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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn
Autoren: Walter Farley
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Der Sohn der Wüste

    Seit Tagen ritt der kleine Beduinentrupp durch die unendliche Weite der Großen Arabischen Wüste. Das gleichmäßig-rhythmische Trappeln der Pferdehufe ließ den aufgewirbelten Sandstaub wie eine Wolke hinterherwehen. Die weißgekleideten Gestalten ritten in zwangloser Reihenfolge neben- und hintereinander, und sie hielten auch ihre Gewehre nicht mehr schußbereit, denn die Gefahr eines plötzlichen Überfalls durch räuberische Banden lag hinter ihnen. Unmittelbar vor ihnen lag ihr Ziel: Addis Abeba, die Hafenstadt am Roten Meer.
    Die zwanzig Reiter saßen ruhig und aufrecht im Sattel, während sich ihre Pferde mühelos durch den Sand bewegten und auf ihren Gebissen kauten, als wären sie ungeduldig, endlich losjagen zu dürfen, nachdem sie seit so vielen Tagen zu langsamer Gangart gezwungen worden waren. Die Reiter schienen ebenso ungeduldig wie ihre nervigen Schimmel, Rappen, Grauen und Braunen, denn — ach! — zehn Tage hatte sie es gekostet, die Große Arabische Wüste zu durchqueren, zehn volle Tage! Bei anderen Reisen von dem fern im Gebirge gelegenen Reich ihres Scheichs bis zur Küste hatten sie nur vier gebraucht! Zehn Tage waren sie diesmal ununterbrochen geritten; nur zu den Gebetsstunden hatten sie kurz angehalten, um sich kniend gegen Mekka hin zu verneigen mit dem ehrfurchtsvoll gemurmelten Gebet: »Allah ist Allah, und Mohammed ist sein Prophet!« Dann waren sie gleich wieder im Sattel, die geschmeidigen Körper in die weißen Gewänder gehüllt, die sie vor dem staubfeinen Sand schützten. Und während sie dahinritten, gingen ihre Augen von ihrem Scheich, der ihnen auf seinem mächtigen schwarzen Hengst Scheitan voranritt, zu dem kleinen schwarzen Fohlen, das dem Hengst wie ein Hündchen folgte. Hin und wieder zerrte es aufsässig an dem langen Lederriemen, den der Scheich an seinem Sattel befestigt hatte. Dieses Fohlen war es — auf seinen hohen, noch schonungsbedürftigen dünnen Beinen —, dem zuliebe dieser für die Schnelligkeit gewohnten Wüstenreiter anstrengend langweilige Ritt unternommen worden war! Wegen des schwarzen Fohlens und desgleichen wegen seines Vaters, des berühmten schwarzen Hengstes Scheitan, hatten sie außerdem während der ganzen Reise ihre Waffen schußbereit halten müssen. Beide waren für die Beduinen von schier unschätzbarem Wert, und es lag daher nahe, daß ein andrer Stamm den Versuch machen würde, den herrlichen Vater und seinen Erstgeborenen zu rauben. Aber Scheich Abu Jakub Ben Isaak und seine Männer waren wachsam gewesen, und jetzt war der gefährliche Teil der Reise vorbei. Sie hatten den Hafen von Addis erreicht und damit das Schiff, die »Königin von Indien«, welches das Fohlen über das weite Meer nach Amerika bringen sollte.
    Als sie sich der Vorstadt näherten, hob der Scheich sein Gewehr hoch in die Luft und hängte es sich danach über die Schulter — es war das Zeichen für seine Männer, dasselbe zu tun. Dann bildeten sie eine Doppelreihe und ritten so die Straße entlang, die zum Hafen führte und zu dem Schiff, das den Sohn Scheitans erwartete.
    Nachdem die »Königin von Indien« im Hafen von Addis vor Anker gegangen war, waren zwei Heizer über die aus dem Kesselraum an Deck führende eiserne Leiter heraufgeklettert, um Luft zu schöpfen. Der eine wischte sich mit seiner kohleverschmierten Hand über die schweißnasse Stirn, die danach auch schwarz gezeichnet war.
    »Hier ist es ja ebenso heiß wie unten, Morgan!« stöhnte er, während beide an die Reling gingen und sich müde daranlehnten. Unter ihnen auf dem Kai herrschte lebhaftes Treiben. Händler riefen ihre Waren aus. Dockarbeiter, müßige Gaffer, Hafenbeamte quirlten durcheinander. Kamele und Esel, schwerbeladen mit den Waren des Landes, wurden durch das Gewühl getrieben. Die kreischenden Stimmen der Treiber schrillten durch die Luft.
    »Sie erinnern mich an die Anreißer vor den Vergnügungsbuden in Coney Island, Harrity«, sagte der Heizer Morgan voller Heimweh.
    Harrity antwortete nicht, denn sein Blick war die lange, enge Straße entlanggewandert, die vom Kai in die Stadt hineinführte, und er hatte dort den Reitertrupp entdeckt, der auf das Schiff zukam. Selbst aus dieser Entfernung konnte man feststellen, daß die Männer, die in den Sätteln saßen, den übrigen Eingeborenen nicht glichen. Die Reiter sahen weder nach rechts noch nach links, sondern hochmütig geradeaus. Die Hufe ihrer Pferde klapperten auf den Steinen. Nur kurz musterte Harrity sie
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