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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod
Autoren: Andreas Winkelmann
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gebracht.
    Und er war nur einer von vielen.
    Einer von vieren auf hundert.
    Sie zog die Tür auf.
    Sadowski brach in hündisches Geheul aus.
    »Schafft sie raus, schafft sie raus«, schrie er.
    Ein Pfleger eilte in den Raum.
    Draußen auf dem Gang warteten der Gerichtsmediziner Klaus Quandt und sein alter Freund, der Internist Dr. Böckmann, der Nele hier im Krankenhaus untersucht hatte. Die beiden älteren Männer sahen sie aus großen Augen fragend an. Auch für sie war dieses Experiment ein Novum.
    »Was ist passiert?«, fragte Klaus Quandt.
    Nele zuckte mit den Schultern. »Das sind wohl die Nebenwirkungen.«
    »Hat es denn gewirkt?«
    Nele nickte. »Er war redselig wie ein kleines Kind und halbwegs ehrlich. Ohne dieses Zeug hätte ich wohl nicht einmal die Hälfte von dem erfahren, was er mir erzählt hat.«
    »Ein Hoch auf Burundanga«, sagte Böckmann.
    Nele streckte ihre Hand aus. »Vielen Dank, dass Sie mir geholfen und es in seine Infusion gemischt haben.«
    Böckmann grinste breit. »Ein größeres Vergnügen hatte ich seit Jahrzehnten nicht mehr, meine Liebste.«
    Als Nele fast bei den Fahrstühlen war, rief er ihr nach: »Und die Nachuntersuchung nicht vergessen, nächste Woche. Das ist wichtig für Sie.«
    Sie schenkte ihm ein gequältes Lächeln.
    Die Erinnerung an ihre Krankheit tat weh.
    Am nächsten Tag traf sich der harte Kern der Soko Singer im Besprechungsraum. Da sie noch immer damit beschäftigt waren, Fakten und Beweismittel zusammenzutragen, war der Raum noch in Benutzung, und die Stellwände wurden voller und voller.
    Als Letzte traf Dr. Sternberg ein, damit waren sie vollzählig. »Thomas Sadowski ist genau die Art von Soziopath, die Sie in Ihrem Seminar beschrieben haben, nicht wahr?«, fragte Tanja Schildknecht, die heute zivile Kleidung trug.
    Dr. Sternberg nickte. »Ein Prototyp, ja. Er erfüllt alle wesentlichen Merkmale.«
    »Hätten Sie ihn erkannt? Im normalen Alltag?«
    Dr. Sternberg ließ sich mit der Antwort Zeit. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. So, wie wir es schon oft erlebt haben, war Thomas Sadowski perfekt sozialisiert, ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft, Firmengründer, erfolgreicher Geschäftsmann, vermögend. Er hatte alles, wovon andere nur träumen können. Aber eben nicht alles, wovon er träumte.«
    Mit diesen Worten zog sie ein Blatt Papier aus ihrer Mappe, das notdürftig geglättet worden war.
    »Ich habe hier das Schreiben, dass Herr Seitz in dem Waldbad vorfand.«
    Das Schreiben und dessen Inhalt war ihnen allen bereits bekannt. Sie wussten, dass die Praxis Dr. Dillenburg und Partner die Verbindung zwischen Daniela Gerstein und Miriam Singer war. Daniela war dort Patientin gewesen, Miriam Mitarbeiterin. Sadowski musste sie bei seinen Besuchen in der Praxis beobachtet haben. Bislang wussten sie nur noch nicht, warum er gerade auf die beiden aufmerksam geworden war. War es wirklich so, wie er Nele gegenüber behauptet hatte, dass sie mit seiner Frau gesprochen hatten? Diskret und leise, wie es in Arztpraxen üblich war? Hatte er deswegen eine Verschwörung gegen sich vermutet?
    »Mit Frau Sadowskis Erlaubnis habe ich mit dem Arzt gesprochen«, fuhr Dr. Sternberg fort. »Sie war dort in Behandlung, weil sie nicht schwanger wurde. Schon vor einem Jahr hätte sie aber eine Therapie beginnen können, was sie aber nicht tat. Nach ihrer Aussage, weil sie zu dem Zeitpunkt schon kein Kind mehr wollte von ihrem Mann. Das wirklich Interessante liegt aber im Detail ihrer Erkrankung.«
    Dr. Sternberg legte eine Pause ein und ließ den Blick über die versammelte Mannschaft gleiten. Nele fühlte sich an das Seminar erinnert. War das wirklich erst eine Woche her? So viel war passiert in der kurzen Zeit. Mehrere Menschen waren gestorben, ihr Weltbild hatte einen weiteren Riss bekommen, und sie selbst war zu einer chronisch Kranken geworden.
    »Sobald eine weibliche Eizelle befruchtet ist, produziert sie für eine gewisse Zeit Wasserstoffperoxid in geringer Konzentration, um andere Spermien abzutöten. Bei Nicola Sadowski ist diese Funktion gestört. Durch erhöhte Hormonausschüttung ist bei ihr die Produktion von Wasserstoffperoxid zeitweise so stark, dass auch das bereits zur Befruchtung eingedrungene Spermium abgetötet wird.«
    Sie legte den Zettel vor sich auf den Tisch.
    Alle starrten sie an.
    Nele fand als erste ihre Worte wieder.
    »Wasserstoffperoxid«, wiederholte sie mit brüchiger Stimme. »Das kann doch wohl nicht wahr sein. Hat Sadowski davon
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