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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Staun
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sie mit großer Wahrscheinlichkeit ermordet worden ist, als ihr Mann mit dem Hund außer Haus gewesen sein will. Der Täter hat sie durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand betäubt und dann zweimal auf sie eingestochen, ins Herz und in ihren Bauch. Aber das haben Sie ja mitbekommen.« Ich lächelte ihn an. »Ich gehe jetzt raus und rauche meine Zigarette. Und dann gehe ich nach Hause. Mein Gott, ist das warm hier.«
    Draußen auf dem Flur blieb ich noch einen Moment stehen und sah mir die eingerahmten Lithografien an.
    »Yo!« Der kleine John steckte seinen Kopf in den Flur.
    »Kannst du noch kurz eine Identifikationskarte schreiben, bevor du gehst? Wir müssen ihr doch was an die Zehen hängen. Und wann passt es der gnädigen stellvertretenden Rechtsmedizinerin,unser Opfer zu obduzieren? Typisch Raucher – schwitzen, fluchen und die Hälfte vergessen.«
    Ich drehte mich um und ging wortlos zurück ins Wohnzimmer.
    »Es gibt eigentlich doch kaum einen Zweifel, wer der Täter ist«, hörte ich Flemming sagen und schob den Ohrstecker mit der Zungenspitze wieder ganz nach oben.
    Als ich schließlich fertig war, spürte ich mehr als deutlich, dass ich in dieser Nacht kaum geschlafen und viel zu viel von dem billigen argentinischen Rotwein getrunken hatte. Ich hastete durch den immer stärker werdenden Regen nach Hause und kroch, ohne mich vorher auszuziehen, ins Bett. Den Ohrstecker legte ich in mein Brillenetui. Das Ganze hätte ziemlich in die Hose gehen können.
    Ich schlief sofort ein und träumte. Da waren Gestalten, die gebückt durch die Nacht liefen, in einem dunklen Haus herumschlichen und glänzende Gefäße durch offene Fenster in den Garten ausleerten. Durch die Fenster drang kalte, feuchte Luft herein. Ich hörte, wie die Flüssigkeit auf den Boden klatschte und von dort ins Gras spritzte, während der Regen leise und rhythmisch vom Himmel fiel. Ich ging in die Küche, wo ein Tisch stand, auf dem gehäutete Kaninchen lagen, nebeneinander aufgereiht wie glänzende Föten, jedes von ihnen mit einem Globalmesser erstochen. Das kleinste der Kaninchen begann wie ein Baby zu weinen und steckte die anderen an, sodass bald darauf zehn bis zwölf gehäutete Kaninchen herzzerreißend heulten. Ich stolperte rücklings aus der Küche und stieß gegen eine der dunklen nächtlichen Gestalten. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass es der kleine John war. Er trug einen rabenschwarzen Overall, hatte leuchtend gelbe Augen und umfasste seinen Bauch, der grotesk aufgeblasen war. DerNabel drückte sich wie ein obszöner Schnuller aus der Haut heraus. John reichte mir ein riesiges Globalmesser und sagte, ich solle keine Angst haben, schließlich sei es nur ein Traum. Ich nahm ihm das Messer ab, hob es langsam an und stieß es ihm dann mit einem Schrei in den Nabel. Fruchtwasser schoss heraus, spülte mit wahnsinniger Kraft durch die Küche, ergoss sich über den kleinen John, platschte über mich hinweg, bis wir beide klitschnass waren und die Kleider kalt an unserer Haut klebten. Johns Bauch war wieder flach geworden, übersät von Falten und Runzeln. Er sah aus wie eine riesige, uralte und aufgerissene Fotze. In diesem Moment schrak ich aus dem Schlaf hoch, setzte mich auf und sah auf die Uhr: Ich hatte anderthalb Stunden geschlafen und sollte um zehn obduzieren. Aber okay, ich war hellwach.

ODENSE, MÄRZ – APRIL 2010
2
    Für März war es kalt. Verdammt kalt. Und es schneite ohne Unterlass. Als ich mich endlich auf den Heimweg machte, hatte der lästige Wind mein Fenster fast komplett mit dunkelgrauem Schneematsch bedeckt. Immer wieder hatte ich den Feierabend aufgeschoben, und als ich endlich mit mehreren Kleiderschichten bewaffnet auf den Flur trat, bot sich mir ein Anblick, bei dem ich ganz einfach lächeln musste. Dicht neben dem Eingang, mit dem Rücken zu mir gewandt, stand meine Freundin Nkem. Allein der Anblick dieser kleinen schwarzen Frau mit Strickmütze und Fäustlingen amüsierte mich, aber damit nicht genug, sie schien schon einen steifen Hals davon bekommen zu haben, immer wieder nickend zu dem groß gewachsenen rechtsmedizinischen Leiter Bonde Madsen aufzuschauen und dabei Millimeter um Millimeter in Richtung Wand zurückzuweichen, wobei er den Abstand beständig verkleinerte. Normalerweise empfand ich Nkem nicht als »klein«. Sie war größer als ich und bedeutend breiter, doch diese klassische Jagdszene ließ sie irgendwie zusammenschrumpfen und wie ein verängstigtes kleines Kaninchen wirken, das
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