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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings
Autoren: Desmond Bagley
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war doch nicht Cookes Mann und hatte die Parole trotzdem gewußt? Es gab sicher Möglichkeiten, sie herauszubekommen. Aber warum hatte er mich dann an Lindholm ausgeliefert? Bestimmt nicht wegen des Päckchens – das hatte er ja bereits in Händen gehabt. Alles Quatsch - noch mal von vorn!
    Angenommen, der Bursche kam wirklich von Cooke und hatte mich trotzdem Lindholm in den Rachen jagen wollen -
    das war ziemlich unwahrscheinlich. Und auch dann konnte es nicht des Päckchens wegen gewesen sein; sonst hätte er es mir ja von vornherein gar nicht zu geben brauchen. Alles lief darauf hinaus, daß der Mann im Flughafen und Lindholm nichts miteinander zu tun hatten.
    Aber Lindholm hatte eindeutig auf mich gewartet. Er hatte sich sogar meines Namens vergewissert, bevor er mich attackierte. Wie zum Teufel hatte er wissen können, daß ich über Krysuvik kommen würde? Das war eine Frage, die ich nicht beantworten konnte. Als ich sicher war, daß Elin fest schlief, stand ich leise auf und ging in die Küche, ohne dort Licht zu machen. Ich öffnete den Kühlschrank, goß mir ein Glas Milch ein und setzte mich ans Fenster. Die kurze nordische Nacht war schon fast vorüber, aber es war noch immer dunkel genug, um den plötzlich aufglühenden Punkt in der Gasse auf der anderen Straßenseite zu sehen, als der Beobachter dort an seiner Zigarette zog.
    Er beunruhigte mich, denn nun wußte ich, daß auch Elin in Gefahr war.
     
    3
     
    Wir waren beide früh auf. Elin, weil sie schnell in Richtung Akureyri starten, und ich, weil ich vor ihr an den Land-Rover wollte. Ich hatte einiges in ihm zu verstauen, wovon Elin nichts zu wissen brauchte. Lindholms Pistole zum Beispiel. Sorgfältig befestigte ich sie an einem der großen Fahrgestellträger, so daß sie nicht zu sehen war. Den Totschläger steckte ich in meine Tasche. Wenn in Akureyri nicht alles glattging, konnte ich die Waffe vielleicht noch brauchen.
    Ich benutzte den Hinterausgang, der zur Garage führte, so daß mich der Beobachter in der Gasse nicht zu Gesicht bekam.
    Doch ich beschloß, ihn mir anzusehen, und stieg mit dem Feldstecher bewaffnet im Haus eine Treppe höher, wo es ein Fenster mit Blick auf die Straße gab. Er war ein großer, hagerer Mann mit einem säuberlich gestutzten Bärtchen auf der Oberlippe, und er schien zu frösteln. Wenn er die ganze Nacht über dort unten gestanden hatte, so mußte er nicht nur halb erfroren, sondern auch kurz vor dem Hungertod sein. Ich prägte mir sein Gesicht ein, um ihn gegebenenfalls wiederzuerkennen, und senkte das Glas gerade noch rechtzeitig, als ich jemanden die Treppe herunterkommen hörte. Es war eine grauhaarige Frau mittleren Alters, die erst einen Blick auf mich und dann einen zweiten auf den Feldstecher warf. Sie schnaubte bedeutungsvoll. Ich grinste.
    Zum erstenmal in meinem Leben wurde ich für einen Voyeur gehalten.
    Eingedenk meines hungrigen Freundes auf der anderen Straßenseite ließ ich mir das Frühstück besonders gut schmecken. »Du siehst heute schon viel besser aus«, fand Elin.
    »Das machen deine Kochkünste.«
    Sie warf einen Blick auf Hering, Käse, Brot und Eier.
    »Kochkünste? Ein Ei kann jeder kochen.« »Nicht so wie du«, versicherte ich ihr. Aber ich hatte wirklich bessere Laune. Die düsteren Gedanken, die mich in der Nacht gequält hatten, waren verflogen, und trotz aller ungeklärten Fragen deprimierte mich Lindholms Tod nicht mehr. Er hatte versucht, mich umzubringen, das war ihm mißlungen, und dafür war er bestraft worden. Die Tatsache, daß ich ihn getötet hatte, belastete mein Gewissen nicht unmäßig. Ich war nur Elins wegen beunruhigt.
    Ich räusperte mich. »Um elf fliegt eine Maschine vom Reykjavik City Flughafen nach Akureyri.« »Genau rechtzeitig zum Lunch.« Elin lächelte mich an. »Vielleicht denkst du mal an mich, wenn ich dann gerade durch Kaldidalur holpere.«
    Hastig trank sie ihren heißen Kaffee aus. »Ich möchte so bald wie möglich losfahren.«
    Ich zeigte auf den üppig gedeckten Frühstückstisch. »Ich räume das weg.«
    Während sie alles für die Abfahrt fertigmachte, fiel ihr der Feldstecher in die Hände. »Ach, ich dachte, der wäre im Land-Rover.« »Ich habe ihn mir noch mal angeguckt«, sagte ich. »Er schien das letzte Mal ein bißchen unscharf eingestellt zu sein.
    Aber er ist ganz in Ordnung.« »Dann nehme ich ihn mit.«
    Ich begleitete sie in die Garage hinunter und küßte sie zum Abschied. Sie sah mich eindringlich an. »Es ist doch alles in
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