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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn
Autoren: Walter Farley
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doch er war nirgends zu entdecken.
    Alec schlüpfte in seinen schwarzen Dreß. Wozu noch warten? dachte er. Seine Kehle war ausgedörrt, und seine Muskeln waren krampfhaft gespannt. Entspanne dich! Lockere dich! befahl er sich. Sonst schadest du dir selbst und deinem Pferd, das die Verkrampftheit sofort fühlen wird. Sie mußten beide heute auf der Fiöhe sein, an dem so lange herbeigesehnten und schwer erkämpften Tag. Es konnte und durfte nichts verkehrt gehen. Das waren sie schon Henry schuldig, der sich so sehr für sie eingesetzt hatte. Er war bei Vulkan geblieben, um ihn nicht eine Minute aus den Augen zu lassen, denn er traute Peter Boldt nichts Gutes zu. Sie hatten ihn mächtig blamiert, als sie am Tag zuvor mit der notariell beglaubigten Verkaufsquittung vor der Rennkommission erschienen waren. Und diesmal war Henry, nachdem die Rennkommission Peter Boldts Anklage formell zurückgewiesen hatte, um keinen Preis zu bewegen gewesen, mit heimzugehen; er hatte draußen auf Boldt gewartet. Erst später am Nachmittag war er wieder in Flushing aufgetaucht — mit verbundenen Knöcheln... Sie hatten ihm keine Fragen gestellt.
    Alec zog gerade seine Reitstiefel an, als Lanny Sansone mit seinem Helfer den Raum betrat und eilig auf die leeren Schränke zusteuerte. Er entdeckte Alec und wählte den Schrank neben dem seinigen.
    »Ich konnte nicht durch«, erzählte er. »Auf den Anfahrtsstraßen zur Rennbahn herrscht ein Andrang sondergleichen! So etwas hab’ ich nur selten gesehen! Ich schätze, daß wir über 50 000 Zuschauer haben werden.« Während er sich umzog, sah er Alec forschend an. »Na, wie ist dir zumute?« fragte er.
    »Nicht schlecht, aber ich habe ein bißchen Lampenfieber«, bekannte Alec. »Das kenne ich, damit hatte ich in den ersten Jahren meiner Laufbahn auch immer zu kämpfen. Jetzt ist es besser, aber ich glaube, wir fühlen uns alle in jedem Rennen früher und später einmal zitterig, ganz gleich, wie lange wir im Beruf sind, auch die da!« Lanny wies mit einer Kopfbewegung auf die anderen Jockeys.
    »Wenn man sie so sieht, merkt man es ihnen nicht an«, meinte Alec. Sansone setzte sich auf die Bank, nachdem er seine maronenbraune Seidenbluse übergezogen hatte. Sein Helfer hielt ihm die Reitstiefel hin. »Sie haben alle ihre Probleme, genau wie du und ich. Wir wissen das alle, ob wir’s zeigen oder nicht.« Lanny hielt inne und wies unauffällig auf einen ziemlich alt wirkenden Mann mit zurückfliehendem Kinn. Er stand nicht weit von ihnen. »Nimm beispielsweise Ward, er reitet Boldts Komet« flüsterte Lanny. »Er weiß natürlich, daß er der Favorit ist. Wenn er aber nicht siegt, wird Boldt ihm alle Schande sagen... Ich möchte nicht für Peter Boldt reiten, alles, bloß das nicht! Er bezahlt gut, wenn du mit seinen Pferden siegst, aber er ist die Gemeinheit in Person, wenn du Pech hast. Das weiß Ward ganz genau, denn er reitet seit Jahren für ihn. Ward ist gerissen in jeder Hinsicht. Er kennt jeden Trick. Behalt ihn ja im Auge, Alec! Ich habe ihn zwar nie etwas ausgesprochen Unerlaubtes tun sehn, jedoch schon allerhand Dinge gerade noch eben so am Rand des Erlaubten. Er ist von derselben Art wie Boldt; da haben sich zwei verwandte Seelen gefunden!«
    Alec betrachtete Ward. Ihre Augen trafen sich, als dieser sich umwandte, und was er sah, gefiel Alec gar nicht. Ward hatte verschlagene Augen. »Aber er ist trotz seines Alters ein Draufgänger«, setzte Lanny seine Aufklärung fort, »daran besteht kein Zweifel! Ich habe ihn noch nie vor einem Wagnis zurückschrecken sehen! Er kennt weder Furcht noch Rücksichtnahme, besonders im Gedränge des Finishs nicht, wenn das Zielband näher rückt.«
    »Mächtig breite Schultern und lange Arme hat er«, murmelte Alec mehr zu sich selbst.
    »Ja, und die braucht er für Boldts Grauen!« fiel Lanny ein. »Komet besitzt einen harten Kopf und will ihm oft davonlaufen.« Lanny stand auf und klopfte mit der Reitpeitsche etwas Schmutz von seiner Stiefelsohle. Dann fuhr er fort: »Ich wünschte allerdings, Chef besäße etwas von diesem Drang davonzulaufen! Aber er ist sonderbar... Es ist kein Geheimnis, jeder hier weiß es: Chef läßt alle anderen zu sich herankommen, ehe er richtig zu laufen beginnt. Er fühlt sich vereinsamt, wenn er allein vorausläuft, darum muß ich ihm oft die Peitsche zeigen. Wenn er nämlich will, kann er ungeheuren Speed entwickeln. Vielleicht will er heute!« schloß er hoffnungsfroh.
    Alec erinnerte sich an den Probegalopp, den
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