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Die Liebe deines Lebens

Die Liebe deines Lebens

Titel: Die Liebe deines Lebens
Autoren: Cecelia Ahern
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1 Wie man jemanden beruhigt
    Man sagt, der Blitz schlägt nie zweimal ein. Stimmt aber nicht. Na ja, dass die Leute das sagen, stimmt schon, aber als Tatsache ist es falsch.
    Wissenschaftler haben festgestellt, dass Wolke-Erde-Blitze häufig an zwei oder mehr Stellen in den Boden einschlagen und dass die Chance, getroffen zu werden, um etwa fünfundvierzig Prozent höher ist als allgemein angenommen. Meistens will man mit dem Spruch ja ausdrücken, dass der Blitz nie mehrmals denselben trifft, doch auch das stimmt nicht. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, von einem Blitz getroffen zu werden, bei eins zu dreitausend liegt, wurde Roy Cleveland Sullivan, ein Park-Ranger aus Virginia, in seinem Leben siebenmal vom Blitz erwischt. Roy überlebte sämtliche Blitzschläge, jagte sich aber mit einundsiebzig Jahren eine Kugel in den Bauch – wie man munkelte, nahm er sich das Leben aus Liebeskummer. Wenn die Leute auf die beliebte Blitzmetapher verzichten und stattdessen einfach sagen würden, was sie meinen, wäre das:
»Das gleiche sehr unwahrscheinliche Ereignis passiert einem Menschen nie zweimal.«
Allerdings stimmt das auch nicht. Wenn sich Roy wirklich aus Liebeskummer umbrachte, dann wusste er sicher besser als alle anderen, dass dieser ganz besondere Schmerz, der mit einem gebrochenen Herzen einhergeht, ihn durchaus noch einmal treffen könnte, auch wenn es unwahrscheinlich war. Was mich zum Kern meiner Geschichte bringt, dem ersten meiner beiden höchst unwahrscheinlichen Erlebnisse.
    Es war elf Uhr in einer eiskalten Dubliner Dezembernacht, und ich befand mich an einer Stelle, an der ich noch nie gewesen war. Das soll keine Metapher für meine psychische Verfassung sein, auch wenn sie ziemlich passend wäre. Ich meine nur, dass ich diesen Ort noch nie betreten hatte, jedenfalls nicht in seiner gegenwärtigen Form. Ein eisiger Wind fuhr durch die verlassene Wohnsiedlung in der Southside und heulte zwischen zerbrochenen Fensterscheiben und losem Gerüstmaterial eine gespenstische Melodie. Schwarze Risse, wo Fenster hätten sein sollen, bedrohliche Löcher und herausgerissene Steinplatten in unfertigem Mauerwerk, wahllos auf Balkone und Fluchtwege gehäufte Kabel und Rohre, die irgendwo anfingen und im Nichts endeten – die perfekte Kulisse für eine Tragödie. Allein bei dem Anblick dieser verwahrlosten Einöde überfiel mich ein Frösteln, das nichts mit den frostigen Temperaturen zu tun hatte. In diesen Wohnblocks hätten hinter zugezogenen Vorhängen Familien schlafen sollen, aber die Siedlung war vollkommen leblos, verlassen von ihren Bewohnern, die hier in tickenden Zeitbomben gelebt hatten, mit einer Liste von Brandschutzproblemen so lang wie die Lügen-Liste der Bauunternehmer, die ihr Versprechen auf erschwingliche Luxuswohnungen nicht gehalten hatten.
    Ich hätte nicht hier sein sollen. Ich hatte das Gelände unrechtmäßig betreten, aber das war es nicht, was mir hätte Sorgen machen sollen. Es war gefährlich, ich hatte hier nichts zu suchen. Jeder normale Mensch hätte kehrtmachen und dorthin zurückgehen sollen, woher er gekommen war. Das wusste ich alles, aber ich ging trotzdem weiter, verstrickt in eine heftige Debatte mit meinem Bauchgefühl. Und schließlich betrat ich eins der Gebäude.
    Fünfundvierzig Minuten später stand ich zitternd wieder draußen und wartete auf die Polizei, wie es mir der Mann in der Notrufzentrale aufgetragen hatte. In der Ferne sah ich schon die Lichter des Krankenwagens, kurz darauf folgte ihm ein Polizeiauto in Zivil, und heraus stürzte Detective Maguire, ein unrasierter Mann mit zerzausten Haaren und zerfurchtem, fast hagerem Gesicht, den ich später als enorm gestresstes emotionales Pulverfass kennenlernte. Wenn er zu einer Rockband gehört hätte, wäre sein Aufzug als cool durchgegangen, aber die Tatsache, dass er ein siebenundvierzigjähriger Detective im Einsatz war, minderte den stylischen Aspekt beträchtlich und betonte eher noch den Ernst der Situation, in die ich mich gebracht hatte. Nachdem ich ihm und seinen Kollegen den Weg zu Simons Apartment beschrieben hatte, ging ich wieder nach draußen und wartete darauf, meine Geschichte zu erzählen.
    Ich berichtete Detective Maguire von Simon Conway, dem sechsunddreißigjährigen Mann, den ich im Innern des Gebäudes getroffen hatte und der zusammen mit fünfzig anderen Familien wegen Sicherheitsmängeln aus der Siedlung evakuiert worden war. Simon hatte hauptsächlich über Geldprobleme gesprochen, in die er
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