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0222 - Im Schloß der Riesen

0222 - Im Schloß der Riesen

Titel: 0222 - Im Schloß der Riesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Der Blitz kam aus heiterem Himmel.
    Angelique Sarson sah ihn zuerst. Sie schrie auf und schlug die Hände vors Gesicht, weil die strahlende Helligkeit sie blendete. Der Blitz verästelte sich millionenfach und schlug krachend und knisternd ein. Der Donner rollte fast im gleichen Augenblick.
    Pierre Loudois fuhr herum. »Was… ?«
    Die Frage blieb ihm im Hals stecken. Unwillkürlich zog er den Kopf ein, als das Dröhnen kam. Dann aber reagierte er.
    »Hinlegen, rasch!« schrie er Angelique an und warf sich über sie, riß sie mit sich zu Boden, und schützte ihren Körper mit seinem.
    Aber der Überlebensreflex erwies sich als überflüssig. Nichts mehr geschah. Nur die Sonne wurde wieder sichtbar, die sekundenlang von der gleißenden Helligkeit des Blitzes verdrängt worden war.
    »Was - war das, Pierre?« flüsterte Angelique erschrocken.
    Pierre rollte sich zur Seite und stützte sich halb auf.
    »Jedenfalls keine Atombombe, wie ich zuerst dachte«, murmelte er. »Der Rauchpilz fehlte. - Kannst du noch sehen, Engel?«
    »Ja«, erwiderte sie zögernd.
    Er beugte sich wieder über sie und küßte sie. »Bon, chéri. Komm hoch. Es ist vorbei.«
    »Du hast allen Ernstes mit einer Atombombe gerechnet?« fragte Angélique leise. »Wer sollte sie denn werfen? Wir sind doch mitten im Frieden!«
    Pierre Loudois zuckte mit den breiten Schultern.
    »Wer weiß?«, sagte er nur.
    Das schwarzhaarige Mädchen lehnte sich an ihn. Pierre spürte die Wärme ihres schutzsuchenden Körpers, und mechanisch begann er, sie zu streicheln. Unter der sanften Berührung entspannte sie sich etwas.
    Sie sah wieder zu der Stelle hinüber, an der der Blitz eingeschlagen hatte. »War das wirklich ein Blitz? Es gibt doch gar kein Gewitter!«
    Pierre nickte. »Stimmt. Obgleich -diese Hitze fordert ein Gewitter geradezu heraus. Aber es gibt keine Wolke, nichts. Die Luft riecht auch nicht nach Unwetter.«
    Sie glaubte ihm. Pierre gehörte zu den Menschen, die sich noch einen Sinn für Wetterwechsel bewahrt hatten. Wenn er sagte, daß die Luft nicht nach Gewitter roch, dann war es so.
    Was aber konnte die Erscheinung dann gewesen sein?
    »Ein abstürzendes Flugzeug vielleicht?«
    »Vielleicht«, murmelte Pierre. »Ich glaube, wir sollten uns die Stelle einmal näher ansehen.«
    »Muß das sein?« fragte Angelique leise.
    Pierre antwortete nicht. Schweigend raffte er die große Decke zusammen, die er vor ein paar Minuten erst ausbreitete, um das Picknick vorzubereiten, und warf sie in den noch offenstehenden Kofferraum des alten Peugeot.
    »Ich habe Angst«, sagte Angelique. »Ich will da nicht hin.«
    Pierre sah, wie sich auf ihrem Körper eine Gänsehaut ausbreitete, trotz des schwülen Wetters. Das nur mit einem knappen Tangahöschen bekleidete Mädchen schüttelte sich.
    »Ach, komm, das ist halb so wild«, beschwichtigte Pierre. »Aber ich möchte zu gern wissen, was das ist.«
    »Ich bleibe hier«, sagte sie.
    »Stell dich doch nicht so an!«
    Pierre brauchte einige Zeit, seine Freundin zu überreden. Endlich schaffte er es, daß sie mit zum Wagen kam. Sie streifte sich die luftige Bluse über und stieg ein.
    Pierre gab Gas. Der Peugeot rollte von der Wiese auf die Straße zurück und näherte sich jener Stelle, an der der Blitz erschienen war.
    Angelique fror trotz der Hitze.
    Sie warf einen raschen Blick zu Pierre, der neben ihr am Lenkrad saß. Und sie fragte sich, ob sie diesen jungen Mann wirklich liebte, der keine Rücksicht auf ihre Gefühle nahm.
    Plötzlich sah sie ihn völlig anders.
    Ein Skelett fuhr den silbergrauen, rostfleckigen Wagen.
    Angelique stieß einen schrillen Schrei aus.
    ***
    »Was war das?« fragte Professor Zamorra und schaltete die Schreibmaschine aus. Für ein paar Sekunden konnte er nichts sehen. Eine gleißende Helligkeit erfüllte sein Arbeitszimmer.
    Sie wich nur langsam, und ebenso langsam kehrte Zamorras Sehvermögen zurück. Augenblicke später kam eine Stimme aus der Sprechanlage.
    »Da war ein Phänomen, Monsieur Zamorra! Ich kann es mir nicht erklären. Eine unglaubliche Helligkeit… Haben Sie sie auch bemerkt?«
    Es knackte trocken. Zamorra räusperte sich und beugte sich zu den Sprechrillen seines Gerätes vor. »Ja, Raffael. Heller als die Sonne… Man sollte meinen, ein Blitz habe eingeschlagen, oder jemand habe eine Atombombe auf unser Château Montagne abgeworfen!«
    Eine dritte Stimme mischte sich in die Unterhaltung: Nicole Duval, die ihre Pflichten als Zamorras Sekretärin mit dessen stillem
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