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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling
Autoren: Barbara von Bellingen
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herüber, »heut dauert’s Essen nit lang.«
    »Aber erst holst du neues Bier«, befahl der Alte, »bevor die Pfanne am Feuer steht und du nicht mehr davon wegkannst.« Er deutete auf den großen bauchigen Krug, aus dem eben einer von den Jüngeren, ein hagerer Kerl mit schütterem, fuchsfarbenemSchnurrbart, den letzten Schluck in seinen Becher geschüttet und getrunken hatte. Der neben ihm Sitzende, ein breitschultriger junger Mensch mit kurz geschnittenem Flachshaar und einem gutmütigen Gesicht, war besonders angetan von diesem Gedanken. »Ja, spute dich, Annelies. Gell – du lässt dein Schatz nit verdursten?«
    Das Mädchen hatte sich aus ihrer hockenden Stellung beim Herd aufgerichtet und wandte sich jetzt unwillig ihrem Vater zu. »Kann nicht der Michel in den Keller gehen?«, fragte sie mit einem leichten Stirnrunzeln. »Wo steckt denn der Bengel schon wieder?«
    »Der Michel versorgt das Pferd von dem Gast, den du hergebracht hast«, gab der Wirt zurück. »Lauf nur selbst – es wird dir nit schaden.«
    »Dem Gast würd es nit schaden, wenn er sein ... seinen Gaul selbst füttern und tränken tät«, murmelte das Mädchen widerstrebend. »Er zeigt rechte Herrenmanieren – was ihm weiß Gott nit ansteht.« Sie strich sich den groben Rock glatt, ging zum Tisch und griff nach dem Krug. »Bei den durchgelaufenen Stiefeln ...«, fügte sie mit einem abschätzigen Blick auf das Schuhwerk des Reiters hinzu.
    Die Männer am Tisch lachten. »Soll ich dir helfen, Schätzle?«, fragte der Flachshaarige und legte den muskulösen Arm um die Hüfte des Mädchens. »Ich könnt’s Licht halten ...«
    Die Wirtstochter machte sich verlegen aus dem festen Griff des Mannes los. »Lass doch, Hannes«, erwiderte sie, während ihr eine sanfte Röte in die Wangen stieg.
    Der Flachshaarige heftete den Blick fest auf ihre Augen und umfasste sie noch einmal. »Jeder darf sehen, dass du die Meine bist«, sagte er, »weil’s ja eh alle wissen – seit Jahr und Tag.« Er zog sie an sich. »Hannes Rebmann seine Annelies. Und nächstes Jahr die Frau Rebmännin.«
    Sie entzog sich ihm ein zweites Mal. »Dann lass das nächsteJahr erst kommen«, sagte sie unwillig, packte den Krug und brachte sich mit einem langen Schritt außer Reichweite.
    Die Männer lachten noch einmal. Der Reiter, der mit schmalen Augen zugesehen hatte, meldete sich zu Wort. »Wenn Ihr mir beschreibt, wo das Bier zu finden ist, gehe ich für Euch in den Keller«, sagte er und straffte sich. »Das wäre nicht mehr als recht und billig, da doch Euer ... Euer Mann mein Ross versorgt.«
    Die Wirtstochter war beim Herd angekommen. Im Vorübergehen bückte sie sich, nahm von dem am Boden lagernden Haufen ein schmales Scheit auf und warf es in die Flammen. Funken stoben, wirbelten in einer glühenden Wolke den dachförmigen Kamin hinauf. Auch der Reiter, der dicht daneben stand, bekam einen kleinen Funkenregen ab. »Macht Euch nur keine Mühe«, sagte das Mädchen und warf dem Reiter einen schadenfrohen Blick zu. »Ich kenne meine Pflichten – selbst gegenüber Gästen, die sich wie Herren gebärden und schadhafte Schuhe tragen.«
    Er wischte einen glimmenden Funken vom Rand seiner Gugel ab, verbrannte sich den Finger, zuckte zusammen, wollte etwas erwidern. Doch sie hatte schon von ihrem Vater ein brennendes Unschlittlicht entgegengenommen und war mit Krug und Kerze durch die schmale Brettertür verschwunden, die an der vorderen Stirnwand lag und offenbar in den Keller führte.
    »Das ist meine Annelies, ’s schönst Mädchen im ganzen Odenwald«, sagte der Flachshaarige gut gelaunt, »wirblig wie immer – aber sie meint es nicht bös.« Er machte eine einladende Handbewegung. »Kommt – setzt Euch dazu. Wir haben gern Reisende hier, die uns was erzählen können.«
    Der Reiter schüttelte den Kopf. »Gestattet, dass ich ein Weilchen beim Feuer bleibe«, gab er zurück, »ich bin ganz durchgefroren – hab heute mehr als vierzig Meilen zurückgelegt.«
    »Ein langer Ritt«, brummelte einer der älteren Männer beeindruckt.Er legte den Kopf schief und widmete dem Reiter einen zweifelnden Blick. »So weit bin ich im Leben noch nie von hier weg gewesen ...«
    »Lang genug jedenfalls, dass einem der Wind bis auf die Knochen geht«, erklärte der Reiter, ohne auf die unausgesprochene Frage in der Stimme des alten Bauern zu achten. Er trat näher an den Herd heran. »Das macht, dass man ganz lahm wird ...«
    »Euer Pferd wird es gewiss auch spüren«, sagte der Dürre mit
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