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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings
Autoren: Desmond Bagley
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verkündete, wie schön es sei, mich wiederzusehen, und was für ein ungeheures Vergnügen es ihm bereiten würde, mir die Sehenswürdigkeiten Akureyris zu zeigen. Der Mann zu meiner Linken drängte sich an mich und packte meinen linken Arm. Er zischte mir ins Ohr: »Machen Sie keine Scherereien, Herr Stewartsen. Sonst sind Sie ein toter Mann.« Da mir jemand von hinten einen Pistolenlauf in die Rippen drückte, mußte ich ihm wohl Glauben schenken. Ich hörte ein leises Klicken und drehte gerade rechtzeitig den Kopf, um mit anzusehen, wie der Mann zu meiner Rechten den Schulterriemen der Kameratasche mit einer kleinen Schere durchschnitt. Ich spürte, wie sich der Riemen löste, dann war der Mann verschwunden und die Tasche mit ihm. Der Bursche hinter mir hatte seinen Arm freundschaftlich um meine Schulter gelegt, während er mit der anderen Hand die Waffe in meine Rippen bohrte.
    Buchner stand in ungefähr zehn Meter Entfernung neben einem Taxi. Er starrte mich ausdruckslos an, drehte sich um und bückte sich, um in den Wagen zu steigen. Er fuhr weg, und lange noch sah ich sein helles, verschwommenes Gesicht im Heckfenster des Autos. Das ganze Theater wurde noch zwei Minuten länger aufrechterhalten, um dem Mann mit der Kameratasche Gelegenheit zu geben, sich zu verdrücken.
    Wieder ließ sich der Mann links neben mir auf schwedisch vernehmen: »Herr Stewartsen, wir lassen Sie jetzt laufen, aber an Ihrer Stelle würde ich keine Dummheiten machen.« Dann ließen sie mich los, und jeder trat einen Schritt beiseite. Ihre Gesichter waren hart und ihre Augen wachsam. Schußwaffen waren keine zu sehen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Nicht daß ich irgendwelche Heldentaten plante. Die Kameratasche war weg, und in jedem Fall war das Risiko zu groß. Wie auf ein Zeichen drehten sich alle drei um und gingen weg, jeder in eine andere Richtung. Mich ließen sie stehen. Es waren eine Menge Leute in der Nähe, aber keiner der guten Bewohner von Akureyri ahnte auch nur im geringsten, daß sich unter ihren Augen irgend etwas Ungewöhnliches abgespielt hatte.
    Ich strich das in Unordnung geratene Jackett glatt, nahm ein Taxi und fuhr zum Hotel Vardborg. Im Moment war das alles, was ich tun konnte.
     
    4
     
    Elin hatte recht gehabt. Ich kam genau rechtzeitig, um im Vardborg zu Mittag zu essen. Gerade hatte ich ein Stück Hammelfleisch auf die Gabel gespießt, als Herr Buchner eintrat, suchend umherblickte, mich ausfindig machte und herüberkam. Erblieb am Tisch stehen, sein Schnurrbart zuckte, und fragte: »Mr. Stewart?« Ich lehnte mich zurück. »Na, wenn das nicht Herr Buchner ist! Was kann ich für Sie tun?« »Mein Name ist Graham«, erwiderte er kalt. »Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Heute vormittag hießen Sie noch Buchner«, sagte ich.
    »Aber wenn ich einen solchen Namen hätte, würde ich mich auch anders nennen.« Ich wies auf einen Stuhl. »Nehmen Sie Platz. Die Suppe kann ich empfehlen.« Er ließ sich steif nieder.
    »Ich bin nicht in der Stimmung, Ihnen die Stichworte für Späßchen zu liefern«, wies er mich zurecht und zog eine Brieftasche heraus. »Mein Ausweis.« Er schob ein zusammengefaltetes Papier über den Tisch.
    Ich breitete es aus und fand darin die linke Hälfte eines Hundert-Kronen-Scheins. Als ich sie gegen die andere Hälfte aus meiner eigenen Brieftasche hielt, stellte ich fest, daß beide genau zusammenpaßten. Ich schaute hoch. »Na gut, Mr.
    Graham, das scheint ja in Ordnung zu sein. Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie können mir das Päckchen geben«, sagte er. »Mehr will ich nicht.«
    Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Sie wissen doch Bescheid.«
    Er runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?« »Ich meine, daß ich Ihnen das Päckchen nicht geben kann, weil ich es nicht mehr habe.« Sein Schnurrbart zuckte wieder, und sein Blick verfinsterte sich. »Lassen Sie das Theater, Stewart. Her mit dem Päckchen.« Er streckte die Hand aus. »Verdammt noch mal«, schimpfte ich. »Sie waren doch dabei - Sie wissen genau, was passiert ist.« »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich war wo?« »Draußen vor dem Flughafen von Akureyri. Sie stiegen in ein Taxi.«
    Seine Augen wurden unruhig. »Wirklich?« fragte er ausdruckslos. »Fahren Sie fort.«
    »Die Burschen packten mich, bevor ich wußte, was los war, und sind mit dem Päckchen entwischt. Es war in meiner Kameratasche.«
    Seine Stimme schnappte über. »Soll das etwa heißen, daß Sie es nicht mehr haben?«
    »Falls Sie als mein
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