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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings
Autoren: Desmond Bagley
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Zivilisation verbringen - was wir auch fleißig taten. Nur wenn uns der Proviant ausging, fuhren wir in die nächstbeste Stadt. Es gab weiß Gott Schlimmeres, als wochenlang mit Elin Ragnarsdottir allein zu sein. Sonst waren wir immer sofort losgefahren, sobald ich in Reykjavik eingetroffen war, aber diesmal war das wegen Cookes Päckchen nicht möglich. Ich fragte mich, wie ich nach Akureyri kommen konnte, ohne daß Elin mißtrauisch wurde. Cooke hatte zwar den Auftrag als Bagatellsache hingestellt, aber der verstorbene Mr. Lindholm schien jetzt alles zu komplizieren. Auf gar keinen Fall wollte ich Elin da mit hineinziehen. Ich brauchte das Päckchen nur abzuliefern, und danach würde der Sommer sein wie alle bisherigen. Allzu schwierig konnte das nicht werden.
    Ich grübelte noch vor mich hin, als sich Elin bemerkbar machte: »Du siehst wirklich hundemüde aus. So, als ob du völlig überarbeitet wärst.«
    Ich brachte ein Lächeln zustande. »Wir hatten einen schlimmen Winter. Auf den Bergen lag zuviel Schnee - ich habe eine Menge Schafe verloren.« Plötzlich fiel mir etwas ein.
    »Du wolltest doch sehen, wie es in der Bergschlucht aussieht.
    Ich habe ein paar Fotos mitgebracht.« Gemeinsam betrachteten wir die Bilder. Ich zeigte ihr Bheinn Fhada und Sgurr Dearg, aber Elin war mehr am Fluß und an den Pflanzen interessiert.
    »All diese Bäume!« rief sie hingerissen aus. »Schottland muß wunderschön sein.« Das war die typische Reaktion einer Isländerin. In Island gibt es nämlich so gut wie keine Bäume.
    »Habt ihr Lachse in euren Flüssen?« »Nur Forellen. Wegen der Lachse komme ich ja nach Island!«
    Sie griff nach einem anderen Foto. »Eine herrliche Landschaft. Was gehört davon dir?«
    Ich warf einen Blick darauf. »So weit das Auge reicht«, grinste ich.
    »Oh.« Sie schwieg eine Weile und sagte dann mit einem plötzlichen Anflug von Schüchternheit: »Ich hab’ nie drüber nachgedacht, Alan - aber am Hungertuch nagst du vermutlich nicht gerade.«
    »Aber ein Krösus bin ich auch nicht«, wehrte ich ab. »Ich kann überleben. Dreitausend Morgen Heideland sind keine Goldgrube, aber die Schafe in den Bergen und der Wald in der Schlucht sorgen für das tägliche Brot. Und die Amerikaner, die zur Jagd kommen, für die Butter drauf.« Ich streichelte ihren Arm. »Du mußt mit nach Schottland kommen.«
    »Gern«, war alles, was sie erwiderte. Ich mußte es ihr schnell beibringen. »Morgen muß ich mich mit einem Mann in Akureyri treffen – nur eine Gefälligkeit für einen Bekannten.
    Das bedeutet, daß ich fliegen muß. Wie war’s, wenn du mit dem Land-Rover nachkommen würdest? Oder ist dir die Fahrt zu weit?« Sie lachte. »Ich werd’ mit dem Land-Rover besser fertig als du.« Sie begann nachzurechnen. »Das sind vierhundertfünfzig Kilometer. In einem Tag möchte ich es nicht machen, ich werde also irgendwo bei Hvammstangi übernachten. Dann könnte ich übermorgen im Lauf des Vormittags in Akureyri sein.«
    »Rekordleistungen werden nicht verlangt«, bemerkte ich beiläufig. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Nun konnte ich nach Akureyri fliegen, das Päckchen loswerden, bevor Elin dort ankam, und danach würde alles in bester Ordnung sein. Ich brauchte sie nicht in die Sache hineinzuziehen.
    »Wahrscheinlich werde ich im Hotel Vardborg übernachten«, kündigte ich an. »Dort kannst du mich anrufen.«
    Später, im Bett, war ich immer noch gespannt, und der Ofen war sozusagen total aus. Während ich Elin im Dunkeln in den Armen hielt, verfolgte mich Lindholms geisterhaftes Gesicht, und wieder fühlte ich einen Brechreiz in mir hochsteigen. Ich würgte. »Tut mir leid«, murmelte ich.
    »Schon gut, Liebling«, gab sie ruhig zurück. »Du bist müde.
    Schlaf jetzt schön.«
    Aber das konnte ich auch nicht. Ich lag auf dem Rücken, und immer wieder gingen mir die Ereignisse dieses unerfreulichen Tages durch den Kopf. Angestrengt grübelte ich über jedes Wort nach, das der Mann bei unserem unergiebigen Rendezvous in Keflavik geäußert hatte. Nehmen Sie nicht die Hauptstraße nach Reykjavik, hatte er gesagt. Fahren Sie über Krysuvik.
    Ich hatte den Umweg über Krysuvik gemacht und hätte dabei um Haaresbreite ins Gras gebissen. Zufall oder Planung?
    Wäre dasselbe geschehen, wenn ich die Hauptstraße benutzt hätte? War ich bewußt als Opfer ausgesucht worden?
    Der Kerl im Flughafen war Cookes Mann gewesen -
    zumindest hatte er die Parole gekannt, die mit Cooke vereinbart worden war. Aber angenommen, er
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