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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis
Autoren: Giles Blunt
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angespannten Muskeln auf den Schock.
    Noch einmal bäumte sich das Kabel auf und zerschnitt mit einem zischenden Laut die Luft, bevor es dröhnend und funkensprühend zu Boden ging. Und dann hörte er nur noch den Regen und das Stöhnen und Ächzen von Metall.

29
     
    E s war gegen Mittag, als Chouinard ihn den Montag darauf in sein Büro bestellte.
    »Sie sind raus aus dem Shackley-Cates-Fall«, sagte er ohne Umschweife. »Und Sie wissen, warum.«
    »Zweifellos, weil jemand Sie aufgefordert hat, mich davon abzuziehen.«
    »Sie können Kendall fragen, wenn Sie wollen. Aber das ändert gar nichts.«
    Der Chief war in noch üblerer Verfassung als Chouinard.
    »Sie haben ganz und gar Ihren Auftrag vernachlässigt, der schlicht darin bestand, bei einer öffentlichen Veranstaltung zur Sicherheit beizutragen. Sie erheben wilde Anschuldigungen gegen einen prominenten Geschäftsmann. Sie verletzen derart viele Verfahrensregeln, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Und dann kommen Sie zu mir und wollen wissen, wieso Ihnen der Fall entzogen wurde?«
    »Chief, haben Sie sich angesehen, was wir gegen Laroche haben?«
    »Ich sehe nur, was wir nicht haben. Was wir nicht haben, ist eine seriöse Beweisführung gegen Paul Laroche. Erstens können wir nicht beweisen, dass er Yves Grenelle ist, daher haben wir auch kein Motiv. Zweitens hat ihn niemand in Dr. Cates’ Wohnung oder im Loon Lodge gesehen, folglich können wir auch nicht beweisen, dass er die Gelegenheit hatte. Und drittens haben wir keine Mordwaffe, und somit können wir nicht nachweisen, dass er über die Mittel verfügte.«
    »Es gibt keine anderen Verdächtigen bei diesem Fall, Chief. Die DNA in dem Blut aus Dr. Cates’ Praxis passt zu der DNA aus dem Blut im Wagen. Wir wissen, dass der Mann, der Dr. Cates getötet hat, derselbe ist, der Shackley getötet hat, und wir wissen, dass Laroche ein Motiv hatte, ihn zu töten.«
    »Nein, das wissen Sie eben nicht. Sie wissen nur, dass Yves Grenelle eins hatte.«
    »Wir brauchen nichts weiter als eine richterliche Verfügung, dass wir Laroches DNA überprüfen dürfen. Ich weiß, dass sie passt. Delorme weiß es. Sie wissen es.«
    »Ich weiß nur so viel, wie ich aus der Beweislage wissen kann. Und die Staatsanwaltschaft hat Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie für eine DNA-Verfügung nicht genug in der Hand haben. Offenbar haben Sie das als eine Aufforderung verstanden, Paul Laroche zu belästigen.«
    »Er ist ein Mörder, Chef. Er gehört hinter Gitter.«
    »Dahin kriegen Sie ihn nicht, indem Sie die Realität leugnen. Und diese Realität besagt jetzt, dass Ihnen der Fall entzogen wurde. Ehrlich gesagt hätte ich, wenn nicht gerade Ihr Vater gestorben wäre, ernsthaft überlegt, ob ich Sie vom Dienst suspendiere. Wir werden einfach sagen, Sie standen unter Stress und Ihr Urteilsvermögen war getrübt. Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Dass Sie nur lange genug quasseln müssen, um ihm ein Geständnis zu entlocken?«
    »Manchmal passieren erstaunliche Dinge. Das ganze Cates-Verbrechen zeugt von einer gewissen Panik.«
    »Ihr Urteilsvermögen war getrübt, Cardinal. Verschwinden Sie lieber, bevor ich es mir anders überlege.«
     
    Irgendwann zog der Eisregen ab. Die Wolken und der Nebel wurden wie Bühnenrequisiten irgendwo hingeräumt, und die Sonne schien wieder über den glitzernden Wäldern. Nach und nach wurden die umgefallenen Strommasten, die abgebrochenen Äste und Bäume von den vereisten Bergen und Straßen geräumt. Der Winter kehrte mit dem gewohnten Schnee und mit Temperaturen unter dreißig Grad minus zurück. Die Bewohner von Algonquin Bay mummelten sich in ihre Daunenparkas ein und drehten die Heizung, als sie wieder funktionierte, auf volle Kraft.
    Der Frühling ließ dieses Jahr nicht lange auf sich warten. Es wurden die üblichen Wetten abgeschlossen, wann das Eis auf dem Lake Nipissing diesmal aufbrechen würde, doch niemand hatte es annähernd getroffen. Mitte April war die letzte weiße Miniaturinsel zerschmolzen. Im Mai war nur noch ein letztes Relikt des Winters übrig geblieben: am unteren Ende der Bradley Street, dort, wo sie in großem Bogen um eine niedrige Hügelkette führt, wo die Ausläufer der Laurentian Hills fast bis ans nördliche Ufer des Lake Nipissing reichen. Das ist die Stelle, wo die Räumfahrzeuge von Algonquin Bay ihre Schneemassen abladen. Am Ende der Saison ist der Platz ein einziger Tafelberg aus kristallisiertem Schnee, außen dunkel von Schotter, Salz und
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