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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen
Autoren: Lynn Abercrombie
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Asservatenbeutel zu manövrieren.
    »Wir?« Gooch spuckte Tabaksaft zum Fenster hinaus. »Junge, ich werde sie finden.«

4
    Dreizehn Stunden? Und was dann?
    MeChelle fragte sich, ob die Stimme es noch einmal wiederholen würde. Tat sie aber nicht. Da war nichts, außer dem Uhrenticken in der Luft um sie herum.
    Wer war da? Wer hatte sie hierher gebracht? Was wollten die von ihr?
    Wer auch immer dahintersteckte, es war wahrscheinlich dessen Stimme, die aus dem Lautsprecher kam. Die Stimme. Gib ihr einen Namen. Man musste doch seinen Feind beim Namen nennen können, oder? Damit man wusste, gegen wen man antrat.
    MeChelle spitzte die Ohren, sie lauschte nach irgendetwas anderem als der Uhr. Aber da war nichts. Keine Flugzeuge, Züge, Autos, kein Pfeifen des Windes, gar nichts.
    Tick. Tick. Tick.
    Es schien sehr laut. Und doch, wurde ihr klar, war es das nicht. Es klang nur so laut, weil es nichts gab, womit sie das Ticken vergleichen konnte.
    »Hallo?« Keine Antwort. Sie entschied sich zu schreien, so laut sie konnte. »Hilfe! Hey! Irgendjemand! Hilf mir!« Nicht aus Panik, sondern weil es einen Versuch wert war. Vielleicht war die Stimme dort draußen und bewachte die Tür, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht waren die Wände so dick, dass niemand Wohlgesinntes ihre Stimme hören konnte, vielleicht aber auch nicht.
    Man musste es eben einfach versuchen.
    Sie schrie. Ein hoher, knochendurchdringender Horrorfilm-Schrei. Nicht aus Angst, sondern weil sie wusste, dass nichts die Menschen so schnell auf sich aufmerksam machte wie eine Frau, die wie am Spieß schrie.
    Aber das Geräusch schien im selben Augenblick zu ersterben, in dem es aus ihrem Mund drang. Das Zimmer war vollkommen schalldicht. Nichts drang herein, nichts drang heraus. Wie ein Tonstudio. Sie konnte schreien, so viel sie wollte, es wäre ganz egal. Vielleicht saß jemand in ein paar Meter Entfernung auf der anderen Seite der Mauer, aber der würde nichts von ihr mitbekommen.
    Sie schrie noch eine Weile weiter, hörte dann aber auf. Mutlos wurde ihr klar, dass es nichts brachte. Wer auch immer sie hierher verfrachtet hatte – die Stimme – war klug, sorgsam, gut vorbereitet. Sie hatte das alles genau überlegt. Niemand würde sie hören.
    Sie musste aufhören, ihre Kraft zu verschwenden. Außerdem begann das Schreien sie selbst zu ängstigen, sie empfand bereits leichte Panik. Und Panik war es, die einen umbrachte.
    Bleib ruhig. Was willst du tun? Erstens: Such nach Waffen. Zweitens: Such nach einem Fluchtweg. Drittens: Such nach Kommunikationsmöglichkeiten. Ihr Atem drohte außer Kontrolle zu geraten. Die Panik drang durch ihre Knochen und breitete sich aus. Bleib ruhig. Tief atmen. Du musst alles unter Kontrolle behalten.
    MeChelle tastete um sich herum. Ihr wurde klar, dass sie erst drei der vier Wände im Zimmer untersucht hatte. Sie tastete sich weiter, fand einen weiteren Türknauf, drehte ihn.
    Ihr Herz setzte aus. Dieser ließ sich bewegen!
    »Hallo! Ist da jemand?«
    Keine Antwort.
    Sie tastete sich in den Nebenraum. Als sie eintrat, hörte sie ein leises Summen. Abgesehen von dem Ticken war es das erste Geräusch, das sie hörte, seit sie aufgewacht war. Es war ein bekanntes Geräusch. Ein Kühlschrank. Sie tastete sich quer durch das Zimmer in Richtung des Geräusches. Ihre Hände fanden eine harte, glatte Metalloberfläche. Sie öffnete die Tür. Kühle Luft quoll ihr entgegen. Sie griff hinein und tastete umher.
    Oben lag ein Stapel in Wachspapier eingeschlagener Dinge, weich und rechteckig. Sandwiches. Drei Stück. Sie roch daran. Der süße Duft von gekochtem Schinken. Der fischige Geruch von Thunfisch. Das leicht vergorene Aroma von Roastbeef.
    Aber im Moment war sie nicht sonderlich hungrig. Besten Dank. Sie legte sie zurück.
    In der Tür standen Gläser, Flaschen, Kartons, Krüge. Sie öffnete einen Krug und roch an der Milch darin. Sie war in Ordnung.
    Sie tastete sich durch die Glasflaschen. Eine war achteckig, mit einem Schraubverschluss. Heinz Ketchup, da war sie ziemlich sicher. Sie nahm die Flasche heraus, schloss die Kühlschranktür, tastete umher, bis sie einen Tresen fand. Die Ketchupflasche glitt mit einem Schhhhhhhh über den Tresen. Klick.
    Die Flasche traf etwas Härteres. Eine Spüle. Sie knallte die Flasche auf den Boden der Spüle. Sie zerbarst und der stechende Tomatengeruch des Ketchups stieg auf. Dann tastete MeChelle nach dem Wasserhahn, drehte ihn auf, wusch vorsichtig den Hals der Ketchupflasche aus,
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