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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition)
Autoren: Susanne Staun
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von seinem gewaltigen Kaninchenvater gnadenlos in eine Ecke gedrängt worden war. Was für ein Stillleben, dachte ich, verbat mir jedoch das Lächeln, schließlich musste sie gerettet werden.
    Die Libido des leitenden Rechtsmediziners war ebenso bekannt wie grenzenlos und hatte sich bereits wie eine wärmesuchende Missile auf mich gerichtet. Wie schwierig es war, einen Chef zu haben, der immer wieder versuchte, sein Glied in eine etwas widerwillige Untergebene zu mogeln, hatte ich im Sommerdeutlich zu spüren bekommen. Trotzdem hatten Bonde Madsen und ich seither eine Umgangsform gefunden, die eine ziemlich reibungslose Zusammenarbeit ermöglichte. Hin und wieder kam eine säuerliche Bemerkung von ihm, da er es nie ganz akzeptiert hatte, von mir abgewiesen worden zu sein, als er mich im Schlaf zu besteigen versucht hatte.
    Gerade jetzt bemerkten seine Sensoren mein Kommen, und für den Bruchteil einer Sekunde sah er aus wie ein kaltblütiger Mörder. Mir entging das nicht, ich konnte aber nicht lokalisieren, welcher Teil seines Körpers dieses mörderische Signal aussandte. Das Unbehagen über meine Anwesenheit, die seine in Gang gesetzte Romanze zerstören würde, stand ihm ins Gesicht geschrieben, das war deutlich zu erkennen, je näher ich kam. Er hatte erst seit kurzem einen neuen Gesichtsausdruck, der mir mehr und mehr auf den Geist ging und der folgende Botschaft vermitteln sollte: Nicht wirklich. Ich bin nicht wirklich müde. Das kann man so nicht wirklich sagen. Es ist nicht wirklich die Rede davon … Ach nein? , antwortete ich immer darauf, ich konnte es mir einfach nicht verkneifen, irgendeinen dummen Kommentar loszulassen. Irgendwie hatte ich da einen Schaden, denn solche Kleinigkeiten fielen mir wirklich immer auf. Warum war mir das nicht egal? In der letzten Woche hatte er mich mit dem Wort »homosexuell« regelrecht in den Wahnsinn getrieben, und das bloß wegen seiner Betonung: »homo« mit extrem rundem »o« und »sexuell« erst nach einer langen Pause. Bestimmt die pathogenste Aussprache, die ich für ein derart normales Wort jemals gehört hatte. Und das alles bloß, weil ihm aufgefallen war, dass einer der Sanitäter lackierte Fingernägel hatte.
    »Jeder lackiert sich doch mal die Nägel«, hatte ich ohne jeden Beleg behauptet. »Sie sind wohl einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit.« Es machte mir eine sadistische Freude, ihnimmer wieder damit zu piesacken, dass er nicht mehr auf der Höhe der Zeit war: weder sprachlich noch sexuell oder ganz allgemein, und dass er vermutlich der letzte Überlebende auf diesem Planeten war, der sich noch ans Bücherregal in der Bibliothek stellte und leise flüsternd ein Gedicht von Emil Aarestrup aufsagte, das er als Kind hatte auswendig lernen müssen und das ihm seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen war.
    »Verdammt, Krause!« Bonde Madsen hatte beide Hände auf seine Hüften gestemmt und sah mich mit unverhohlenem Zorn an. »Weg mit der Kippe, hier drinnen wird nicht geraucht!«
    »Kommen Sie schon!«, sagte ich durch zusammengepresste Lippen, damit meine Cecil nicht auf den Teppichboden fiel. »Es sind doch längst alle gegangen.« Madsen wollte noch irgendetwas hinzufügen, möglichst altklug und zurechtweisend, aber ich heftete meinen Blick stattdessen auf Nkem.
    »Soll ich dich mit nach Hause nehmen?«, fragte ich und trat so dicht an die beiden heran, dass ich mich im Weiß ihrer Augen spiegeln konnte und ihren angsterfüllten Talkumduft roch.
    Sie sprang mir fast auf den Schoß, begleitet von einem aus tiefster Seele kommenden »Oh, danke, ich dachte, du wärst längst weg, nne . Mein Fahrrad hat einen Platten, also hätte ich jetzt nach Hause laufen müssen. Das würde mir zwar auch nicht schaden, aber …« Sie redete ungewöhnlich schnell und ihre Stimme klang viel zu hoch. Mit großen, erleichterten Augen sah sie Madsen an und knetete eine weiche Plastiktüte in den Händen. »Na, dann, machen Sie’s gut.«
    »Worüber habt ihr denn geredet?«, fragte ich und hielt ihr die Außentür mit dem Fuß auf. Durch zwei Schichten Glas sah ich, wie Bonde Madsen uns hinterherblickte. Er hatte seine Hände in die Taschen geschoben und sah verärgert aus. Ich hatte seine Balz durchkreuzt, war ihm wieder in die Quere gekommen.
    Der Himmel über dem Parkplatz war schiefergrau, der Frost zupfte mit kleinen, spitzen Zähnen an der Haut, und der Asphalt glänzte nass und glatt.
    »Basiswissen.« Sie grinste und warf mir einen Blick voll gespielter
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