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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben
Autoren: Uwe Voehl
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ausgesagt, eine Stimme habe ihm befohlen, sein Opfer mit der Axt zu töten.
    Das Hermannsdenkmal wurde für Touristen bis auf Weiteres gesperrt, da sich mehrere Steine gelöst hatten und Gefahr für Leib und Leben der Besucher nicht ausgeschlossen wurde.
    Im Teutoburger Wald hatten Archäologen bei Ausgrabungen an der Falkenburg mehr als ein Dutzend Wolfsangeln gefunden ...
    Meine Gedanken schweiften ab. Steffis neunmalkluge Stimme trat in den Hintergrund. Wolfsangeln, was war das noch einmal?
    »... war geplant, die Wolfsangeln im Laufe des Jahres in Herne auszustellen, wo das LWL-Archäologiemuseum unter dem Motto ›Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen‹ die Ergebnisse der fünfjährigen Grabung auf der Stammburg der einstigen Edelherren zur Lippe in Detmold präsentiert ...«
    Ich war drauf und dran, aufzustehen und einen anderen Sender einzustellen, als Steffi Klug endlich zur Sache kam und in ihrem munteren Ton darüber plapperte, dass man die Wolfsangeln doch nicht weitergegeben habe. Zwei waren nämlich abhandengekommen.
    Steffi stutzte. Aber nur kurz, bevor sie fortfuhr:
    »Hier ist noch eine brandneue Meldung hereingeflattert ...«
    In den Morgenstunden hatte man Ludwig L. aufgefunden. Das heißt, seinen Kopf. Die gute Steffi verkaufte sogar diese Meldung wie einen besonders fröhlichen Guten-Morgen-Gruß. Trotzdem war ich jetzt hellwach.
    »Die Polizei ermittelt zurzeit. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Teuto Eins, bleiben Sie dran!«
    Es folgte Lena Meyer-Landshut mit Satellite, und damit war der Morgen für mich endgültig gelaufen.
    Das Telefon klingelte. Es war mein Vetter Armin.
    »Hast du das eben im Radio gehört? Sie haben Ludwigs Kopf gefunden!« Er klang aufgeregt. Aufgeregt und am Boden zerstört zugleich.
    »Ich habe es gehört, aber vielleicht ist er es ja gar nicht.« Ich wusste nicht, was ich weiter sagen sollte.
    Mein Beileid? Dazu war es vielleicht noch etwas zu früh. Noch stand ja gar nichts fest. Es war nur eine Meldung im Radio ...
    »Er ist tot!«, sagte Armin. Es klang wie eine düstere Prophezeiung – und in diesem Fall schien sie bereits eingetroffen zu sein.
    »Soll ich zu dir kommen?«, fragte ich.
    »Nein, aber du musst dich darum kümmern. Ich muss wissen, ob es wirklich sein Kopf ist, den man gefunden hat. Du warst doch früher Journalist.«
    Journalist, was hieß das schon? Die Zeiten waren lange vorbei.
    »Warum rufst du nicht selbst bei der Polizei an«, schlug ich vor.
    Er lachte auf. Es klang nicht fröhlich. »Ich und die Polizei. Du weißt genau ...«
    »Also schön, ich kümmere mich darum. Aber ich kann nichts versprechen.«
    Er legte auf.
    Ich öffnete eine neue Dose Hundefutter, entnahm ihr ein Drittel der Masse – Kutteln, Herz, Karotten und all das, was ein Hundeherz höher schlagen lässt. Und das alles noch vor dem Frühstück, aber als Hundebesitzer ging ich durch so manche Prüfung. Ich vermischte die allein für Luna wohlriechende Masse mit Haferflocken und schob ihr den Fressnapf hin.
    Danach machte ich mir Kaffee. Während ich das Wasser in die Maschine goss, den Kaffeefilter unten knickte und mit Pulver füllte, musste ich die ganze Zeit an den Toten denken.
    Ich kannte einen Ludwig Leineweber – und ich hatte die ernsthafte Befürchtung, dass es sich bei dem Opfer um ihn handelte. Ludwig Leineweber war Landwirt in unserer Gemeinde. Mit seinem Kompagnon, der zufällig auch mein Vetter war, bearbeitete er mehr als zweihundert Hektar Anbaufläche, davon waren mehr als die Hälfte für Rüben reserviert. Zuckerrüben. Hier in der Region bildeten diese eine unerlässliche Einnahmequelle. Die Zuckerfabrik in Lage war ständig auf Nachschub angewiesen. Während der Rübenkampagne verschlang das riesige Monster zwölftausend Tonnen Rüben pro Tag, und sogar nachts qualmten dann die riesigen Schornsteine und bliesen ihren süßlichen Atem über die Zuckerstadt aus. Manchmal bis in den Dezember hinein.
    Mehr als einen Kaffee vertrug ich so früh am Morgen nicht. Ich wählte die Nummer von Teuto Eins und ließ mich mit der Nachrichtenredaktion verbinden. Schließlich hatte ich einen Herrn Neumann am Apparat. Ich trug ihm mein Anliegen vor, dass ich gerne mehr über den Fall erfahren wollte, weil ich den Toten vielleicht kannte.
    »Warum rufen Sie nicht die Polizei an?«, fragte er unfreundlich.
    »Ich dachte, Sie wüssten vielleicht etwas Genaueres.«
    »Nicht viel mehr, als wir berichtet haben«, knurrte er. Unwillkürlich fragte ich mich, ob ich mich
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