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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben
Autoren: Uwe Voehl
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beidseits von ihr postiert.
    »Du hast es von Anfang an gewusst, oder?«, fragte sie.
    Wir standen im Korridor des Polizeipräsidiums. Es hatte leider nicht den pathetischen Charme von Casablanca, als sich Humphrey Bogart und Ingrid Bergman auf dem nebelverhangenen Flughafen verabschiedeten.
    Es reichte noch nicht einmal für einen Kuss.
    Oder für Tränen.
    Eher erinnerte der Ort hier an einen Bahnhof. Beamte wuselten an uns vorbei, Türen wurden geschlagen, Telefone klingelten.
    »Nicht von Anfang an«, sagte ich. »Aber die Geschichte mit dem Notizbuch habe ich dir nicht abgenommen. Trotzdem: Ich habe bis zum Schluss gehofft, dass ich mich irre.«
    »Ja, die Wolfsangel hat mir wohl das Genick gebrochen ... Armin fand, dass es eine gute Idee sei, noch eine dort oben auf der Falkenburg zu platzieren. Er war ganz besessen davon, den Mord an Ludwig den Rechten in die Schuhe zu schieben. Gregor Wattenberg hat den Kopf dort oben angebracht, aber vergessen, die zweite Wolfsangel als Köder auszulegen. Armin war das Teil zu heiß, also hat er mich beauftragt, es dort oben irgendwo loszuwerden. Als Ärztin vor Ort hatte ich leichtes Spiel.
    Leider fand niemand die Wolfsangel. Ich habe mir Sorgen gemacht und ein bisschen herumgefragt. Der Einzige, der nach mir bei dem Busch war, warst du ... Von da an war es ein Verwirrspiel. Armin fand die Idee gut, dich als Verdächtigen mit in die Sache hineinzuziehen. Ich nicht. Als du langsam neugierig geworden bist, fand auch Armin seine Idee nicht mehr so gut. Er hat dich zusammenschlagen lassen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hättest du die Schlägerei nicht überlebt. Er hatte Angst vor dir, wusstest du das?«
    Ich nickte. »Er kennt meine Vergangenheit.«
    »Die Wattenbergs haben auch deine Wohnung umgekrempelt – aber du hast dich auch davon nicht abschrecken lassen. Dann hat Armin alles auf eine Karte gesetzt: Er wusste, dass das BKA ihm ganz dicht auf den Fersen war – daher die Lösegeldforderung. Er wollte sich absetzen ...«
    »Und du? Wärst du mit ihm gegangen?«
    Sie schwieg. Stahl schaute ungeduldig auf seine Uhr.
    »Nein«, sagte sie schließlich. »Wir hatten nichts mehr miteinander. Er hat mich dazu gezwungen, mitzumachen.«
    »Das würde ich auch behaupten«, sagte Stahl barsch. Carinna bat ihn mit einer Geste, zu schweigen.
    »Woher wusstest du es überhaupt?«, fragte Maren mich.
    »Wissen ist übertrieben. Die Erkenntnis kam nach und nach. Armin und Ludwig haben oft die Geschichte mit dem alten Bietenstüvel erzählt – besonders, wenn sie getrunken hatten. Die blonde Petra und die rothaarige Ingrid. Als ich ihn vor Kurzem auf Ingrid angesprochen habe, erzählte er mir, sie hätte einen Fußballspieler geheiratet ... Ich weiß nicht, warum Armin diesen Unsinn erzählt hat, wahrscheinlich fiel ihm damals so schnell nichts Besseres ein. Jedenfalls hat mich das interessiert. Keine Ahnung warum. Bielefelder Fußballspieler, die in der Nationalmannschaft Karriere gemacht haben, kannst du an einer Hand abzählen. Da gibt’s nicht viele. Und keine dieser Spielerfrauen hieß Ingrid. Warum hast du dir nicht wenigstens die Haare gefärbt?«
    »Weil ich nun mal rothaarig bin. Und weil ich mich so mag. Ich bin damals wieder nach Münster gezogen und habe Medizin studiert. Zehn Jahre später sind Armin und ich uns zufällig wieder über den Weg gelaufen. Er hat mir versichert, dass er seine RAF-Vergangenheit endgültig hinter sich gelassen hat. Außerdem würde in Lippe sowieso kein Hahn danach krähen. Und er wusste von einem Arzt, der sich hier bald zur Ruhe setzen und dessen Praxis frei werden würde ...«
    Stahl schaute abermals auf seine Uhr. Ich verstand.

20.
    Weil seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hatte, hinterließ ein Fünfzehnjähriger in Brackwede eine Spur der Verwüstung. Frustriert zertrümmerte er achtunddreißig Fensterscheiben im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr. Seine Wut habe er eher zufällig an dem Feuerwehrgebäude ausgelassen, so die Polizei.
    Siebenhundertfünfzig Landwirte bauten derzeit Rüben für die Zuckerfabrik Lage an.
    »Wir müssen mindestens siebenundsechzig Tonnen ernten, damit wir die Quoten und die Verträge erfüllen können«, betonte die Geschäftsleitung. Den guten Wert des vergangenen Jahres (neunundsiebzig Tonnen) werde man wohl nicht erreichen.
    Die stets fröhliche Steffi Klug von Teuto Eins hörte sich so munter an wie eh und je.
    Ich kuschelte mich in meine Decke und genoss die Morgensonne, die durch das Fenster
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