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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod
Autoren: Andreas Winkelmann
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ich ihn mit den Fakten konfrontierte, wischte er sie mit völlig unlogischen Begründungen und Erklärungen einfach vom Tisch.«
    Dr. Sternberg nickte. »Ein völlig normales Verhalten für einen Soziopathen seiner Prägung. Logik spielt in diesem Stadium keine Rolle mehr für Thomas Sadowski. Er dreht sich alles so hin, wie er es braucht, und wenn er sich dabei in Lügen verstrickt und erwischt wird, erfindet er kurzerhand andere Lügen. So, wie es im Moment aussieht, würde ich sagen, dass wir von ihm nicht die Wahrheit erfahren.«
    »Wie sieht es mit der Beweislage aus?«, fragte Nele an Anou gewandt. »Bekommt die Spurensicherung es wasserdicht hin?«
    Anou verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. »Ist nicht so einfach, und sie sind noch voll dabei. Wir haben ja mittlerweile fünf Tatorte. Den Maststall, Frau Singers Haus, das Wolfsbad, Katzengasse 11 und Alexander Seitz’ Hütte. Gut möglich, dass Horst Schön genauso daran beteiligt war wie Thomas Sadowski.«
    Nele nickte gedankenverloren.
    Sie hatte es kommen sehen.
    Alexander Seitz war ein hervorragender Schütze. Bei Sadowski hatte er auf das Knie gezielt, es getroffen und pulverisiert. Danach war er in die Schwimmhalle geeilt und hatte gesehen, wie Miriam Singer von Horst Schön mit dem Messer bedroht wurde. Mit demselben Messer, mit dem er zuvor Carla getötet hatte. Die zweite von Alexander Seitz abgefeuerte Kugel traf Horst Schön genau zwischen die Augen. Er war tot, noch bevor er auf den trockenen Boden des Schwimmbeckens aufschlug.
    Alexander Seitz hatte seine Rache bekommen und sie einen wichtigen Zeugen in diesem undurchschaubaren Fall verloren.
    Die Wahrheit!
    Sie mussten die Wahrheit erfahren.
    Nele sah auf die Uhr.
    In zehn Minuten würde der Internist Dr. Böckmann sie persönlich entlassen.
    Zehn Minuten Zeit, um Dr. Sternberg und Anou in einen Plan einzuweihen, der sie alle ihren Job kosten konnte.
    Thomas Sadowski wurde in einem Rollstuhl in das kleine Zimmer geschoben, welches das Krankenhaus Nele Karminter für ein Verhör zur Verfügung stellte. Nach Aussage des Arztes, der Sadowski operiert hatte, waren winzige Knochensplitter weit in das umliegende Gewebe eingedrungen und hatten eine Entzündung verursacht. Anfangs hatte es so ausgesehen, als müsste das Bein abgenommen werden. Diese Gefahr bestand jetzt nicht mehr, aber das Gelenk würde steif bleiben.
    Der Rollstuhl war mit einer Halterung für einen Infusionsbeutel ausgestattet, aus dem langsam tropfend eine klare Flüssigkeit in Sadowskis Körper verschwand. Der Patient bekam nach wie vor ein starkes Schmerzmittel verabreicht, von dem auch eine beruhigende Wirkung ausging. Neles Blick blieb einen Moment zu lange an dem Infusionsbeutel hängen, doch das bemerkte Sadowski gar nicht.
    Nele hatte den Mann bisher noch nicht zu Gesicht bekommen und musterte ihn genau, nachdem der Pfleger den Rollstuhl auf der anderen Seite des Tisches postiert und den Raum verlassen hatte.
    Thomas Sadowski war groß und kräftig gebaut und hatte eine athletische Figur, wenngleich ein Bauchansatz zu erkennen war. Sein Haar war schwarz, mittellang, an der linken Seite gescheitelt und perfekt frisiert, selbst hier im Krankenhaus. Er war rasiert, und die nur leicht dunklen Schatten der Barthaare standen ihm gut, verliehen seinem ohnehin gut geschnittenen, ebenmäßigen Gesicht eine vorteilhafte Struktur. Auch im Bademantel und im Rollstuhl sitzend wirkte er charismatisch und intelligent.
    Nele wusste, was er getan hatte, deshalb konnte sie in ihm nichts anderes sehen als das Monster, das seine Opfer zu Tode gebleicht hatte. Ohne dieses Wissen aber säße vor ihr ein gut aussehender Mann, der gewiss andere für sich gewinnen konnte, sie selbst eingeschlossen. Ein anpackender Unternehmertyp, erfolgreich mit der eigenen Firma, smart und wortgewandt.
    Einer von vielen.
    Einer wie viele andere.
    Aber unter der blendenden Hülle einzigartig.
    »Mein Name ist Karminter, Hauptkommissarin bei der Kripo Lüneburg«, sagte sie.
    »Haben Sie mir ins Knie geschossen?« Seine Stimme klang ein wenig rau, aber nicht unangenehm.
    »Nein.«
    Das Hätte ich aber gern verschluckte Nele wegen des Aufnahmegerätes. Sie benutzte es, obwohl klar war, dass es niemals vor Gericht oder sonstwo Verwendung finden würde. Aber darum ging es auch gar nicht. Heute, das wusste Nele, würde sie zum ersten und wahrscheinlich einzigen Mal den wahren Thomas Sadowski kennen lernen, und was er zu sagen hatte, wollte sie
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