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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen
Autoren: Lynn Abercrombie
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hatte. Niemand anders kam an ihn ran.
    Sie wählte noch einmal seine Nummer. Und wieder. Und wieder. Und wieder.
    Sie musste fünf oder zehn Minuten vor sich hingewählt haben, immer wieder dieselbe Nummer, als sie bemerkte, dass ihr Tränen über das Gesicht strömten.
    Jetzt komm schon, Hank!, dachte sie wütend. Komm schon, du alter Sausack.

7
    Gooch und der Junge, Cody Floss, waren ein paar Minuten später bei der Mordkommission. Gooch folgte Cody in Me-Chelles Büro. Als Gooch bei der Cold Case Unit gewesen war, hatte ihr Büro aus einer dunklen Ecke im Keller der City Hall East bestanden. Aber seit er in Ruhestand gegangen war, war die Einheit nach oben in die Mordkommission umgezogen. Beigefarbene Großraumtrennwände, indirekte Beleuchtung – es hätte auch eine Versicherung sein können.
    »Wo hat sie ihre Notizen?«, fragte Gooch Floss.
    »Da drüben, glaube ich«, sagte der junge Detective.
    Gooch marschierte an Cody vorbei in MeChelles Büro. Er bemerkte einen Stapel gelber Notizblöcke auf einer Ablage hinter MeChelles Schreibtisch. Sie war nicht der organisierteste Mensch der Welt; das waren wahrscheinlich ihre noch nicht abgearbeiteten Notizen. Gooch setzte sich auf MeChelles Stuhl, griff nach dem obersten Block und blätterte darin, bis er ihre Aufzeichnungen vom Vortag fand. Sie waren knapp.
    Datum des angeblichen Verbrechens. Name und Adresse der Zeugin. Fakten, wie von der Zeugin berichtet. Er brauchte zwei Sekunden, um zu begreifen, warum Cody Floss die Akte, nach der er gesucht hatte, nicht gefunden hatte.
    Er schrieb den richtigen Namen auf einen Zettel. »Cody. Geh rüber ins Archiv und hol die Akte.«
    »Ja, Sir. Bloß … Also, ich habe Ihnen ja schon gesagt, ich habe bereits gestern danach …«
    »Schau mal auf diesen Zettel. Der Name der Mutter ist Kathleen Morris Bindestrich Bolligrew. Du hast bei B gesucht. Die Akte liegt bei M.« Gooch blätterte bereits weiter in Me-Chelles Notizen.
    Cody Floss starrte den Zettel an. »Oh«, sagte er schließlich. »Ich dachte, Morris wäre ihr zweiter Vorname.«
    Gooch schaute auf. »Bist du noch immer hier?«
    »Tut mir leid! Tut mir leid!« Cody Floss eilte davon.
    Gooch überflog MeChelles Notizen und prägte sich die wichtigsten Einzelheiten ein. Es war nicht allzu viel.
    Nur eine Sache in den Aufzeichnungen fiel ihm auf:
    Zeuge hat Barday-Beetle-Syndrom. Etwas stimmt nicht!
    Gooch drehte sich um und loggte sich in MeChelles Computer ein – sie benutzte immer noch dasselbe Passwort wie vor sechs Monaten – und speiste den Namen der Zeugin ein. Lane Priest. Sie wohnte in 1134 Peachtree Battle, eine Adresse drüben in Buckhead. Das würde ihr nächster Stopp sein. Aber erst wollte er kurz in die Akte schauen. Hoffentlich würde dieser Floss sich nicht auf dem Rückweg aus dem Archiv verlaufen.
    Er sah auf die Uhr. Bis er die Akte in Händen hielt, konnte er nicht viel tun. Er öffnete das Internet und googelte »BardayBeetle-Syndrom«.
    Eine Nachricht leuchtete auf. »MEINTEN SIE BARDETBIEDL-SYNDROM?« Er klickte Ja. Mehrere Treffer tauchten auf, die meisten hatten mit Blindheit zu tun. Er klickte auf einen und begann zu lesen.
    Meine Güte, dachte er. Ist das nicht interessant?
    Als er damit fertig war, schloss Gooch einen Moment die Augen und atmete tief durch. Er war nach dem Fall, an dem MeChelle und er letztes Jahr gearbeitet hatten, so ausgebrannt gewesen, dass er das Gefühl gehabt hatte, es wäre höchste Zeit gewesen, die Polizei zu verlassen. Aber jetzt wieder hier zu sein, die Luft zu riechen, die Gespräche der Detectives im Flur zu hören – ihm wurde plötzlich klar, wie sehr er die Arbeit vermisste.
    Verdammt.
    Als er die Augen öffnete, stand ein Mann in der Tür und sah auf ihn herunter.
    Es war Hicks, Major Denny Hicks, der Leiter der Abteilung Kapitalverbrechen. Ein markiger, angespannter Typ mit zurückgegeltem Haar und einem lächerlichen Schnauzer, der einen an einen englischen Regimentsoffizier aus dem Ersten Weltkrieg denken ließ. Hicks kaute Kaugummi. Sein Schnauzer zuckte. Hicks konnte Gooch nicht leiden.
    »Was zur Hölle willst du hier, Gooch?«, fragte Hicks.
    »Denny«, sagte Gooch. »Schön, dich wiederzusehen.«
    Hicks kaute weiter Kaugummi, als wollte er ihn umbringen. »Ich hab dich was gefragt, verflucht, Alter.«
    Gooch verschob seinen Kautabak in die andere Wange, beugte sich vor, spuckte in den Mülleimer. »Bin nur vorbeigekommen, um mal einen Anruf zu erledigen.«
    »Hank, du sitzt da in Sergeant
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