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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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schreibt ›Hände hoch‹ auf seinen eigenen Haftbefehl? Ich glaub’s nicht.«
    »Wer den Titel ›Der Welt dümmster Krimineller‹ halten will, macht keine halben Sachen. Robert Henry Hewitt ist ein richtiger Champion, und ich weiß auch zufällig, wo er wohnt.«
    »Ach ja? Ich auch. Steht hier auf seinem Haftbefehl.«
     
    Robert Henry Hewitt bewohnte das Kellerappartement eines winzigen, heruntergekommenen Hauses, das sich in die Gletscherspalte eines Felsens hinter der Ojibwa-Hauptschule zwängte. Cardinal brachte den Wagen in einem grauen Nebelschwaden zum Stehen. Sie konnten so eben die Reihe verbeulter Mülltonnen am Ende der Einfahrt erkennen.
    »Sieht fast so aus, als könnten wir ihn zu Hause hochnehmen.«
    »Wieso denken Sie, dass er noch kommt, falls er noch nicht da ist?«
    Cardinal zuckte die Achseln. »Es ist das Dümmste, was mir einfällt.«
    »Was für einen Wagen fährt er?«
    »Einen orangefarbenen Toyota, ungefähr hundert Jahre alt. Selbst die Spachtelstellen sind verrostet.«
    Sie hörten das Auto, bevor sie es sahen – eine körperlose Ansammlung von Soundeffekten für den Blechmann im Zauberer von Oz. Dann rasselte etwas neben ihnen, und ein loses Auspuffrohr schleifte über den Bürgersteig, als der Wagen in die Einfahrt bog.
    »Machen Sie schon mal Ihre Tür auf«, sagte Cardinal. »Halten wir uns bereit.«
    »Aber er ist bewaffnet«, sagte Delorme. »Sollten wir nicht Verstärkung anfordern?« Sie sah ihn an und maß ihn mit diesen ernsten braunen Augen von oben bis unten. Cardinal musste öfter an Delormes Augen denken, als ihm lieb war.
    »Eigentlich ja. Andererseits kenne ich Robert. Wir sind nicht in Lebensgefahr.«
    Das eine noch funktionierende Rücklicht des Toyota wurde matt und ging aus.
    Cardinal und Delorme stiegen aus und ließen den Wagen offen, um keine Geräusche zu machen. Auf dem nassen Pflaster schlichen sie langsam auf den Toyota zu.
    Der Fahrer, ein kleiner Mann mit krausem, hellbraunem Haar und einem karierten Tuch um den Hals, stieg aus und öffnete den Kofferraum. Er holte eine zum Bersten volle Food-Mart-Einkaufstüte heraus, schlang sich einen roten Rucksack über die Schulter und warf die Kofferraumtür mit dem Ellbogen zu.
    »Robert Henry Hewitt?«
    Er ließ den Rucksack und die Lebensmittel fallen und rannte los, doch Cardinal erwischte seine Jacke, und sie fielen beide in einem Knäuel von Armen und Beinen zu Boden. Schließlich zog Cardinal ihn hoch, und der Meisterdieb von Algonquin Bay sah sich, Gesicht nach unten und die Beine gespreizt, auf dem Kofferraum seiner Klapperkiste wieder.
    »Wenn er sich rührt, versohlen Sie ihm den Hintern«, sagte Cardinal zu Delorme und klopfte ihn ab. Er zog eine Pistole aus der Jackentasche. »Du liebe Güte. Eine Feuerwaffe.«
    »Is doch nurn Spielzeug«, sagte Hewitt. »Ich hätt doch nie keinem Menschen was getan.«
    »Hätt doch nie keinem Menschen wo was getan?«
    »In der Bank, verflucht noch mal.«
    »Robert, was sage ich jedes Mal zu dir, wenn ich dich sehe?«
    Wudky verdrehte den Kopf und blickte über die Schulter.Als er Cardinal erkannte, grinste er und bleckte die schiefen, verdorbenen Zähne.
    »Oh, hi! Wie geht’s? Son Zufall aber auch, hab grad an Sie gedacht.«
    »Robert, was sage ich jedes Mal zu dir, wenn ich dich sehe?«
    Wudky überlegte einen Moment. »Sie sagen: ›Sauber bleiben, Robert.‹«
    »Keiner hört auf mich, Sergeant Delorme«, sagte Cardinal. »Das ist ein echtes Problem. Werfen Sie mal einen Blick in den Rucksack da. Ich würde sagen, das genügt für hinreichenden Tatverdacht.«
    Delorme machte den Reißverschluss des Rucksacks auf und zog einen dicken, braunen Umschlag heraus, auf dessen einer Ecke »Federal Trust« eingeprägt war. Sie öffnete ihn weit und zeigte Cardinal den Inhalt.
    Cardinal pfiff anerkennend. »Da haben wir ja ne tolle Ausbeute, Robert. Mann, wie’s aussieht, hast du zig Dollar ergattert.«

2
     
    N achdem Wudky sicher hinter Schloss und Riegel war, kehrte Cardinal an seinen Schreibtisch zurück, um seine Zusatzberichte zu schreiben.
    Der Betrag, den Wudky ergattert hatte, war eine Bagatelle. Hätte er ihn aus einer Ladenkasse gestohlen, bekäme er kaum mehr als eine Bewährungsstrafe, doch Cardinal wusste, dass die Staatsanwaltschaft auf einer Anklage wegen Bankraubs bestehen würde, und verfasste seinen Bericht entsprechend.
    Er war fast fertig, als Sergeant Mary Flower ihm zurief: »Hey, Cardinal, ich glaube, Sie sollten mal mit Wudky reden.« Sie kam aus
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