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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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anrufen?«
    »Ich weiß, dass es unangenehm ist, Mr. Cardinal. Und Sie haben recht, mir würde das ganz und gar nicht gefallen. Aber es gibt ein paar Dinge, die Sie nicht vergessen sollten.«
    »Oh, sicher, jetzt dürfen Sie mir auch noch sagen, was ich denken soll.«
    »Lassen Sie mich bitte ausreden.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich sagte, lassen Sie mich ausreden.«
    Geschieht dir recht, dachte Cardinal. Eine Menge Leute – zuweilen auch sein eigener Sohn – ließen sich von Stans Ausbrüchen einschüchtern, doch diese junge Frau bot ihm die Stirn.
    »Ein paar Dinge, die Sie vielleicht bedenken sollten. Erstens, diese Neuropathie wird wahrscheinlich wieder besser. Sie haben auf Ihren Blutzucker geachtet, und das ist das Beste, was Sie tun können. In drei, vier Monaten sieht vielleicht alles schon ganz anders aus. Zweitens, jeder von uns ist auf andere Menschen angewiesen. Wir müssen alle lernen, jemanden um Hilfe zu bitten, wenn wir ihn brauchen.«
    »Ich komm mir wie ein Krüppel vor, verdammt noch mal.«
    »Davon geht die Welt nicht unter. Ehrlich gesagt macht Ihr Herz mir viel größere Sorgen. Ich höre eine Menge Wasser in Ihrer Brust. Kümmern wir uns erst mal darum, und danach machen wir uns Gedanken, wie wir Sie wieder hinters Steuer kriegen, einverstanden?«
    Als Cardinal und sein Vater ins Wartezimmer zurückgingen, sprang ein Mann von seinem Stuhl auf und stürmte an ihnen vorbei. Irgendwie kam er Cardinal bekannt vor – diese Mischung aus Blondschopf und Fitness-Freak war ihm schon mal begegnet, doch die Tür zum Sprechzimmer schloss sich, bevor ihm einfiel, wo er den Typen hinstecken sollte.
    Er wartete, während die Arzthelferin seinem Vater ein Überweisungsformular erklärte. Aus dem Sprechzimmer drangen wütende Stimmen.
    »Hat Dr. Cates oft solche Patienten?«, fragte Cardinal die junge Frau.
    »Das ist kein Patient. Das ist – na ja, ich weiß nicht, wie man so was nennen soll.«
    »Können wir hier bitte verschwinden?«, sagte Stan. »Ob dues glaubst oder nicht, ich hab keine Lust, den Rest meines Lebens in einer Arztpraxis zu verbringen.«
     
    Cardinal musste es den Algonquin hoch langsam angehen lassen. Der Nebel, der seit Tagen über der Gegend lag, war am Fuß des Airport Hill am dichtesten. Ende Januar, und so warm wie im April. Normalerweise hätten sie um diese Jahreszeit einen grellblauen Himmel haben müssen und Minusgrade, dass man am liebsten gar nicht mehr aufs Thermometer guckt. Doch der Nebel sah so aus, als bliebe er für immer.
    »Natürlich dummes Zeug mit der globalen Erwärmung«, sagte Cardinal, um seinen Vater aus seinen düsteren Gedanken zu reißen.
    »Sie hat mit mir geredet wie mit einem Sechsjährigen«, sagte Stan.
    »Sie hat dir die Wahrheit gesagt. Jemandem die Wahrheit zu sagen zeugt von Respekt.«
    »Wie zum Beispiel, dass du nichts Besseres zu tun hättest, als mich durch die Gegend zu kutschieren?«
    »Also, du sagst doch immer, ich hätt mir einen lausigen Job ausgesucht.«
    »Womit ich ja wohl recht habe. Wieso du deine Zeit damit verplempern willst, Geistesgestörte und Landstreicher zu jagen, geht über meinen Verstand. Oder diese Familiengeschichten, die du auf den Tisch kriegst – Ehemänner, die so besoffen sind, dass sie nicht mehr stehen können. Wir wissen doch beide, dass ihr nur deshalb überhaupt je welche schnappt, weil die Gauner noch dämlicher sind als die … Hey, wo willst du hin, John? Das da hinten war meine Einfahrt.«
    »Tut mir leid. Ich seh rein gar nichts in dieser Suppe.«
    »Guck mal da rüber, das Eichhörnchen ist gerade noch zu erkennen.«
    Stan Cardinal hatte ein riesiges Eichhörnchen aus Kupfer in seinem Vorgarten, eine antike Wetterfahne, die er vor Jahrenaufgetrieben hatte. In dem grauen Einerlei hatte das Ding etwas Gespenstisches. Cardinal wendete und bog in die Auffahrt ein.
    »Ruf mich morgen an und lass uns zusehen, dass du zu diesem Kardiologen kommst. Wenn ich nicht kann, macht es Catherine bestimmt nichts aus, dich … Wart mal.« Sein Handy summte.
    »Cardinal, wo stecken Sie?« Es war Mary Flower, Sergeant im Dienst. »Wir haben einen Banküberfall Ecke Main Street, McPherson, und wir brauchen jeden Mann.«
    »Ich übernehme.« Er schaltete das Handy aus. »Ich muss los«, sagte er zu Stan. »Ruf Catherine nachher an und gib ihr durch, wann du morgen hinmusst.«
    »Ernste Krise, ja? Wetten, noch so’n Familiendrama.«
    »Ein Banküberfall, genauer gesagt.«
     
    Die Federal Trust lag mitten im
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