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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling
Autoren: Barbara von Bellingen
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»Ihr habt den Doktor Martinus gesehen«, fragte er staunend, »leibhaftig ...?«
    »Leibhaftig«, bestätigte der Reiter. »Er predigt ebendas, was Ihr gerade ausgesprochen habt. Nicht Gottes Ordnung soll aus den Angeln gehoben werden, nein. Denn Gottes Ordnung lautet anders als die der Menschen.«
    Der mit dem fuchsigen Bart stieß einen Schnaufer aus. »Ich hab es immer gewusst«, sagte er, »und ihr spürt es doch auch,Brüder.« Seine blauen Augen leuchteten schwärmerisch. »Es muss sich etwas ändern ...«
    Die Tochter des Wirts war unter dem Blick des Reiters blutrot geworden und wandte sich hastig ab. »Du sagst es, Simon«, sprach sie den Rotbart an, »es muss sich was ändern, und ich richte jetzt das Essen. Damit ihr zu kauen habt und nicht mehr solche gefährlichen Reden führt.«
    »Ja, meint Ihr denn, Jungfer Anna, dass man denen, die nach Gerechtigkeit rufen, nur mit Essen das Maul stopfen muss?« Der Reiter suchte den Blick des Mädchens. »Glaubt Ihr, es geht dem Volk einfach darum, sich den Bauch zu füllen?«
    Doch die Wirtstochter stellte sich ihm nicht. »Wer weiß das schon so genau?«, antwortete sie ausweichend und nahm eine eiserne Pfanne vom Wandhaken. »Es würde jedenfalls helfen ...«
    »Zum Donnerwetter«, polterte Hannes Rebmann, »wir wollen mehr als nur genug zu essen. Euch Weibern mag das ja reichen – aber wir Männer ...«
    Die Wirtstochter stellte die Pfanne auf den Dreifuß über den lodernden Flammen und tat aus einem Steinzeugtopf Schmalz hinein. Es zischte. »Ihr Männer«, sagte die Wirtstochter abfällig, »ihr solltet uns Weibern öfter zuhören.« Sie schnitt eine Zwiebel in das rauchende Bratfett, rührte mit einem hölzernen Löffel um, wandte sich dabei von der Pfanne ab und wischte sich über die Augen.
    »Siehst du, Annelies«, frotzelte Hannes Rebmann, »jetzt musst weinen. Gut, dass du deine unüberlegten Worte so schnell bereust!«
    Die jungen Männer am Tisch lachten. Die beiden Alten begnügten sich mit einem knappen Schmunzeln. »Tu noch Speck dazu«, befahl der Wirt seiner Tochter, »und schwatz nicht so viel. Weiber sollten sich vor allem sehen lassen und nur reden, wenn sie gefragt werden.«
    Er schlurfte zu seinen Gästen an den Tisch und schenkte ihnen frisches Bier in die Becher. Den widerspenstigen, zornigen Blick, den seine Tochter ihm nachschickte, bemerkte nur der Reiter.
    Ein kleines Lächeln blitzte in seinen Augen auf, während er ihr beim Hantieren am Herd zusah. Sie hatte jetzt nur noch Augen für die Pilze, von denen der kleinere Teil in ihrer Pfanne schmorte und mittlerweile einen köstlichen Duft verbreitete. »Was werdet Ihr mit der übrigen Ausbeute anfangen?«, sprach der Reiter sie an.
    »Wegwerfen werde ich sie ganz bestimmt nicht«, kam ihre abweisende Antwort, »und die Mönche sollen sie auch nicht kriegen.«
    »Also – was tut Ihr dann damit? Spart Ihr sie auf für morgen?«
    Sie wandte ihm kurz das Gesicht zu, das von der Hitze des Feuers ganz rosig schimmerte. In ihren Augen flackerte der Flammenschein, als sie antwortete: »Unsere Schweine sollen auch einmal ein Festessen bekommen ...«
    »Das kann doch nicht Euer Ernst sein!« Der Reiter war ehrlich betroffen. »Herrenpilze für die Schweine – wo hat man je so etwas gehört!«
    Sie rollte die Augen. »Jetzt ist es heraus«, spottete sie, »Ihr seid ein Dummkopf. Was werde ich schon mit so schönen Steinpilzen tun? Ich trockne sie natürlich – damit wir im Winter auch manchmal etwas Köstliches im Topf haben!«
    »Ach so.« Er atmete auf, suchte ihren Blick festzuhalten. Doch sie gönnte ihm keinen weiteren Augenblick ihrer Aufmerksamkeit. »Wenn Ihr Euch genug aufgewärmt habt«, sagte sie, »dann setzt Euch endlich an den Tisch zu den anderen und stört mich nicht bei der Arbeit!«
    Er wollte etwas erwidern. Ein leises Klopfen, eher ein Kratzen, das von der Haustür herkam, lenkte ihn davon ab. »Mirscheint, da kommen noch mehr Gäste«, murmelte er. »Eure Schenke ist wohl recht beliebt.«
    »Schenke?« Sie rührte in ihrer Pfanne, ohne ihn anzusehen. »Dies ist keine Schenke.«
    »Aber Ihr sagtet doch ...«
    »Mein Vater braut das beste Bier am Ort«, widersprach sie ihm. »Die Nachbarn kommen gern, um hier ihre Krüge füllen zu lassen oder einen Becher bei uns zu trinken.«
    »Aber ...«
    »Und Ihr könnt gern unter unserem Dach übernachten«, schnitt sie ihm die Rede ab. »Mein Vater hat Euch ja schon aufgenommen.«
    Der Reiter schüttelte den Kopf. »Ich dachte
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