu Hause. Die Fotos. Die selbst aufgenommenen Filme. Ihre Musiksammlung, die unberührt im Wohnzimmer in der Ecke steht.«
    »Vorsicht«, warnte ich ihn.
    Er schaute sich um und spähte in die Dunkelheit. »Ich meine doch nur, dass ich dich verstehe. Ich kann deine Gefühle nachvollziehen. Ich habe jemanden verloren, du hast jemanden verloren. Ich töte, du tötest.«
    Ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Ich weiß alles über den Fall im Norden, David. Und ich rede nicht von dem hübschen Bildchen, das du für die Polizei gemalt hast.«
    Ich warf einen Blick auf die Scharfschützen und dann wieder auf ihn.
    »Ach, komm schon «, fuhr er fort und schnalzte mit der Zunge. Dann senkte er die Stimme zu einem Flüstern. Inzwischen wurden wir von den Scharfschützen aufmerksam beobachtet. »Ich habe dich nach dem Zwischenfall in den Nachrichten gesehen, genauso wie alle anderen. Wenn man zu oft
mit Verlust konfrontiert wird, erspürt man ihn auch bei anderen.« Er hielt inne. »Und wenn man häufig genug mit dem Tod zu tun hat, passiert dasselbe.«
    »Du bist wahnsinnig.«
    »Du bist ein Mörder, David. Zugegebenermaßen einer, der keine Freude daran hat. Aber dennoch ein Mörder. Ich erkenne es in dir, denn ich durchschaue dich genauso wie du mich. Also sind du und ich … gleich.«
    Crane zwinkerte so, dass nur ich es sehen konnte, wich dann ein paar Schritte zurück und wandte sich wieder den Scharfschützen zu. Wegen der Geräusche im Wald und seiner leisen Stimme hatten sie dem Gespräch vermutlich nicht folgen können. Dennoch ahnten sie, dass etwas schieflief.
    »Keine Sorge«, fuhr er mit einem erneuten Zwinkern fort, »dein Geheimnis ist bei mir sicher. Doch vielleicht möchtest du dich ja erinnern, wie es sich anfühlt …« Er formte eine Hand zur Pistole und tat, als drückte er ab. »Das heißt, du könntest deine Kenntnisse wieder auffrischen wollen, mehr sage ich nicht.«
    Ich starrte ihn an. Ich könnte meine Schießkenntnisse wieder auffrischen wollen?
    »Wovon redest du?«, wiederholte ich. Aber er antwortete nicht. Die Suchtrupps kamen aus dem Wald. Ohne Ergebnis. Phillips betrachtete uns. Der Argwohn stand ihm ins Gesicht geschrieben. Alle reihten sich wieder ein. »Phillips, warten Sie.«
    Er blickte mich an. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    »Wir müssen umkehren.«
    »Warum?«
    Ich wies mit dem Kopf auf Crane, der mich mit unbewegter Miene anstarrte. »Er führt irgendwas im Schilde. Einen miesen Trick. Ich weiß nicht, was es ist, doch es wird Verletzte geben.«

    Phillips schaute zwischen uns und Hart hin und her. Hart beäugte mich, als hielte er mich für den Übeltäter. »Was hat er gesagt?«
    »Dass ich in die Situation kommen würde, eine Pistole abfeuern zu müssen.«
    »Was?«
    »Er spricht in Rätseln. Es ist nur …« Ich warf noch einen Blick auf Crane. Seinem Gesichtsausdruck war nichts mehr zu entnehmen. »Hören Sie, ich weiß, dass es Ihnen genauso geht wie mir: Etwas stimmt hier nicht. Wir laufen in eine Falle. Und bevor wir nicht wissen, was los ist, sollten wir meiner Meinung nach umkehren.«
    Phillips betrachtete die Anwesenden. Alle musterten entweder ihn oder mich. Und da wusste ich, dass Umkehren für ihn nicht infrage kam. Er hatte zwar dasselbe mulmige Gefühl wie ich, doch immerhin ging es hier um seine Entscheidungskompetenz. Seine Planung. Seinen Platz in der Hackordnung. Wenn er jetzt einen Rückzieher gemacht hätte, hätte er in Gegenwart aller ein Geständnis abgelegt: Ich habe etwas falsch gemacht.
    »Wir gehen weiter«, sagte er leise.
    »Das ist ein großer Fehler, Phillips.«
    »Raker« , herrschte er mich an, »Sie führen hier nicht das Kommando. Ihre Meinung ist nicht von Belang. Sie befolgen meine Befehle, und das war’s. Verstanden? «
    »Es ist und bleibt ein Fehler.«
    »Haben Sie mich verstanden ?«
    Das war alles nur Theater und einer Antwort nicht würdig. Schließlich teilte er meine Auffassung und spürte ebenso wie ich, dass etwas nicht stimmte. Aber er ignorierte seinen Instinkt, um sein Gesicht zu wahren. Ich ließ das Schweigen zwischen uns in der Luft hängen. Dann setzten sich alle wieder in Bewegung.

    Phillips wandte sich noch einmal an Crane. »Wo
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