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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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Und ich Dummkopf hab das nur auf den Korpsgeist geschoben.« Laroche kehrte dem Eingang den Rücken und wies Richtung Fahrstuhl. »Ich glaube, Sie haben noch nicht den Rest des Clubs gesehen. Wie wär’s mit einer privaten Führung?«
    Cardinal zuckte die Achseln. »Warum nicht.«
    Sie traten in den Fahrstuhl, der sie geräuschlos in den dritten Stock hievte.
    »Ich zeige Ihnen die Nordostecke. Das ist der beste Blick, vorausgesetzt, der Strom geht nicht weg.« Laroche führte ihn einen Flur entlang. Die Zedernwände und der tiefrote Teppich vermittelten ein Gefühl von größter Behaglichkeit – Luxus gepaart mit Einfachheit.
    »Wir erwarten in zwei Wochen die ersten Gäste. Glauben Sie mir, keine Macht der Welt kann uns daran hindern, das Haus zu eröffnen, sobald der Eisregen weiterzieht. Voilà. Unsere beste Piste.«
    Sie sahen durch eine Wand aus Glas. Dank der Lichter am Spalier der Telefonmasten hatten sie einen Panoramablick über die Berge, während im Süden die Sicht bis zum Lake Nipissing reichte. Das andere Ende der Stadt lag in kompletter Dunkelheit.
    »Sehr schön«, sagte Cardinal. »Es wird ein Leichtes sein, das Haus voll zu bekommen.«
    »Wenn ich anderer Meinung wäre, hätte ich es nie gebaut.«
    »Und Sie haben einen Bauzuschuss aus dem Fonds für die Erschließung des Nordens an Land gezogen. Es stand auf dem Schild am Eingang.«
    »Oh, sicher, sicher. Dieses Projekt passt genau in ihre Leitlinien. Schafft es Arbeitsplätze? Ja. Fördert es den Tourismus? Unbedingt.«
    »Ich nehme an, es kann nicht schaden, wenn man den Premier der Provinz auf seiner Seite hat.«
    »Geoff Mantis ist mein Freund, und ich tue alles – alles im Rahmen des Gesetzes –, damit er gewählt wird, aber er ist nicht so dumm, Minister von Ontario zu meinen Gunsten zu beeinflussen.«
    »Natürlich nicht. Und selbstverständlich auch nicht der CSIS.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Das möchte ich bezweifeln.«
    »Sollen wir wieder runterfahren? Ich habe meiner Frau versprochen, früh genug zu Hause zu sein, um die Kinder ins Bett zu bringen.«
    Der Fahrstuhl brachte sie in Windeseile wieder zum Erdgeschoss. Aus dem Auditorium ertönte eine Lachsalve, gefolgt von Applaus.
    Als sie an der Eingangstür standen, sagte Cardinal: »Wissen Sie, ich war überrascht, dass Yves Grenelle nicht im Impressum für dieses Projekt erwähnt wurde.«
    »Wer?« Das breite, kräftige Gesicht ließ eine Spur von Nervosität oder Furcht erkennen. Die wolligen Augenbrauen zogen sich erschrocken zusammen, nicht mehr.
    »Yves Grenelle. Er war in der FLQ-Zelle, die Raoul Du quette entführt hat. Entschuldigen Sie, in der FLQ-Zelle, die Raoul Duquette ermordet hat. Grenelle konnte fliehen, unmittelbar bevor die anderen verhaftet wurden – zweifellos mit der Hilfe seines Freundes bei der CIA, Miles Shackley.«
    »Detective, Sie haben Talent und Sie haben Ausdauer – zwei Eigenschaften, die ich sehr bewundere. Doch der Stress in Ihrem Job muss enorm sein, und offen gesagt scheint er Sie ein wenig in Mitleidenschaft zu ziehen. Diese zusammenhanglosen Andeutungen, ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Kurz nachdem er Raoul Duquette ermordet hatte …«
    »Hah! Guter Witz, Detective. Sie werden bald selbst den Rasen von unten betrachten, wenn Sie so weitermachen.«
    »Kurz nachdem er Duquette ermordet hatte, floh Yves Grenelle nach Paris, wo er ungefähr zwanzig Jahre blieb. Er nahm eine neue Identität an. Hat eine Menge Ecken abgestoßen, die bei einem jungen Mann aus Trois-Rivières nicht weiter verwundern. Hat sich ein bisschen Bildung zugelegt, ein wenig oberflächlichen Schliff, und ist am Ende – wahrscheinlich irgendwann in den späten Achtzigern – nach Kanada zurückgekehrt. Aber glauben Sie ja nicht, er wäre so dumm gewesen, wieder nach Montreal zu gehen. Nein, Sir. Er ist in eine Gegend gezogen, in der niemand einen frankokanadischen Terroristen im Ruhestand vermuten würde: nach Ontario. Nach Algonquin Bay, genauer gesagt. In die Willowbank Apartments, noch genauer gesagt. Ich weiß, Sie haben schon von den Willowbank Apartments gehört.«
    »Das ist ja faszinierend. Erzählen Sie weiter, während wir zum Auto gehen.«
    Laroche spannte seinen Schirm auf und hielt ihn so, dass er sie beide schützte. Sein Wagen, ein glänzender schwarzer Lincoln Navigator, stand nur ein paar Schritt entfernt, doch im Wind fiel der Regen schräg, und Cardinals Beine waren bald völlig durchnässt. Laroche zog die
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