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Blut und Sünde

Blut und Sünde

Titel: Blut und Sünde
Autoren: Jason Dark
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die warme Luft eines Sommertages gefreut, wenn sie in ihre Wohnung eindrang. Das war nun vorbei.
    Plötzlich kam ihr das Fenster fremd und abweisend vor. Es hatte sich verändert. Es war zu einem Einstieg ins Grauen geworden. Wer immer sich dahinter aufhielt, er konnte alles sein, nur nicht ihr Freund.
    »So ist es gut.« Der Fremde hatte genau mitbekommen, was sie tat. Irrte sie, oder hatte er ihr zugewinkt?
    Florence fühlte sich als Marionette, die an den Fäden eines Fremden hing, vor dem sie sich fürchtete, dem sie aber gehorchte.
    Es waren nur wenige Schritte bis zum Fenster. Alles war sie sonst geblieben. Nur schärfer. Sie hörte den eigenen Atem lauter. Jedes Aufsetzen des Fußes ebenfalls. Da hatte sich eine völlig andere Atmosphäre über die normale geschoben.
    Dann war sie da. Das heißt, sie brauchte nur den Arm auszustrecken, um den Griff umfassen zu können. Noch zögerte sie. Plötzlich schien die Scheibe verschwunden zu sein, so klar und deutlich sah sie das Gesicht in der Dunkelheit hinter dem Fenster schweben. Das wie bleich angestrichen wirkende Gesicht eines Menschen. Bestückt mit Augen, deren Pupillen rot waren. Einfach nur zwei blutige Tropfen.
    So etwas hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Das war nicht menschlich, auch wenn das Gesicht so wirkte. All die Bleichheit und diese dünne Haut, in der selbst die Lippen nicht auffielen. Dann die leicht gebogene Nase, über der sich die hohe Stirn mit den dunklen Brauen abhob.
    Schwarzes Haar. Glatt nach hinten gekämmt. Ein Wesen, wie es in bestimmten Filmen und in entsprechenden Büchern vorkam, und das sie nicht als menschlich ansah.
    »Öffne!«
    Genau das Wort hatte noch ausgereicht, um Florence handeln zu lassen. Jetzt streckte sie ihren rechten Arm aus und umfasste den Fenstergriff. Er war aus Metall und kaum angewärmt. In den folgenden Sekunden reagierte sie rein automatisch. Sie drehte ihn herum, wie sie es immer tat. Dann zerrte sie am Fenster, spürte den leichten Widerstand, wo Holz über Holz streifte, ein letzter, kleiner Ruck, und schon war das Fenster offen. Da schwappte ihr die kühle Luft entgegen, und sie trat einen Schritt zurück. Nicht nur wegen der Kälte. Sie wollte dem unheimlichen Besucher Gelegenheit geben, durch das offene Fenster in ihre Wohnung zu gelangen.
    Er kam der Aufforderung nach. Florence wusste nicht einmal, ob er sich normal wie ein Mensch bewegte oder mit der Hauswand als Stütze kletterte. Sie hörte auch kein Geräusch, er drückte sich schwebend hoch, so dass sie jetzt einen großen Teil seiner Gestalt sah, die ganz in Schwarz gekleidet war.
    Sie duckte sich beim Eintritt etwas, um sich dann nach vorn zu beugen. Das Gesicht blieb so bleich wie es war, nur auf der Stirn veränderte sich etwas.
    Zunächst war es nur eine Bewegung. Da zuckte die Haut, und auf dem hellen Hintergrund entstand ein dunkler Umriss.
    Noch sah sie ihn nicht genau. Erst als der Fremde einen Schritt in das Zimmer hineinsetzte und mit dem rechten Fuß den Boden berührte, sah sie besser, was sich da verändert hatte.
    Auf der Stirn zeichnete sich ein Buchstabe ab, der von Sekunde zu Sekunde immer deutlicher hervortrat und den Florence einfach nicht aus den Augen lassen konnte. Zuerst hatte sie mit einem O gerechnet. Oder mit einer Null. Das war es nicht. Während der Buchstabe sich immer mehr rötete und die Farbe in den Pupillen zurückging, wurde ihr klar, dass die Stirn des Fremden mit einem D bestückt war.
    Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Aber der Fremde war am Ziel seiner Wünsche angelangt, denn sie sah sein breites Lächeln, bei dem die Lippen geschlossen blieben. Er hatte auch das andere Bein eingeholt, stand im Raum, schloss das Fenster, und Florence war in der Lage, auch etwas Bestimmtes zu spüren, das er ausstrahlte.
    Ein Geruch? Eine Sphäre? Vielleicht beides. Da vermischte sich etwas miteinander. Der feuchte, alte Geruch, der sie an Särge und auch Blut erinnerte auf der einen Seite und auf der anderen diese unsichtbare Strahlung, die sie als Schauer erreichte und die abermals bei ihr eine Gänsehaut verursachte.
    Sie spürte die Furcht. Sie war wie ein Druck, der sich innen und außen auf ihrem Körper verteilt hatte.
    Sehr heftig klopfte ihr Herz. Es war für Florence schwer, einen eigenen Gedanken zu fassen, und doch musste sie sich damit abfinden, dass vom heutigen Tag nichts mehr so war wie sonst. An diesem Abend hatte ihr Leben eine Wende erfahren, und diese Wende würde sich fortsetzen bis
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