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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben
Autoren: Uwe Voehl
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auftauchen wird. Die beiden sind ja nicht verheiratet.«
    »Auch nicht schwul?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste. Im Gegenteil. Zumindest Armin war früher ein echter Weiberheld. Armin hat mich angerufen. Er machte sich große Sorgen, weil Ludwig abends nicht nach Hause gekommen war. Er war mittags auf seinen Trecker gestiegen und davongedüst. Und bevor du nachfragst: Nein, die beiden hatten keinen Streit. Und es war wohl nicht das erste Mal, dass Ludwig sich auf den Trecker setzte und einfach durch die Gegend düste. Bis jetzt ist er aber immer wieder zurückgekommen.«
    »Wir werden deinen Vetter Armin noch genau unter die Lupe nehmen«, versprach Norbert.
    Ich lachte auf. »Armin? Der würde einer Fliege eher ein Bein annähen, als es auszureißen.« Armins Leidenschaft war tatsächlich Nähen. Nähen, Stricken, Handarbeiten. Für gewöhnlich sammelte ich sämtliche abgerissenen Knöpfe, um sie einmal im Monat von Armin wieder annähen zu lassen. Sein besonderes Hobby war es, Eierwärmer zu häkeln. Selbst in meiner Küche befanden sich zig Exemplare als Beweis seines verschrobenen Hobbys.
    »Vergiss nicht: In diesem Fall hat der Mörder dem Opfer sogar den Kopf abgerissen! Ich glaube nicht, dass dein Vetter den auch wieder annähen würde.«
    »Er würde sich nicht einmal einen Lampenschirm daraus basteln wollen. Schließlich heißt er nicht Ed Gain.«
    »Überlass uns die Ermittlungen. Und bitte auch die entsprechenden Schlussfolgerungen, mein Lieber. Wir werden deinen Vetter schon nicht gleich verhaften. Er ist nur einer von vielen Verdächtigen.«
    »Bist du sicher, dass du nicht übertreibst?«
    »Nein, guck einmal dich an: Du tauchst hier auf, erzählst mir eine Geschichte, von der ich zu deinen Gunsten einmal annehme, dass sie im Großen und Ganzen stimmt. Bis auf dein Motiv, hierherzukommen. Du behauptest, du schaust hier mal vorbei, weil du den Toten kennst. Da hätte ein simpler Anruf genügt.«
    »Eben nicht«, widersprach ich. »Ich bin geradezu gezwungen worden, hierher zu fahren. Telefonisch würde mir sowieso niemand Auskunft geben.«
    »Klar, Nachrichtensperre. Du musst dich eben gedulden. Also hat dich dein schlechtes Gewissen hergetrieben. Du weißt doch: Die meisten Täter kehren zum Tatort zurück.«
    Ich war das Geplänkel leid. »Ich will ihn sehen«, sagte ich. »Das ist der einzige Grund, weshalb ich hier bin. Wenn ich ihn sehe, kann ich euch sagen, ob es wirklich Ludwig ist. Ich möchte Armin nämlich den Anblick ersparen.«
    »Du opferst dich? Auch das macht dich nicht weniger verdächtig. Die meisten Mörder haben irrationale Ängste. Sie stechen lieber zweimal zu statt einmal. Sie kommen auf die abstrusesten Ideen, damit das Opfer auch wirklich tot ist. Manchmal ermorden sie es auch mehrmals, weil sie ganz sicher sein wollen, dass es nicht mehr lebt. Heraus kommt die eierlegende Wollmilchsau – Verzeihung: Das strangulierte, erschossene Giftopfer. Passiert gar nicht mal so selten, glaub mir. Na ja, und dann die Nachwehen: Kaum hat der Mörder den Tatort verlassen, plagen ihn die Ängste: Was ist, wenn er doch nicht richtig gezielt hat? Oder wenn er die Dosis doch zu niedrig angesetzt hat? Und dann die erste Nacht: Wenn die Träume kommen, die Albträume. Und mit den Albträumen immer wieder die Zweifel: Ist er wirklich tot? Oder hat man ihn bereits gefunden und wiederbelebt? Ist mir die Polizei schon auf den Fersen? Du horchst in die Dunkelheit hinein. Das Knarren der Dielen ... sind das nicht Schritte, die du da hörst? Vielleicht ist es ja gar nicht die Polizei, sondern der Tote!«
    »Mit deinen Gruselgeschichten solltest du Schriftsteller werden.«
    »Keine Gruselgeschichten. Täterpsychologie.«
    Allmählich war meine Geduld erschöpft. »Hör zu«, sagte ich. »Wenn du keinen Wert auf meine Hilfe legst, dann sag es doch einfach. Ich kann ja verstehen, dass du sauer bist. Ihr habt einen Maulwurf und wisst nicht, wer es ist. In spätestens einer halben Stunde habt ihr hier einen Haufen Neugieriger.«
    »Mit denen werden wir schon fertig, verlass dich darauf«, knurrte er.
    »Und ihr habt einen Kopf ohne Körper.«
    »Also schön, du lässt nicht locker. Du willst dir die Sauerei wirklich ansehen, ja? Weißt du, wie so ein Kopf aussieht, wenn er zwei Tage am Baum gehangen hat? Willst du das wirklich wissen?«
    »Immerhin habt ihr ihn als Ludwig identifizieren können.«
    Norbert schüttelte den Kopf. »Da ist nichts mehr zu identifizieren. Das ist ja die Schweinerei: Wenn es stimmt,
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