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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Staun
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Leben?«
    »Wir sind gemeinsam mit einem Rettungswagen gekommen«, sagte Flemming. »Aber ihr Mann ist ja selbst Arzt, und er hat gesagt, dass er vom Säugling keine Herztöne mehr wahrgenommen hat.« Er richtete seinen Blick auf den Bauch der Frau, und ich verkniff mir den Kommentar, dass sich Ehepartner eigentlich überhaupt nicht einmischen sollten. Egal, in welcher Form.
    Ich holte mein Stethoskop aus der Tasche und suchte – natürlich vergebens – nach Herzgeräuschen. Die Mordwaffe sah aus wie ein Gemüsemesser mit einer relativ kleinen Klinge, die direkt durch den Nabel eingedrungen war. Der Säugling musste also nicht notwendigerweise getroffen worden sein. Bei der Mutter bestanden jedoch keine Zweifel. Der riesige Blutfleck auf ihrem weißen Pyjama ließ erkennen, dass ihr das Globalmesser, das jetzt aus ihrem Nabel ragte, zuerst ins Herz gerammt worden war. Die Frau war vermutlich durch ein Geräusch geweckt worden und hatte sich umgedreht. Als sie erkannt hatte, wer es war, war sie vermutlich aufgestanden. Irgendwelche Geräusche hatten dann das schlafende Mädchen im ersten Stock geweckt. Ob gekämpft worden war? Ob sie geschrien hatte? Andererseits schien sie sich nicht gewehrt zuhaben, denn die Messerstiche direkt ins Herz und durch den Nabel setzten voraus, dass sie still auf dem Rücken gelegen hatte. Ich drehte ihren Kopf zur Seite und fand getrocknetes Blut auf der Rückseite ihres Kopfes. Als ich weitertastete, stießen meine Fingerspitzen auf weiche, unscharfe Wundränder.
    »Sie ist vermutlich zuerst mit einem stumpfen Gegenstand bewusstlos geschlagen worden«, sagte ich. »Das erklärt, wie der Täter so zentral zustechen konnte.«
    Ich holte mein Digitalthermometer heraus, schaltete es ein, maß die Lufttemperatur und schob den Metallfühler dann in das linke Ohr des Opfers, bis ich auf Widerstand stieß. Ihr goldener Ohrclip fiel ab, als ich das Thermometer herauszog und konstatierte, dass die Frau in Anbetracht der ungewöhnlichen Wärme, die in dem Zimmer herrschte, vermutlich tatsächlich vor drei oder vier Stunden verstorben war.
    »Ist ihr Mann jetzt auf dem Präsidium?«
    Flemming nickte.
    »Und das Kind und der Hund?«
    »Beim Nachbarn.«
    In dem grellen Licht wirkten Puder und Rouge der Frau wie eine Maske. Ihr rot angemalter Mund war leicht geöffnet, die Zähne viel zu weiß. Ich nahm zwei Pinzetten aus meiner Tasche, hockte mich hinter den Kopf der Frau und drehte mit der Pinzette vorsichtig das obere Augenlid um, sodass ich die Bindehaut sehen konnte. Sie war blass und ohne punktförmige Einblutungen – nicht, dass ich damit gerechnet hätte, welche zu finden. Ich schloss ihre halb offenen Augen, die von bläulichem Lidschatten und einem einzelnen Lidstrich umrahmt waren. Als ich ihre Hand nahm, sah ich, dass auf ihrer Handkante eine schwarze Spinne saß. Ich schrie auf und ließ die Hand erschrocken fallen. Erst da sah ich, dass es keine Spinne, sondern künstliche schwarze Wimpern waren.
    »Was soll ich mit denen hier machen, John?« Ich hob die Wimpern auf und zeigte sie ihm.
    »Was ist das?« Er beugte sich hinunter und inspizierte meinen Fund mit zusammengekniffenen Augen.
    »Falsche Wimpern. Wie nennt man die Dinger eigentlich richtig? Und wohin damit?«
    »Keine Ahnung, kleb sie ihr doch wieder an.«
    »Nee, auf keinen Fall. Kannst du die nicht in irgendeine Tüte packen? Ach, egal.« Ich zog mit der linken Hand eine Tüte aus meiner Tasche, ließ die Wimpern hineinfallen und verschloss sie. »Nimm wenigstens die Tüte«, sagte ich und reichte sie dem kleinen John.
    Ich schüttelte mich vor Unbehagen, untersuchte sie aber weiter hinter den Ohren und in der Mundhöhle. Doch auch dort waren keine Punktblutungen zu finden. Sie war weder erwürgt noch erstickt worden, das war mehr als offensichtlich.
    Noch einmal ließ ich meinen Blick über ihr Gesicht gleiten und musterte dann ihren Hals. Ein Muttermal mit einem einzelnen Haar, ein Goldkettchen, beginnende Orangenhaut.
    »Alter?«
    »Dreiundvierzig«, sagte einer der Anwesenden.
    Keine weiteren Läsionen. Ich nahm ihren rechten Arm. Die Totenstarre setzte etwa eine Stunde nach Eintreten des Todes am Kiefer ein und breitete sich von dort über den ganzen Körper aus. Bereits jetzt war es schwierig, ihren Arm zu beugen. Ich untersuchte ihn auf eventuelle Abwehrverletzungen, fand aber keine. Beide Arme waren ohne jeden Kratzer. Sie waren auffällig haarlos und schimmerten irgendwie golden, vermutlich ein Selbstbräuner, wobei
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