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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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Mensch.«
    Cardinal machte das kleine Plastikband ab und öffnete die Tüte, den Behälter immer noch auf den Knien.
    Noch eben hatten sie den See für sich gehabt, jetzt wimmeltees von Booten. Ein Segelboot fünfzehn Meter von ihnen entfernt. Ein Motorboot, das im Affenzahn auf sie zukam. Selbst ein Kanu, das sich nicht vom Ufer wegtraute.
    »Ich warte lieber, bis sie vorbei sind«, sagte Cardinal.
    »Willst du etwas sagen?«, fragte Catherine. »Wenn du sie ausstreust?«
    »Ich weiß nicht. Es wäre wohl angebracht. Ich meine, ich möchte schon, ich stelle mich bei so was nur furchtbar an.«
    »Sag einfach, was immer du empfindest, John. Du weißt, dass er dich geliebt hat.«
    Cardinal nickte. Er atmete ein paar Mal tief durch, um ins Gleichgewicht zu kommen. Das Motorboot surrte vorbei. Eine vierköpfige Familie. Die Kinder im Heck schrien: »Ahoi, ahoi.« Catherine winkte zurück.
    »Also«, sagte Cardinal. »Los geht’s.« Er drehte sich auf seinem Sitz um und kniete sich darauf. »Ich zieh das nicht unnötig in die Länge, ich verstreue sie nur und fertig.«
    »Okay. Ich halte das Boot gerade.«
    Der Wind war stärker geworden. Cardinal musste die Hand tief zum Wasser hinunterhalten, damit die Asche nicht quer über das Boot wehte. Während er sich über die Bootskante lehnte, erfasste sie der Wellenschlag des Motorboots und brachte sie zum Schaukeln. Er musste sich am Dollbord festhalten.
    »Das hätte mir gerade noch gefehlt – dass ich reinfalle. Dad hätte seinen Spaß.«
    »Ja, bestimmt.«
    Cardinal kam wieder ins Gleichgewicht und hob den Beutel aus dem Behälter. Dann schüttelte er ihn sachte mit beiden Händen aus, als ob er im Garten Saatgut ausstreute. Es dauerte ein, zwei Minuten, bis der Beutel leer war, und inzwischen hatte sich ein breiter, grauer Streifen hinter ihnen gebildet. Viele der leichteren Flocken schwammen auf der Wasserfläche, und noch feinere Partikel flogen mit dem Wind davon.
    »Ich glaube, ich will einfach nur sagen … ich glaube, ich möchte … zum See sagen: Nimm diese Asche und sei nett zu ihr. Das war ein guter Mann.« Cardinal musste tief Luft holen. »Das war ein guter Ehemann und ein guter Ernährer. Ein guter Mann – ich weiß, das hab ich schon mal gesagt. Das war mein Vater.«
    Cardinal drehte sich um und setzte sich wieder in Fahrtrichtung. Er fühlte sich plötzlich erschöpft.
    Catherine hielt seinen Arm. Sie stellte den Motor ab, lehnte sich herüber und legte schweigend den Kopf an seine Schulter. Cardinal fühlte, wie sie sich unter Tränen schüttelte.
    Das Boot trieb im Wind und drehte sich ein wenig, so dass sie noch einmal auf das glitzernde Algonquin Bay blickten. Sie ließen sich vielleicht eine Viertelstunde lang treiben, ohne etwas zu sagen. Dann drückte ihm Catherine den Arm und sagte: »Ich mochte, was du gesagt hast.«
    Cardinal spülte den Beutel und den Behälter im Wasser aus, bevor er sie auf den Rücksitz legte.
    »Soll ich wieder das Steuer übernehmen?«
    »Nein«, sagte Catherine. »Geht schon.«
    Sie startete den Motor, und sie fuhren wieder Richtung West Ferries. Unterwegs lauschten sie auf das Raunen der Wellen gegen den Bootsrumpf. Der Wind verfing sich in Catherines braunem Haar und warf es in alle Richtungen. Die Sonne brachte Farbe auf ihre Wangen, und sie sah so aus wie die Frau, die Cardinal vor beinahe dreißig Jahren geheiratet hatte.
    Er lehnte sich vor und berührte ihre Schulter.
    Catherine sah sich zu ihm um. »Was?«
    »Nichts«, sagte Cardinal. »Nach Hause, Captain, volle Fahrt voraus.«

Danksagung
     
F ür die schwierige Lektüre früherer Entwürfe zu Blutiges Eis schulde ich meiner Lektorin bei Random House, Kanada, Anne Collins, meiner Agentin Helen Heller, meiner Lektorin bei HarperCollins, Julia Wisdom, und meiner Lektorin bei Penguin Putnam, Marian Wood, meinen aufrichtigen Dank.
    Mein Dank gebührt auch Staff Sergeant Rick Sapinski von der Polizei North Bay, der großzügig Informationen zu polizeilichen Ermittlungsmethoden beigesteuert hat, Daniel Johnson für seine umfangreichen Recherchen und dem Writers Room in New York.

Im Knaur Taschenbuch Verlag sind bereits
    folgende Bücher des Autors erschienen:
    Gefrorene Seelen
     
    Über den Autor:
    Giles Blunt, geboren 1952, wuchs in North Bay in der kanadischen Provinz Ontario auf und studierte Englische Literatur an der Universität Toronto. 1980 ging er nach New York, wo er sich u.a. als Streetworker, Gerichtsdiener und Barkeeper durchschlug. Heute lebt er
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