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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Staun
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Overalls über, legten die Mundbinden an und gingen zum kleinen John, der wartete. Nachdem wir uns auch die Überschuhe über die Füße gezogen hatten, betraten wir schließlich den Tatort.
    Der Boden des Flurs war mit Pappe ausgelegt worden. An ein paar Haken an der Wand hingen einige Mäntel und Jacken, flankiert von zwei goldgerahmten, signierten Lithografien von Lars Bo. Als ich ins Wohnzimmer ging, spürte ich, wie meine Pupillen sich in all dem Licht, das von den Männern in ihren weißen Overalls reflektiert wurde, zusammenzogen. Unwillkürlich musste ich blinzeln, marschierte aber standhaft denPapppfad weiter, der eventuelle Spuren im Blut oder anderweitige Indizien bewahren sollte. Mögliche Finger- oder Sohlenabdrücke mussten sie bereits genommen haben.
    Auf dem dunklen Holzboden mitten im Zimmer lag die Dame des Hauses. Sie trug einen schicken Pyjama aus weißer Seide. Auch sie war von Pappe eingerahmt. Ein schwarz gepunkteter Messerschaft, eindeutig der eines Globalmessers, ragte mitten aus ihrem hochschwangeren Bauch hervor – eine Szenerie, die geradezu das Wort »Ritualmord« schrie. Doch auch wenn die Plazierung des Messers durchaus Symbolwert hatte, war diese Schlussfolgerung etwas vorschnell. Ich stellte meine Tasche auf der Pappe ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war nicht das erste Mal, dass ich eine tote schwangere Frau sah, aber das Gefühl der Widernatürlichkeit wurde deshalb nicht geringer. Abgesehen davon, dass alles an dieser Frau irgendwie widernatürlich wirkte.
    Weiß gekleidete Männer hatten sich um die Tote geschart, darunter auch der kleine John, dem ich ein kurzes Lächeln zuwarf. Bei seinem Anblick musste ich immer irgendwie an Butter denken. Er war so weich wie Butter. Die Namen der anderen waren mir längst wieder entfallen.
    »Was wissen wir?«, fragte ich und zog die Handschuhe an.
    »Das hier ist … Das war Eva Sommer«, sagte Flemming. »Ihr Mann war mit dem Hund draußen.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung Straße. »Er hat uns gesagt, seine dreijährige Tochter habe derweil in seinem Bett geschlafen. Seine Frau war vor dem Fernseher eingenickt, bei irgendeiner Realityshow.« Flemming deutete in Richtung des Flachbildschirms und der Sofagruppe aus weißem Leder, die in der anderen Ecke des Wohnzimmers vor dem Panoramafenster standen. »Als er zurückkam, lag sie hier«, er zeigte auf die Tote, »und seine Tochter war wach und schrie wie am Spieß.«
    »Wie lange ist er weg gewesen?«, fragte ich.
    »Er sagte, Fido und er gehen jeden Abend die gleiche Runde, und die dauert etwa eine halbe Stunde.«
    »Dann hat er euch … wann angerufen?« Ich sah auf das Zifferblatt der Mahagonistanduhr: 02.01 Uhr.
    »Um fünf nach zehn.«
    »Wo ist das Zimmer des Mädchens?«
    Flemming zeigte in Richtung Flur, von dem aus eine Holztreppe nach oben führte. »Oben.«
    »Der Täter muss Lärm gemacht haben. Oder hat die Kleine einen leichten Schlaf?«
    Flemming schüttelte den Kopf. »Angeblich schläft sie wie ein Stein.«
    »Hat ihr Mann ein Alibi?«
    »Nein. Nach eigener Aussage hat ihn keiner gesehen, und er hat unterwegs auch mit niemandem gesprochen.« Flemming verdrehte die Augen. Dann schüttelte er den Kopf und zog die Mundwinkel nach unten. Die meisten Morde geschahen im Kreis der Familie. Flemming hatte bereits seinen Täter. »Außerdem wirkte er nicht sonderlich entsetzt.«
    »Ihre Ehe war …?«
    »Etwas angespannt. Nicht zuletzt durch ihre Schwangerschaft.«
    »Er leugnet die Tat aber?« Ich musste lächeln, etwas breiter als für die Situation angemessen.
    Flemming nickte. Ich zog die Augenbrauen hoch. »Sagen Sie mal«, begann Flemming, »das ist doch die Frau aus diesem Gerichtsverfahren, in dem Sie als Zeugin ausgesagt haben?«
    »Ja«, sagte ich und heftete meinen Blick auf eine Kamera, die auf dem Boden lag.
    »Ihr habt die Bilder gemacht, die ihr braucht?«, fragte ich nach kurzem Schweigen.
    »Ja ja, gehen Sie nur hin«, sagte der kleine John.
    »Achter Monat? Neunter?«
    »Der Geburtstermin wäre diese Woche gewesen«, sagte Sidney Jensen und sah dabei aus dem Fenster. Draußen auf der Straße waren jetzt noch weitere Scheinwerferlichter zu sehen. Die Nachricht schien sich verbreitet zu haben.
    Ich kniete neben dem grotesk aufgeblasenen Bauch der Frau nieder. Das Messer steckte fast bis zum Schaft in ihrem Nabel. An der Klinge klebte geronnenes Blut.
    »Hätte man sie nicht ins Krankenhaus fahren müssen? Vielleicht war das Kind ja noch am
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